@Burianer
Wirf mal Deinen Blick nach Japan. In diesem Lande altert die Bevölkerung am schnellsten und deshalb eignet es sich ausgezeichnet als Anschauungsunterricht für das, was auf Europa zukommt
In Japan gibt es seit 20 Jahren keine Zinsen mehr. Die Wirtschaft wächst zwar nicht mehr so richtig, aber die Immobilienpreise sind in den letzten 10 Jahren konstant geblieben und der Aktienmarkt ist nicht zusammengebrochen. Allerdings, die Verschuldung des Staates ist in diesen 20 Jahren um 160% gestiegen und der Außenwert des Yen sank.
Das Land ist immer noch reich und die Bevölkerung nicht verelendet. Eine Inflation weder der Verbraucherpreise noch der Vermögenswerte ist nicht zu erkennen. Eher aber die Gefahr einer Deflation.
In Japan basiert die Altersversorgung vor allem auf Kapitaldeckung; die staatliche Rente ist niedrig. Da bedeutet eine Zinssenkung, dass die Verbraucher umso mehr sparen, um den für das Alter geplanten Lebensstandard dennoch zu erreichen. Und wenn die Verbraucher nicht kaufen wollen (und wie in Japan schnell weniger werden, Zuwanderung ist in Japan nicht vorgesehen), lohnt es sich trotz der niedrigen Zinsen für die Firmen nicht, zu investieren.
Die fehlende Nachfrage kann nur durch den Staat, sprich deficit spending, und den Export, gefördert durch die Abwertung der eigenen Währung, ersetzt werden.
Finanziert wurde Japans fehlende Nachfrage durch die Notenpresse. Inzwischen ist die Bilanzsumme der BOJ auf über 100% der jährlichen Wirtschaftleistung gestiegen. Besser kann das nur noch die Nationalbank der Schweiz. Deren Bilanzsumme beträgt rd. 117% der Wirtschaftsleistung. Die der EZB liegt bei 42%.
Ganz so schlimm kann das ja wohl nicht sein sonst würde sich ja z.B. hier der eine oder andere Schweizer auch mal dazu und den Negativzinsen der SNB äußern.
In Europa haben wir eine ähnliche Situation, die Bevölkerung altert und es fehlt an Binnennachfrage. Da ist es dann auch nur normal, wenn die Notenbank alles daran setzt, den Sparern das Sparen zu verleiden. Auch wird die Notenbank versuchen, den Außenwert der eigenen Währung zu senken, um über Exporte die Konjunktur zu stärken.
Selbst Herr Trump hätte gern, die FED verführe genauso.
Zu dem Problem fehlender Nachfrage kommt ein weiteres hinzu.
Seit über drei Jahrzehnten lässt sich in den Industrienationen ein deutlicher Rückgang des Zinses beobachten. Die Alterung der Gesellschaften trägt vor allem zum Zinsrückgang bei. Und daran dürfte sich wenig ändern:
Die rückläufige Geburtenrate hat zur Folge, dass in der Wirtschaft Kapital im Vergleich zu Arbeit reichlicher wird. Dieser Effekt drückt den Zins.
Die längere Lebenserwartung geht (derzeit noch) mit einem längeren Ruhestand einher. Menschen, die während ihres Berufslebens für das Alter sparen wollen, werden in Erwartung eines längeren Ruhestands ihre Ersparnis erhöhen. Dieser Effekt drückt den Zins.
Wer sich hier etwas eingehender informieren möchte:
https://blogs.faz.net/fazit/2017/05/12/die-demografie-senkt-den-zins-8719/
Frau Wagenknecht (Die Linke) sowie die Herren Sewing (Deutsche Bank) und Kern (TIP Forum) sehen das grundsätzlich anders. Andere wiederum eher differenziert. An ungeraden Wochentagen beklagen sie zerstörerische Wirkung des Zinses und an geraden die Enteignung der Sparer weil die keine Zinsen erhalten.