1985 kauften wir einen Betrieb in Tulln,der 60 Km von unserem
Haus entfernt war und uns zum taeglichen Pendeln zwang.
Ausserdem,war uns durch die Kundenstruktur und Branchenbraeuche,
eine 2-stuendige Mittagspause auferlegt,die wir mit dem Einnehmen
des Mittagsmahls ueberbruecken mussten.
Gerne erinnere ich mich zurueck,an mein seitliches Spiegelbild und
den sich abzeichnenden 6-Pack,sowie an 74 Kg.Lebendgewicht.
Es war in den ersten Jaennertagen,es graupelte als wir keine Lust
hatten in die Stadt zu fahren um dort ein einem Gasthaus einzukehren,
sondern das kleine,etwas schaebig wirkende Gasthaus,welches nur ein
paar Schritte von unserer Firma entfernt war,betraten.
Wir nahmen an einem Tisch im Speisesaal Platz und sogleich stand
ein grimmiger Wirt bei uns,der grusslos bellte: zu Trinken ?
Waehrend er uns die Speisekarte ueberreichte,schnatterte er eine Reihe
von Speisen herunter,die nicht auf der Karte standen.
Wir waren vorsichtig und bestellten Gulasch und Schnitzel.
Ich probierte vom Gulasch,meine Frau vom Schnitzel und gleichzeitig
boten wir uns gegenseitig an,doch von der eigenen Speise zu kosten.
Von da an,waren wir ueber 2 Jahre jeden Tag dort.
Als es unmoeglich geworden war,ein weiteres Loch im Hosenguertel
zu setzen,kaufte ich einfach einen neuen.Meine Frau suchte ihre
Kleidung nicht mehr bei der Kleidergroesse 38,sondern griff zuerst bei
40,spaeter sogar bei 42 zu.
Das Essen dort war ein Traum.Alles,aber wirklich alles war von bester
Qualitaet,schmackhaft und rasch serviert.
Obwohl wir taeglich dort auftraten,quasi Stammgaeste waren,dauerte
es 1 1/2 Jahre bis der Wirt ein leichtes Zeichen des Wiedererkennens
von sich gab,indem er zwar nicht gruesste,aber ein "Ah" sich abrang.
Damit waren wir sozusagen in den Adelsstand erhoben,was allerdings
mit keinerlei Privilegien verbunden war.
Ein Schild am Eingang wies darauf hin,welche Sitten in dem Gasthaus
zu herrschen hatten.Zwar freute man sich ueber Gaeste,wies aber un-
missverstaendlich darauf hin,dass mit Gaesten nur Barzahler gemeint
sind.Und sie hatten puenktlich zu erscheinen.
Sommers war der Gastgarten bis 21 h zum Eintritt offen.Kam jemand,
um 21,01h ,und waere es der Bundespraesident gewesen,er waere schroff
abgewiesen worden.
Trotz der extrem unfreundlichen Behandlung,war die Gaststaette taeglich
ueberlaufen.
Massgeblich "Schuld" daran war seine Frau,die die Kueche beherrschte.
Eine dunkelhaarige,immer noch Schoenheit,die man nur sah,wenn man
der Schwemme Platz nahm und sie an der Kuechentuer stehend, ihre Zigarette
rauchte.
Mit der Zeit war es dem Patron nicht mehr moeglich,alle Gaeste selbst zu
bedienen und er suchte Servierpersonal.Das ging ueber Monate.Kellner
und Kellnerinnen kamen,blieben 1 oder 2 Tage,die harten Charaktere
sogar eine Woche,dann waren sie wieder weg.
Bevor sie sich aus der Sklavenschaft befreiten,erzaehlten sie uns,dass die
die Arbeit auf einem thailaendischen Fischkutter ein Wellnesstraum dagegen
sei.
Obwohl alle Kanditaten sich redlich bemuehten,freundlich,zuvorkommen
und flott zu sein,Herrn Sodoma konnte sie es nicht richtig machen.
Daher staunten wir nicht schlecht,als eine junge Kellnerin auch in der
zweiten Woche noch da war.
Auf unsere Frage,was ist los ?antwortete sie,dass sie sich nichts gefallen
liesse und Kontra gegeben haette.Er solle seine Arbeit machen und sie
macht ihre.
Angeblich ist sie heute noch dort beschaeftigt.
Die Arbeit Herrn Sodomas bestand u.a. darin,dass er kassierte.
Damals war es unueblich,dass ein Rechnungsbon dem Gast vorgelegt
wurde,wo der Verzehr fein saeuberlich aufgelistet ist.
Rief man :"Zahlen,bitte", kam Herr Sodoma und nannte den Betrag,aus
dem Kopf heraus,den man widerspruchlos zu akzeptieren hatte.
Einmal,kam uns der Betrag als zu hoch vor und wir wollten es genau
wissen.
Das war eine heikle Angelegenheit,denn zuerst mussten wir abwarten,
bis er in die Kueche gegangen war, um heimlich die Speisekarte an
uns zu nehmen,damit wir die Preise ablesen konnten.
Heimlich,schrieben wir die Preise ab und rechneten nach.
Es stimmte auf den Schilling genau.
Ich bin sicher,haette er uns dabei erwischt,wir waeren hochkant raus-
geflogen und mit Lokalverbot belegt worden.
Das Gasthaus Zur Sonne gibt es immer noch und es ist noch immer
ein Geheimtip.
Wenn ich wieder einmal in Oesterreich sein werde,der Besuch ist fest
eingeplant.
Auch einem Wanderer,der auf dem Weg nach Sparta ist,sei es empfohlen.
Jock