Warum muß es traurig sein, wenn einer selbst entscheidet, wann er geht? Ich habe Respekt davor.
Ich habe es zwar noch nicht zu Ende für mich durchgedacht, aber wenn man ein GUTES und erfülltes Leben hatte, und noch klar denken kann, sollte es relativ leicht fallen, selbst abzutreten. Am liebsten genau dann, wenn es im hohen Alter bei guter Gesundheit nicht mehr besser werden kann, sondern der Zenit überschritten ist. Wenn niemand mehr da ist, der einem etwas bedeutet, oder wenn man als Lehrer zum Beispiel keine Schüler mehr hat, auch nicht in der Familie.
Viel trauriger finde ich die, die nicht loslassen können, und sich ans Leben klammern, gerade dann, wenn sie eigentlich ein miserables Leben haben. Und noch schlimmer sind die dran, die gerne selbst abgetreten wären, aber den richtigen Moment verpaßt haben, und denen es dann oft richtig dreckig geht.
Ein früherer Kollege von mir hat Parkinson. Er hat mal, in noch guten Tagen, gesagt, daß es ihm gut geht, solange das Dopamin noch hilft. Solange hatte er auch weitergeschrieben und vielleicht sogar besser als in den Jahren, in denen er von beruflichen Pflichten eingeengt war.
Aber wenn die Medikamente nicht mehr wirkten, würde er versuchen, selbst abzutreten. Er hatte keine nahen Angehörigen: geschieden, keine Kinder. Er war ein beliebter Kollege, aber keinem so nahe, daß einer oder eine ihn aufgenommen hätte.
Er hat dann später wohl den richtigen Moment verpaßt und dann noch einen Schlaganfall und kann jetzt überhaupt nichts mehr entscheiden.
Wenn ich fromm wäre, würde ich darum beten, daß ich, WENN es mir je so geht wie ihm, vorher die Kurve kriegte. Eine Kugel im selbstgewähltem Moment an der richtigen Stelle angesetzt, scheint mit mindestens so gnädig zu sein wie ein Hospiz für Krebskranke oder Parkinson ohne Angehörige und nahe Freunde im letztem Stadium.
Traurig ist das dann sicher für die Umgebung, aber für den, der selbst entscheidet, wohl weniger.
Andererseits wünsche ich natürlich jedem, daß er im Alter jemanden hat, der sich um ihn kümmert; dann kommt man vielleicht gar nicht erst auf solche Gedanken...