ARTE HD : Der Fang
Samstag 10.12.2011 22:40-00:10 Uhr
Kambodscha, 1972: In der Nähe eines kleinen Bauerndorfes, das zum Großteil nur noch aus Frauen, Kindern und Alten besteht, weil fast alle Männer in den Kampf gezogen sind, stürzt ein amerikanisches Kampfflugzeug ab. Der 15-jährige Pang, im Dorf "Bastard" genannt, weil sein Vater für den proamerikanischen Politiker Lon Nol kämpft und seine Mutter in Phnom Penh als Prostituierte arbeitet, entdeckt abseits des Wracks einen Fallschirm, der dem Piloten des Flugzeugs gehört haben muss. Pang, seine Freunde Siet und Ney und die anderen Jungs des Dorfes nehmen dessen Spur auf und können den afroamerikanischen Soldaten schließlich tatsächlich gefangen nehmen. Der Chef einer Gruppe der Roten Khmer, die regelmäßig das Dorf kontrollieren, überträgt den Kindern und allen voran Pang die Verantwortung über den "feindlichen Imperialisten". Mit der Zeit werden die groben Feindseligkeiten gegen den Gefangenen weniger. Während Siet und Ney sich dem Piloten allmählich annähern und eine fast schon freundschaftliche Beziehung zwischen ihnen entsteht, entwickelt sich Pang in eine vollkommen andere Richtung: Er, der im Dorf nie anerkannt wurde, fühlt sich endlich zugehörig, denn der Chef der Khmer-Gruppe verspricht ihm Anerkennung, wenn er nur vollkommen der Sache des Angkar, der höchsten Macht der Roten Khmer, diene. So verliert das Kind Pang nach und nach seine Unschuld und entwickelt sich zu einem despotischen Krieger, den die Indoktrination der Roten Khmer sogar so weit bringt, seine eigene Familie zu verraten, um "dem Kollektiv zu dienen". Währenddessen arbeitet der Gefangene im Geheimen an seiner Flucht aus den Händen seiner jungen Bewacher - eine Flucht in die absolute Ungewissheit.
Rithy Panhs Film "Der Fang" nach dem gleichnamigen Roman ("Shiiku", 1958) von Literaturnobelpreisträger Kenzaburô Ôe, macht auf zurückhaltende aber dafür umso eindrücklichere Art und Weise deutlich, wie das Rekrutierungssystem der Roten Khmer funktionierte, die ihre Anhänger schon bei den Kleinsten suchten und durch Manipulation und Zugehörigkeitsversprechen auch fanden. Der Meisterregisseur Nagisa Ôshima verfilmte schon 1961 unter dem Titel "Die Beute" das mit dem Akutagawa-Preis, einem der bedeutendsten japanischen Literaturpreise, ausgezeichnete Werk Ôes. Der Regisseur Rithy Panh ist 1964 in Phnom Penh, Kambodscha, geboren. Seine Familie wurde von den Roten Khmer aus ihrer Heimatstadt vertrieben und seine Eltern und viele seiner Verwandten starben in Arbeitslagern. Rithy konnte fliehen, erst nach Thailand und von dort aus nach Frankreich, wo er sich in Paris niederließ. Dort machte er einen Abschluss an der Filmhochschule und bekam für seinen ersten Dokumentarfilm "Site 2" ("Das Land der anderen") auf dem Filmfestival von Amiens den Grand Prix de Documentaire. Zu fast allen seinen Filmen verfasste er auch das Drehbuch, so auch zu "Das Reisfeld" und "Im fernen Osten von Paris". 2003 schuf er seinen wahrscheinlich bekanntesten Dokumentarfilm "S21 - Die Todesmaschine der Roten Khmer", der bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises mit dem Dokumentarfilmpreis Prix Arte ausgezeichnet wurde. Sein Werk "Le papier ne peut pas envelopper la braise" über eine Prostituierte in Phnom Penh wurde 2007 mit dem gleichen Preis gewürdigt.