Finanzsystem | 18.07.2016
Italiens Banken auf der Suche nach Barmherzigkeit
Die aufkeimende italienische Bankenkrise um den Wackelkandidat „Monte dei Paschi di Siena” kommt nicht unerwartet. Der Umgang mit ihr könnte jedoch für ein paar Überraschungen sorgen.
Die Anfangsjahre Europas ältester, noch aktiven Bank „Monte dei Paschi di Siena (MPS) vor knapp 600 Jahren begannen ähnlich turbulent und polarisierend, wie ihr gegenwärtiger Untergang verhindert werden soll.
Der Zins, das Geschäft und die Moral
„Geld kann kein Geld schaffen“ (Nummus nummum parere non potest), hieß die verbreitete Normative bis zum späten Mittelalter. Die u.a. an Aristoteles angelehnte Zinskritik wurde wiederholt im Jahre 346 a.D. in der „Lex Genuciae“ als Zinsverbot niedergeschrieben.
Spätestens seit dem Jahr 1580 wollte man dann doch nicht mehr nur zuschauen wie die Familien der Medici, Cosimo I. und andere handelsorientierte Dynastien florierten, gleichzeitig aber das eigene Geschäftsmodell mit den Armen, mehr schlecht als recht, vor sich hin darbte.
Über die Jahrhunderte entwickelte sich die MPS zur viertgrößten italienischen Bank mit globalem Aktionsradius.
Der Börsengang im Jahr 1999 war zehnfach überzeichnet. Der Wohlstand und die Wirtschaft der kompletten Provinz Siena und darüber hinaus weltweit 30.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt an dieser Bank.
Die Bruchlandung
In das Bewusstsein der breiten europäischen Öffentlichkeit fand die MPS spätestens wieder im Jahre 2013 mit David Rossis Sturz aus dem Bürofenster (hier). Statt das zu tun, was man vom Kommunikation-Chef der MPS per Definition erwarten würde, nämlich zu reden, entschied sich dieser für den Freitod, heißt es offiziell. Nicht schlecht gelaufen für die hinterbliebenen Seilschaften aus Finanzwesen und Politik.
Vorausgegangen waren diverse Dramen wie Aufkäufe von Pleitebanken im Bancopoli-Skandal (Banca Antonveneta über die spanische Banco Santander), sowie die üblichen Beihilfen mit dubiosen Derivaten aus dem Zauberkasten der Deutschen Bank und der Japanischen Nomura, um Löcher in der Bilanz der MPS zu verstecken.
Die Suche nach einer Lösung gestaltet sich zum Tanz auf dem Drahtseil:
Beugt sich Ministerpräsident Renzi dem neuen europäischen Diktat, dem Bail-in, so wird er mit den heimischen Mistgabeln abrechnen müssen. Vom Pizzabäcker bis zur Professoren-Familie; der überwiegende Teil der ansässigen Bevölkerung hält hauseigene Aktien, Anleihen, Derivate oder anderes „geduldiges Papier”. Nachranganleihen und CDO´s an „Hund und Katz” als Altersvorsorge zu verscherbeln gehörte zu einer der letzten Spezialitäten der Bank, ähnlich wie schon bei der Banca Etruria .
Als wäre das nicht genug Ärger, hatte Renzi im Januar 2016 noch vollmundig für die Bank geworben: „Das System ist solide, wer MPS-Aktien kauft, macht ein gutes Geschäft. Seither ist der Kurs um mehr als 60% eingebrochen.
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