Wie ist die richtige Schreibweise? Isan, 2. Isaan, 3. Issan, 4. Issaan
Wie jetzt?
Die Bewohner des Nordostens von Thailand nennen ihre Region selbst
อีสาน ?i: sa:n? Isan. Dieses Wort schrieb man früher so:
อิศาร ?ì¿ sa:n?. Im ursprünglichen Sanskrit soll es für Gott
Schiwa stehen.
Da Thais und Regeln, besonders Sprachregeln, aber nicht besonders gut zusammenpassen, blüht die Kreativität. Der Schriftsteller
Pira Sudham zum Beispiel, der in Neuseeland aufwuchs und Englisch im Original schreibt, nannte eines seiner Bücher
People of Esarn. Auch
Eesarn kann man lesen, denn "
ee" entspricht für Engländer unserem langen "
i" und "
-ar" unserem langen "
-a:". Letzteres zumindest, wenn es einer aus Boston, Massachusetts ausspricht.
Daran kann man sich aber nicht halten, denn es gibt für Thais schon immer kaum etwas spaßigeres, als Engländer (oder gar Amerikaner...) zu hören, die Thai lernen wollen. Damit will ich zwar nicht behaupten, daß Thais es schaffen würden, bei Deutschen normalerweise todernst zu bleiben, aber wer vom Deutschen kommt und konsequent Thai-Englische Wörterbücher
vermeidet, hat schon von der Sprachherkunft einen großen Vorteil beim Thai lernen.
Warum das so ist, kann man dem Vorwort zum
TIP-Bildwörterbuch entnehmen, das hier kostenlos steht:
http://forum.thailand-tip.com/index.php?topic=384.0 Offiziell würde bzw. sollte man also
Isan schreiben, aber
Isaan ist auch nicht ganz verkehrt, denn das doppelte
aa hindert mit etwas Glück zumindest den einen oder anderen Engländer daran, das Wort als "Eisähn" zu verkauderwelschen.
Bangkoker und Süd-Thais bezeichnen ihre Landsleute aus dem Nordosten übrigens sehr oft
nicht etwa als "Menschen aus dem Isan", was politisch-korrekt wäre, sondern sie verwenden das Wort
ลาว la:o.
Damit definiert man allgemein
nicht nur die Bewohner des Nachbarstaates
Laos, sondern ebenso die viel zahlreicheren ethnisch gleichen Thais im Norden und Nordosten des
eigenen Landes, die den gleichen Thai-Dialekt sprechen. Es ist eine Gegend, die für die in Thailand herrschende Klasse heute wie seit Jahrhunderten, bestenfalls
eine Art unterentwickelte Kolonie darstellt, Quelle für billige Arbeitskräfte und Rohstoffe. Wenn ein Bangkoker einen Landsmann als "Lao" bezeichnet,
kann das offen diskriminierend gemeint sein. In solchen Fällen fallen dann schon mal weitere abwertende Bezeichnungen wie etwa
kî: gài , was man dem Sinn nach (und relativ wohlwollend) in etwa mit einem aufgrund mangelnder Bildung rhetorisch vermuteten "Spatzenhirn" gleichsetzen könnte. Es ist ja kein Zufall, daß eine gewisse Herrscherschicht in diesem Land ihren ärmeren und weniger gebildeten Landsleuten am liebsten sogar das Wahlrecht absprechen würde.
Ähnlich trifft es die
Thais aus dem tiefen Süden, die eigentlich keine offizielle Bezeichnung haben, für die zumindest in Bangkok aber allgemein
ใต้ dtâ:i Tai (Süd) als Synonym herhalten muß, soweit man nicht sowieso
แขก kàe:g Kaek sagt, was im ursprünglichen Thai unter anderem
‹Gast› bedeutet und auch Synonym für ethnische
Inder,
Araber, und vor allem für ethnisch
malaiische Mohammedaner ist. Die stellten jahrhundertelang das Gros der Sklaven im alten Ayutthaya und in Bangkok, sozusagen als "Gäste" der winzigen Oberschicht (das ist was ganz anderes als etwa "Bürger" mit gewissen Rechten...), für die sie diejenigen Arbeiten verrichteten, zu denen sogar deren ebenfalls überwiegend versklavte Landsleute keine Lust hatten oder nicht in der Lage waren. Süd-Thais sind noch heute in Bangkok nicht überall hoch angesehen, und werden oft pauschal als laut und schmutzig verdächtigt.
Es erstaunt mich immer wieder, wie selbstverständlich auch gebildete Bangkoker ihre Landsleute, die
ปากใต้ bpà:g dtâ:i Pak Tai, also Süd-Dialekt sprechen, als
แขก kàe:g Kaek, also als "Gast" bezeichnen und erst beim zweiten oder dritten Nachfragen einräumen (oft bemerkenswert zögernd), daß es sich auch bei diesen Menschen – ja, ja, natürlich, doch! – um Bürger von Thailand handelt.
Daß
คนไทย kon tai,
Thais, im strengen Wortsinne eigentlich wiederum etwas anderes bedeutet als nur einfach "Bürger von Thailand", erklären wir ein andermal...
Die malayischen Arbeitssklaven, deren Nachkommen heute immer noch zum Beispiel entlang den Khlong Saen Saep in Bangkok leben (diesen und andere "Kriegskanäle" zur schnellen Truppenbewegung nach Westen mußten sie einst graben und dann unterhalten), wurden übrigens vielfach gar nicht aus dem Süden, sondern aus Kambodscha geraubt, wo sie zum Teil schon Jahrhunderte zuvor fest angesiedelte Arbeitssklaven waren.
คนใต้ kon dtâ:i und
แขก kàe:g klingt jedenfalls in Bangkok oft ebenso diskriminierend wie
ลาว la:o.
In manchen Kreisen Bangkoks ist es alles andere als ein Kompliment, wenn über einen Mann oder eine Frau getuschelt wird, daß der neue Freund oder Ehepartner wie
ลาว la:o oder
แขก kàe:g aussieht bzw.
ปากใต้ bpà:g dtâ:i spricht.