Es ist noch gar nicht lange her, da haben sie in Thailand einen Premierminister wegen Korruption gefeuert. Die Suche nach Beweisen war mühsam. Die Motivation der Ankläger und Richter, tatsächlich einmal etwas zu finden, war allerdings erstaunlicherweise äußerst hoch. Es gab wirklich ein Urteil. Schwarz auf Weiß geschrieben und nachweisbar kam heraus, daß der Mann — was für ein Verbrechen! — eine Aufwandsentschädigung für einen Kochkurs im Fernsehen bekommen hatte. Was für eine Schande! Das Bild Thailands vor der Welt war auf das Äußerste beschädigt, der mit großer Mehrheit des Volkes gewählte Mann, der 1976 und 1992 zweimal folgenfrei für Massaker an der eigenen Bevölkerung mitverantwortlich war, wurde mit Schimpf und Schande von seinem Amt zurückgetreten..
In den guten alten Zeit gab es in Thailand eine ganz andere Gesinnungskameradschaft. Gegen dummerweise mal intern aufgefallene Sünder unterließ man selbstverständlich ernsthafte Ermittlungen. Öffentlich klar sichtbare Folgen erkannter Korruption gab es ebenfalls keine. Das war auch gut so, denn das Bild Thailands als saubere Nation blieb auf diese Weise ja glücklicherweise unbeschmutzt, nicht wahr?
Bei der „großen“ und bei der „kleinen“ Korruption geht es in Thailand unter dem Strich in etwa um vergleichbare Summen. Und die eine erwächst oft aus der andern.
Gegenüber der Korruption steht die Mehrheit des thailändischen Volkes, wie sich bei vielen demokratischen Wahlen immer wieder gezeigt hat, gleichgültig bis verständnisvoll gegenüber. Korruption ist für viele Thais wie das Essen: Alle müssen essen.
Ein paar Beispiele:
Bei Polizeikontrollen geht es oft nicht ganz vorschriftsmäßig zu, wenn etwa nicht die vorgeschriebenen Dienstränge und Zahl der Polizisten anwesend sind. Oder vielleicht sogar dabei sind, aber wegschauen, wenn mal ein Geldschein zufällig ganz in der Nähe des Führerscheins liegt und versehentlich beim Polizisten bleibt.
Wenn eine neue Luxusbehausung am Strand oder in einem Nationalpark gebaut wird, weiß eigentlich jeder in Thailand, daß das verboten ist. Die Folgen ...?
Wertvolle öffentliche Räume, sogenannter „prime space“ einschließlich öffentlicher Strände und Bürgersteige, werden gesetzeswidrig für sehr einträgliche Privatgeschäfte, etwa mit Mietfahrzeugen, Kleidung und Strandrestaurants zugunsten schamloser Selbstbereicherung zweckentfremdet.
Für eine amtliche oder private Meldung fehlt die Zivilcourage. Wenn sich doch einmal jemand dagegen wehrt, sind die Nutznießer dieser Korruption allerdings derart selbstbewußt, daß sie schon mal ohne lange zu fackeln einen Ausländer krankenhausreif schlagen, wenn der zum Beispiel, wie jüngst in Phuket, die Frechheit besitzt, seinen Wagen dort abzustellen, wo dummerweise ein paar lokale Mafiosi ein Stück öffentliche Straße zu ihrem Eigentum erklärt haben. Stichwort Tuktuk-Fahrer.
Vielleicht war man ja zuvor bei einem lokalen Oberhäuptling vorstellig geworden und hat bei seinem Besuch ein paar Scheine liegenlassen. Wie auch immer: Jeder Insider bekommt irgendwie seinen Anteil bei solchen Dingen, und alle diese Leute sind entsprechend zufrieden mit dem Zustand so wie er ist!
Diese Leute haben die meiste Angst davor, daß es irgendwann keine Korruption mehr gibt. Darum gibt es kaum Beschwerden... Diese Art der Solaridät ist schwer zu durchbrechen; die obige kurze Liste ließe sich im Übrigen fast unendlich erweitern. Jeder Leser, der länger in Thailand lebt, kennt solche Fälle.
Aber wir Langnasen, wir beliebten Devisenbringer, müssen uns meistens hüten, mit unseren Fragen und vor allem unwillkommenen Antworten zum Thema Korruption zum Farang ru mak, zum Klugsch...-Farang zu werden, wenn wir weiterhin das schöne, saubere Thailand genießen wollen.
Der einfache Bürger in diesem ansonsten wunderbaren Land, so scheint es mir machmal, fragt sich höchstens: Wo bitteschön sollte man eigentlich in Thailand anfangen mit der Bekämpfung der kleinen und großen Korruption?