Der Landvermesser
F. Kafka
Das Schloss (1)
„K. trifft in einem verschneiten Dorf ein, um dort eine Anstellung und eine Wohnung zu suchen. Er übernachtet im Brückengasthof.
Gleich nachdem er eingeschlafen ist, weckt ihn der Sohn des Kastellans (2) aus dem nahe gelegenen Schloss, fragt nach seiner
Aufenthaltsgenehmigung und überprüft die Angabe, er sei der neue Landvermesser, durch ein Telefongespräch mit der
Schlossverwaltung. Am nächsten Tag überbringt der Bote Barnabas einen Brief des Kanzleivorstehers Klamm, der K.'s Anstellung
als Landvermesser bestätigt. Man teilt ihm die beiden Gehilfen Artur und Jeremias zu, die angeblich schon früher für ihn arbeiteten
– doch Gehilfen hat K. noch nie gehabt.
Die Beamten der Schlossverwaltung verkehren nicht beim Brückenhof-Wirt, sondern im Gasthof Herrenhof. Dort lernt K.
die Schenkkellnerin Frieda kennen, die sich dem Fremden in den Bierlachen hinter dem Tresen hingibt, obwohl sie Klamms Geliebte ist.
Danach beabsichtigen K. und Frieda zu heiraten. Man tuschelt, K. habe sich an Frieda nur herangemacht, weil er damit rechne,
aufgrund ihrer Fürsprache einmal mit Klamm sprechen zu dürfen.
Obwohl es für einen Landvermesser nichts zu tun gibt, lässt Klamm K. ausrichten, man sei mit seiner Arbeit sehr zufrieden.
Der Dorfvorsteher erklärt K., dass dessen Berufung auf einen Irrtum vor einigen Jahren zurückgehe. Notgedrungen nimmt K. die Stelle
eines Schuldieners an und zieht mit Frieda ins Schulgebäude. Die lästigen Gehilfen Artur und Jeremias versucht er zu verscheuchen...
Franz Kafka zielt nicht auf konkrete Institutionen. Josef K. durchschaut die Gesetze nicht, nach denen das Gericht über ihn urteilt;
K. versteht nicht, wie das Dorf vom Schloss aus regiert wird – aber sie richten sich beide nach der anonymen, unnahbaren Autorität,
der sie hilflos ausgeliefert sind.“
Kafkas Schloss brachte Verwirrung in meine geordnete Welt. Ich hatte grosse mühe mit dem Text. Dennoch denke ich, Kafkas Werke
wären eine ideale Vorbereitung für Hinterindien. Kaum wegen dem Klima, eher wegen der undurchsichtigen Verhältnisse.
Ich denke mit Schaudern an den dunkelblauen Einband zurück, der ganz links unten im Büchergestell stand mit weiterem erschreckendem Inhalt.
Dürrenmatts Bücher waren Reisser. Kaffka war nicht langweilig, aber bedrückend düster, kafkaesk. (3) Mittelalter, es roch trostlos,
ausweglos nach verbranntem Hexenfleisch.
Dick besitzt ein grosses Stück Land, etwa vierhundert Kilometer von hier. Das bringt ihr seit Jahren nichts als Kummer und Ärger.
Sie investierte etwa eine Million und pflanzte Gummi. Vor der ersten Ernte wurde das Ganze abgefackelt.
Wir besichtigten die Parzelle vor einigen Jahren, ob sich das Gelände für Rebbau eignen würde. Als wir Kellereien besichtigten und
die ganze Problematik von Personal, Technik und Vermarktung begriffen, verzichteten wir wohlweislich auf jegliche Investition.
Jedes Jahr wird erneut von verschiedenster Seite versucht, das Land zu stehlen und umzuschreiben.
Auch dieses Jahr musste Dick fluchtartig verreisen, um ihren Besitz zu retten. Sie erhielt eine gesalzene Rechnung für
die Neuvermessung und sie sah sofort, dass die Grössenangabe des Grundstücks nicht stimmte. Nach zähen Nachforschungen
unter Beihilfe eines befreundeten Staatsanwalts, ergab sich folgende Situation.
Der Landvermesser, verheiratetet, Kinder, mehrere Mia Noi in verschiedenen Ortschaften, logierte zwecks Vermessung einige Nächte
im Dorf und fand dort sofort eine feurige Geliebte, die offensichtlich arm wie eine Kirchenmaus war. Das ist in dieser Region der
übliche Standard, bloss dass es weit und breit keine Kirchen gibt. Dieser Staatsdiener und Landvermesser hatte offenbar Zugang
zu offiziellen Siegeln, Dokumenten und verschrieb Dicks Land sofort an acht verschiedene Familienmitglieder seiner neuesten Eroberung.
Von den wollüstig erregenden und stimulierenden Fähigkeiten solch einer ausserordentlich begabten Virtuosin vaginaler Sonderleistungen
kannst du nur träumen. Oder war der Mann bloss ein einfältig unerfahrener, hinterindischer Liebeskasper, der bis dato an vorzeitiger Ejakulation litt?
Für mich ist alles Unverständlich. Ein Grundstücksamt ist doch ursprünglich eine vereidigte Amtsstelle und kein Selbstbedienungsladen.
Offenbar nicht in Korruptanien. Auf alle Fälle gab es ein paar Trittbrettfahrer, die sich für genügend Tea Money jeder Partei erkenntlich zeigen wollten.
Einige nach Besitz strebende Mitglieder buckliger Verwandtschaft warteten ebenfalls auf ein grosses Stück des Kuchens und hielten
sogar vor Morddrohungen mit bezahlten Killern nicht zurück. Ein freundlicher, schlecht bezahlter Profi rief an und erklärte, dass er für 10 000 THB
keine Kugel riskieren würden. Er dachten sich, vielleicht würde ich ein Mehrfaches für die Eliminierung der Auftraggeber bezahlen.
Dick entschied sich, das Land, bloss 150 ha, einem armen, aber fleissigen, verheirateten Onkel mit drei Kindern zu schenken. Vielleicht überleben wir es.
Weitere Recherchen gibt es aus gesundheitlichen Gründen, wie akute Bleivergiftung, Schädelbruch und Verkehrsunfall, zur Zeit nicht.
In den nächsten Tagen empfiehlt sich es sich für uns, sogar im Grossraum Chiang Mai besondere Vorsicht walten zu lassen.
Lieber an einer Schweinegrippe sterben, als an angewandter Missgunst oder an einem angedrohten Gewaltverbrechen. Ich bereitete mich darauf vor,
wenig willkommene Besucher mit Cocktails willkommen zu heissen. Die müssen ja nicht unbedingt aus dem Hause Raffles in Singapore stammen. (4)
In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?
František Kafkas Schloss lässt Grüssen. (5)
(1)
http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Schloss(2)
http://www.google.com/search?hl=de&q=Kastellan&lr=&aq=f&oq=(3)
http://de.wikipedia.org/wiki/Kafkaesk(4)
http://en.wikipedia.org/wiki/Singapore_Sling(5)
Franz Kafka, * 3. Juli 1883 in Prag, damals Österreich-Ungarn; † 3. Juni 1924 in Kierling bei Klosterneuburg, Österreich
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Kafka