3.1.2010 Sonntags am SteintischSeit ueber 25 Jahren stelle ich mir nun die Frage wenn ich in Thailand bin, ob ich denn nun endlich angekommen waere. Die Antworten entlang der Zeitschiene sind wie so oft "same same but different."
Viel hat sich neben meiner Haut in den 25 Jahren veraendert. Heute klingt meine Lieblingsmucke (deren 5000) aus einem iPod mit Docking Station, damals war es ein Sony Walkman mit Dolby, Bassverstaerker und Reiselautsprechern und gerade mal 100 Songs auf mehrere Kasetten verteilt.
Don Muang war damals sehr busy. Heute treiben sich nur noch ein paar Leutchen am Domestic Terminal rum.
Bangkok hat inzwischen mehrere Skylines. Damals 1985 waren die Tempel die hoechsten Gebaeude, mal vom Dusit Thani Ecke Silom / Rama IV abgesehen.
Bangkok war derzeit ein unausstehlicher Moloch fuer mich. Meine beiden Haeuser in Patty meine Oasen der Unzucht. Das erste Haus kaufte ich mir, weil eine Kokosnusspalme im Garten stand. Ich wollte schon immer eine eigene Kokosnusspalme haben. Die Rentnerband und Frankfurter sowie Amsterdamer Rotlichtgroessen meine Nachbarschaft. Der obligatorische Steintisch schon im ersten Urlaub mein Ersatz fuer meine koelsche Stammkneipe.
In jedem Urlaub fragte ich mich an meinem Steintisch: "Bist du jetzt in Thailand angekommen?" Eine Palme hast du ja schon.
Da war mein schwuler schweizer Nachbar mit diesem ewig klaeffenden Dackel, und Henk der Totschlaeger und oberster Amsterdamer Zuhaelter, der sich hier verkroch, Werner, der Frankfurter Lude, der sich hier unsterblich verliebte, alles verlor und mit seinem Motorrad feiwillig gegen eine Mauer fuhr, weil er die naechste Tankfuellung nicht mehr bezahlen konnte.
Nach seinem stilgerechten Freitod fragte ich mich wieder einmal: "Bin ich jetzt angekommen?"
Dann meine langjaehrige Lebensabschnittspartnerin, die ich irgendwann mal heiratete, weil sie sich sooo nett um meine Haeuser kuemmerte. War ich angekommen? Jetzt hatte ich eine Palme und eine thailaendische Frau.
Spaeter ein Wintersturm und die Angst meiner damaligen Frau, dass die Palme aufs Dach krachen koennte, die Saeger am naechsten Tag und eine kahle Stelle, wo mal eine Palme stand.
Ein paar Jahre spaeter die Scheidung. Kurz und schmerzlos in Naklua. Unterschrift und herzlichen Glueckwunsch. Punkt. War ich jetzt in Thailand angekommen? Keine Palme mehr, keine Ehefrau, aber immer noch zwei Haeuser, die sich leider nie wegen Ueberangebot ein-cashen liessen.
Was solls. Das war damals. Heute ist heute. Mai pen lai. Bin ich jetzt in Thailand angekommen?
Bangkok hat nun eine Skyline und eine Skytrain. Die Stadt wird mir immer vertrauter. Meine neue Familie besteht aus ehemaligen Lamettatraegern, die umsonst auf dem Don Muang Flughafen Golf spielen. Das Haus, in dem ich wohne gehoert meiner Holden. Im Garten steht keine Kokosnusspalme, dafuer aber andere Palmensorten und sonstige Obst- und Bluetenbaeume.
Heute haben wir Haus-Tambun gefeiert. Wie immer kam der Abt vom Don Muang Airport-Wat und Freund der Familie mit acht seiner Moenche. Zum zichsten Male weigerte er sich, mit mir zu sprechen. Zum zichsten Male sagte er mir grinsend: "put Thai". Das ist inzwischen unser persoenliches Ritual miteinander.
Wenn der wuesste, was ich mittlerweile von ihm und seiner Sangha halte. Bin ich jetzt in Thailand angekommen? Und der Steintisch im Garten? Wenn der sprechen koennte. Ein Sohnemann eines beruehmten Hauses ist an diesem selben das Hauptthema unter den Thais in meiner Umgebung. Eine meiner Nichten ist Stewardess bei Thai Air. Die anderen gehoeren zum militaerischen Fliegerclub. Mehr sei hier nicht verraten. Ein guter Steintisch schweigt.
Die Musik bleibt die gleiche. Das Bier auch. All die neuen Marken koennen mich nicht beeindrucken. Bin ich jetzt in Thailand angekommen?
Diese Frage werde ich mir noch am letzten Tag stellen.
Vielleicht hatte Paul Young schon 1985 waehrend meines allersersten Urlaubes die Antwort. Damals sang er neben seinem Ober-Hit: "Everytime you go away, you take a piece of me with you." einen anderen Song auf der gleichen LP/Kasette: "My home is where I lay my head"
Wenn ich zum letzten Mal meinen Kopf niederlege, bin ich dann angekommen?