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Autor Thema: Alles über den "Farang" oder auch: Wie die alten Franken nach Siam kamen  (Gelesen 38577 mal)

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hmh.

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Ifrangi – Farangi – Farang  ฝรั่ง fà¿ ràng oder auch: Wie die alten Franken nach Siam kamen

Das Wort, mit dem man in Thailand hellhäutige Europäer bezeichnet, hat eine lange Geschichte. Sie geht bis zu den Kreuzzügen der ‹fränkischen› Herrscher aus dem heutigen Nordfrankreich zurück.

Oft liest man, daß ‹Farang› vom thailändischen Wort für ‹Français› abgeleitet sei.

Das klingt zwar auf den ersten Blick einleuchtend, es hat auch etwas mit Frankreich zu tun, es stimmt aber nicht. Es wäre auch unlogisch, denn im alten Ayutthaya hatte man schon sehr lange vor den Franzosen zum Beispiel mit Holländern und Portugiesen regen Kontakt, die kleine eigene ‹Viertel› in der alten Hauptstadt bevölkerten.

Sprachgeschichtlich verhält es sich so: Araber und Osmanen schimpften die alten ‹Franken›, die das Morgenland als Kreuzzügler heimsuchten, Ifrangi. Das mutierte bei den Persern, die lange vor den Franzosen mit Ayutthaya handelten und schon vor Jahrhunderten in die hiesige Elite einheirateten, zu Farangi.

Die Perser brachten dieses Wort nach Siam, wo zum Beispiel die Garnison der Steuereintreiber im alten Bangkok bis zum 17.Jahrhundert aus Persern bestand, bevor sie unter König Narai – ausgerechnet – von Franzosen abgelöst wurde.

© Hans Michael Hensel, Bangkok von Innen, 7. Auflage Juli 2008 und © TIP Führer Bangkok 2008

« Letzte Änderung: 21. März 2009, 12:54:35 von hmh. »
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Die Perser brachten dieses Wort nach Siam, wo zum Beispiel die Garnison der Steuereintreiber im alten Bangkok bis zum 17.Jahrhundert aus Persern bestand, bevor sie – ausgerechnet – von Franzosen abgelöst wurde.

Das macht mich nachdenklich. Denn das bedeutet ja, dass in Bangkok, bevor es zur neuen Königsstadt nach dem Fall Ayutthayas wurde, doch schon so einiges los war und nicht nur ein paar Chinesische Langzöpfe dort rumturnten.

Zufällig bin ich im INet auf diese Karte gestossen.

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Bangkok

Sie ist von 1688, also rund 100 Jahre vor dem Königssitz Bangkok. Demnach befand sich dort auf der Höhe der heutigen Thammasat Universität ein gut ausgebautes Französisches Fort.

Du hast es ja auch mal in einem deiner Beiträge erwähnt, dass Bangkok vorher beileibe nicht nur eine kleine Chinesensiedlung war, wo man sich von wilden Pflaumen ernährte.

Kennst du Quellen, die Bangkok vor 1782 beschreiben?



Ediert: Toter Link ersetzt.
« Letzte Änderung: 01. Februar 2011, 17:50:01 von hmh. »
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Zitat
Demnach befand sich dort auf der Höhe der heutigen Thammasat Universität ein gut ausgebautes Französisches Fort.

Also ich übernehm das mal mit der Literatur:

Der Plan zeigt die Phra Sumen Festung und stammt as dem Buch Histoire de la Revolution de Siam arrivée en 1688 von Jean Vollant des Verquains.

Natürlich war es keine französische, sondern eine Thai-Festung! Die Thais heuerten schon immer gerne Ausländer für die unangenehmen Arbeiten an, wenn nicht genug von den Nachbarvölkern erbeutete Kriegs- und Arbeitssklaven zur Verfügung standen. Jahhundertelang saßen da erst Perser drin, dann Türken und zum Schluß halt noch kurz ne französische Garnison unter Claude de Forbin, der das Ding noch schön ausbauen durfte, bevor er knapp dem Schicksal des Griechen Konstantin Phaulkon entging und weder wie Phaulkon geköpft wurde, noch, wie einige andere Gefangenen, ihr eigenes, aus den Schenkeln geschnittenes Fleisch essen mußte, bis sie nach sieben Tagen oder so endlich sterben durften, sondern "nur" nach getaner Arbeit mit Schimpf und Schande davongejagt wurde.

Die unglücklich Frau des "Falken" Phaulkon, die sich zu ihm nach Bangkok in die oben abgebildete Festung geflüchtet hatte, mußte er aber noch vorher als Pfand rausrücken. So konnte die für ihre Schönheit bekannte Frau, eine Japanerin, dem für seine Blutrünstigkeit bekannten Söhnchen des Ursupators Petratcha zur täglichen sexuellen Verfügung zugeführt werden. Der gute "König" Petratcha ist selbstverständlich ein thailändischer Nationalheld, der das Volk vor den bösen Ausländern gerettet hat. Lernt ja jeder Thai in der Schule auswendig.

Die Geschichte steht u. a. hier:

Marcel Le Blanc, s. j.: History of Siam in 1688 (Translated and Edited by Michael Smithies), Silkworm, Chiangmai, 2003

The Siamese Memoirs of Count Claude de Forbin 1685-1688  (Introduction and Edited by Michael Smithies), Silkworm, Chiangmai, 1997

David K.Wyatt: Studies in Thai History, Silkworm, Chiangmai 1994 (Aufsatzsammlung, einige davon betreffen diese Zeit)

Karten von Bangkok aus dem 17. Jahrhundert gibt es zuhauf. HMH hat eine im Bangkok-Führer. Bangkok war schon im 16. Jahrhundert die zweitwichtigste Stadt in Th., bzw. jedenfalls die mit den höchsten Steuereinnahmen. Von wegen Gründung durch die Chakris usw. In den o. g. Büchern wimmelt es ebenfalls von alten Karten, aber alle in mieser Qualität. Gute kann man nur aus den Originalen abscannen, am besten per Fernleihe in der nächsten mittleren Bücherei, wo man jemand kennt, der einem das Buch mitnehmen läßt. In den UBs kriegt man sowas wertvolles meist nur im Lesesaal.

Sehr gut sind z. B. die Karten in den Oxford-in-Asia-Nachdrucken der Bücher von Simon de La Loubère (1691) und Crawfurd (1828), die jederzeit übers internationale Antiquariat zu beziehen sind (man muß weltweit suchen, in D selten), wenn auch nicht gerade billig. Loubère und Crawfurd sind aber jede Anstrengung wert, die zu bekommen. Schon die ersten 10 Seiten von Loubère werfen jedes "offizielle" Thailand-. Bangkok-, und Ayutthaya-Bild gleich mal gründlich über den Haufen.

Weniger objektiv (eigentlich ein Propaganda-Buch, das nach dem Besuch von Chulalongkorn in Deutschland und Österreich 1897 entstand; der Autor rühmte sich seiner besten Kontakte "zum Hofe"), aber hübsch gemacht, mit vielen Anekdoten und mit erstaunlich vielen Photos ausgestattet ist auch Heese-Wartegg: Siam von 1899. Unbedingt das Original (ab etwa 100 Euro) besorgen, nicht den grauenhaften Billig-Nachdruck Made in Thailand von "White Lotus".



Ediert: Fehler bereinigt und einige folgende Beiträge, die nichts mit dem Thema zu tun hatten, gelöscht.
« Letzte Änderung: 01. Februar 2011, 17:51:08 von hmh. »
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apropos Perser in Thailand.

Kann es sein, dass der neue Aussenminister Tej Bunnag ein Nachfahre dieser berühmten Thailändischen Familie ist, deren Persischer Gründungsvater im 17. Jahrhundert nach Ayutthaya kam?

Wäre ja eine interessante historische Anekdote. Denn der erste Bunnag war Aussenminister (Phrakhlang) unter König Songtham (1610 - 1628).

Phrakhlang = Aussenminister und/oder Finanzminister
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Klar ist er das. Es gibt in Thailand nur eine Familie Bunnag - DIE Familie Bunnag.

Die haben schon immer alle anderen an Patriotismus und Königstreue nochmal extra überboten, um hier was zu werden - und zu bleiben.
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Danke. Ich suche noch nach einer Biografie, in der das erwähnt ist...
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Ganz speziell zu Bunnag fällt mir jetzt nichts ein. Aber die hatten IMMER ihre Finger drin und haben das auch heute noch. Einfach die Geschichtsbücher zwischen den Zeilen lesen.

Vieles darüber hab ich auch erst in den letzten Monaten gelesen, seit ich mehr Zeit hab. Ein Verrat und Totschlag nach dem anderen, aber immer 150 Prozent patriotisch und als erste Diener des Königshauses.
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hmh.

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Der Farang: eine nicht ganz wissenschaftliche, aber wahre Beschreibung
« Antwort #7 am: 06. Dezember 2008, 13:59:46 »

Weil die Unterarten der Spezies ‹Farang› auch hier im Forum nicht immer im richtigen Zusammenhang auftauchen, hier das entsprechende Kapitel aus dem TIP-Führer Bangkok. Dieser Beitrag soll unterhalten, also legen Sie bitte nicht jedes der folgenden Worte auf die Goldwaage. Es werden vor allem die eher negativen Bezeichnungen behandelt, weil sie oft falsch benutzt werden.

Selbstverständlich gibt es aber auch viele positive Wortverbindungen mit ‹Farang›.
Zum Beispiel ดี di: (= gut), ใจดี dschai di: (dschai = Herz).
หล่อ lÒ: (mit langem offenen ‹Ò› bei tiefem Ton) bedeutet ‹gutaussehend, wenn es sich um einen Mann handelt und westliche Frauen gelten allgemein als สวย suai? (=schön, wiederkehrender bzw. ‹fragender›, ‹steigender› Ton), solange sie sich nicht dummerweise in die Sonne legen und sich ihre wunderbar weiße Haut für immer ruinieren...
(Diese völlig verrückte Handlungsweise von uns Farangs wird kein vernünftiger Thai jemals verstehen.)

Außerdem wissen Thais ganz allgemein einige der Europäern zugeschriebenen Eigenschaften durchaus zu schätzen. Hören Sie sich selbst um: So gilt es unter Thais als ausgemacht, daß nicht wenige ‹Farangs› ganz allgemein in gewissen Situationen, anders als manche Thais, grundsätzlich ehrlich und völlig unbestechlich sein sollen und tatsächlich fast immer die Wahrheit sagen, etwa als Zeugen vor der Polizei bei einem Verkehrsunfall.

Es ist keineswegs nur der allgemeinen Neigung der Thais zum hemmungslosen Schmeicheln und Übertreiben zuzuschreiben, daß sie überwiegend helle Haut, klare Augen und helle Haare oft außerordentlich attraktiv finden. Und eine Frau, gerade wenn sie aus ärmeren Provinzen stammt, wird immer von vielen Landsleuten beneidet, wenn sie es geschafft hat, einen Farang an Land zu ziehen, besonders wenn der sich auch noch zu benehmen weiß und die Frau und ihre Familie öffentlich erkennbar mit Respekt, Verständnis und Zuneigung behandelt. Das ist bei den hier üblichen Dorf-Machos, die es aber auch in den Großstädten sehr reichlich gibt, ganz und gar nicht die Regel.
Vergessen Sie also bitte beim Lesen der folgenden Absätze nicht, daß jede Medaille zwei Seiten hat.

Eigentlich ist es aber sowieso ganz einfach, sich so zu benehmen, daß man keiner der folgenden ‹Farang›-Spezies zugeordnet wird. Wer sich über Thailand informiert (hilfreiche Bücher dazu gibt es beim TIP), wird meist ganz automatisch ‹Suphap› (สุภาพ sù¿ pâ:b) auftreten, also als einer, der die ‹höfliche Form› beherrscht. Und das alleine ist eine der höchsten Ehrenbezeichnungen ist, die man als Ausländer in diesem Lande verliehen bekommen kann.

Farang ฝรั่ง fà¿ ràng
In alter Schreibweise steht ฝาหรั่ง fa:? ràng schon im ältesten wissenschaftlichen thailändischen Wörterbuch von 1854 für ‹Europäer›; – im Unterschied zu (damals) ฝาหรั่งเศศ  fa:? ràng sè:d für Français, also Franzose. Heute schreibt man Farang so: ฝรั่ง fà¿ ràng und Franzose so: ฝรั่งเศส  fà¿ ràng sè:d. Die Aussprache fà¿- ist nach Thai-Regeln zwingend, weil die Konsonantenfolge ‹fr-› im Thailändischen nicht existiert; der Vokal ‹-a¿› folgt immer nach dem ‹führenden Konsonanten› F- in zweisilbigen (Fremd-)wörtern. (Das eigentliche Thai ist eine lupenreine Silbensprache. Mehr zu diesem Thema hier: http://forum.thailand-tip.com/index.php?topic=384.0 )

Farang hat in etwa die gleiche Bedeutung wie 鬼佬 [kwɐ̌ɪ lə̌ʊ] Gweilo für ‹geistergesichtige, kuhäugige, langnasige, untote ausländische Teufel› (ich übertreibe nur wenig) in Hongkong und Kanton. Beides sind keine Ehrennamen und natürlich rassistisch, aber bevor Sie sich beleidigt fühlen, bedenken Sie die vielen wenig ehrenhaften Bezeichnungen für Ausländer in Europa. Politisch-korrekt könnte man als Thai natürlich ชาวออสเตรีย cha:o ?Ò:d s(à¿) dtria (Österreicher), ชาวเยอรมัน cha:o jœ: rà¿ man (Deutscher), ชาวสวิส cha:o sà¿ wíd (Vertreter eines eigentümlichen Bergvolkes in den Zentralalpen), ชาวยุโรป cha:o jú¿ rò:b (Europäer) oder gar, ganz perfekt, คนต่างชาติ kon dtà:ng tschá:d (Ausländer allgemein) sagen, doch mit der politischen Korrektheit hat es die große Mehrheit der Asiaten nun mal überhaupt nicht.

Indes nehmen viele Bleichgesichter die Sache lässig: Sie haben Farang längst selbst für sich adoptiert, wodurch sie allen aus dieser Richtung noch abgeschossenen Giftpfeilen jede Wirkung genommen haben.  [Die o. a. Aussprache (ชาวสวิส cha:o sà¿ wíd usw.) sind auf Thai so korrekt; Thais mit häufigem Ausländerkontakt benutzen aber selbstverständlich oft auch unsere Aussprache.]

Unterarten der seltsamen Spezies ‹Farang›:

1.
Farang Khi Nok
ฝรั่งขี้นก  fà¿ ràng kî: nòg (kî: nòg = Vogelmist)
Straßenkinder amüsiserten sich hier schon immer köstlich dabei, vorübergehenden Europäern, mit einem freundlichen Lächeln, versteht sich, Farang Khi Nok nachzurufen. khi nokist das, was Vögel aus der Luft oder vom Baum gelegentlich fallen lassen. Es handelt sich um ein hier typisches Wortspiel nach der Doppelbedeutung des Wortes Farang, das auch für eine Guavenart (Psidium guajava) steht. Deren Samen wandern durch den Bauch von Vögeln und verbreiten sich mit deren Mist überall, und das völlig ohne Einladung und, wie wohl mancher Farang auch in Thailand, sogar dort, wo man diese Pflanze nun überhaupt nicht brauchen kann...

Thais sehen den Ausdruck als harmlos an, obwohl man darüber natürlich anderer Meinung sein kann, wenn man ihn nachgeplärrt bekommt. Natürlich ist etwas Gift darin, aber man kann sich damit trösten, daß Psidium guajava eine wichtige Pflanze ist, die in fast jeder zweiten Thai-Medizin vorkommt, ganz ähnlich, wie es seit tausend Jahren mit dem indoeuropäischen Einfluß auf die hiesige Kultur der Fall ist. Und bedenken Sie, daß man hier sogar die Speisen der Könige mit etwas ähnlichem, nämlich Mäusescheiße [-Pfefferschoten], príg kî: nu:?, Phrik khi nu würzt.

Problembegriff, wenn auch nur unter Deutschsprechenden, wurde Farang Khi Nok erst vor wenigen Jahren, als einige Mitglieder der deutschsprechenden Kolonie, die was halb ausgegorenes aufgeschnappt hatten, es plötzlich zur eigenen Abgrenzung gegenüber den eigenen Landsleuten verwendeten.
Das geht aber gar nicht, denn ฝรั่งขี้นก fà¿ ràng kî: nòg Farang Khi Nok kann jeder von uns sein. Leider schreibt aber fast die gesamte deutschsprechende Gemeinde in Thailand ständig falsch voneinander ab: fast immer, wenn man dieses Wort liest, ist in Wirklichkeit von Schmutzfinken die Rede.

2.
Farang Sokkaprok
ฝรั่งสกปรก (sòg gà¿ bpròg = schmutzig), Farang Khaosan, Farang Banglamphu, Farang Hippie, Farang Lo So (=Unterschichten-Farang)

Denn weniger harmlos ist es, sollte man Sie – vor allem in Bangkok – als Farang Banglamphu, Farang Hippie, Farang Sokgaprok, Farang Lo So (lo: so: ist das Gegenteil der hai so: – also der High Society) oder neuerdings (seit dem einfältigen Filmchen The Beach mit Milchgesicht Di Caprio) als Farang Khaosan bezeichnen – falls Sie das überhaupt je erfahren. Damit ist nämlich tatsächlich jene immer irgendwie schmutzig wirkende, oft tatsächlich ungepflegte und gelegentlich pennerähnliche Variante von Europäern gemeint, die sich gerne in den Billigst-Absteigen der Altstadt einnisten.

Die Welt ist eben unfair. Ich kenne Menschen mit tiefer Liebe und viel Verständnis zu Thailand, die gelegentlich auch mal gerne in der Trok Khaosan in Banglamphu sind. Doch irgendwie scheint dieser Ort in den Augen vieler Thais derart eindeutig belegt, daß es fast schon abfärbt, wenn man ihn nur in den Mund nimmt. Eine Familie aus unserer Soi hat einmal eigens einen Sonntagsausflug mit Kind und Kegel in die Khaosan gemacht, nur weil man mal mit eigenen Augen sehen wollte, ob es wirklich diese unglaublichen Mengen an filzhaarigen, glatzköpfigen, halbnackten, verschwitzten, unrasierten (gilt auch für Damen – nämlich unter den Achseln und an den Beinen...) und mit schmutzig wirkenden bunten Unterwäsche-Lumpen bekleidete Exoten mitten in der Weltstadt Bangkok gibt. Den Erzählungen zufolge erlebte man eine denkwürdige Schau. Auch die Kinder fanden die dortigen Banana-Milkshakes,wie man weiter hörte, ganz großartig und alle hatten riesig Sanuk beim Farang-Gucken.

Im Zusammenhang sei noch ขี้ไก่ kî: gài erwähnt. Das bedeutet wörtlich Hühnersch*** und wird vor allem in Bangkok gerne ganz allgemein und eigentlich im Grunde recht hochnäsig mit Personen verbunden, von deren vermuteten geistigen Fähigkeiten man nicht gerade beeindruckt ist. Insbesondere betrifft dies allerdings Landsleute aus der Provinz. In Bangkok kann man zum Beispiel öfter beim abendlichen Klatsch in den Sois der Wohnsiedlungen gesprächsweise hören, daß eine gewisse Person ja wohl nicht kî: gài sei. Das bedeutet, vorsichtig ausgedrückt, in etwa, daß sie kein Spatzenhirn hat bzw. nicht irgendwo nur vier Jahre in eine Dorfschule im abgeholzten Upcountry-Urwald gegangen ist – und inzwischen wohl auch das dort Gelernte längst wieder vergessen hat... Es ist sicher nicht die Regel, aber auch nicht ganz auszuschließen, daß gelegentlich auch mal von einem Farang Ki Gai die Rede sein kann, zumindest könnte ich mir das bei einigen ganz wenigen meiner Landsleute in diesem wunderbaren Land unter Umständen durchaus vorstellen.

3.
Farang Ru Mak
ฝรั่งรู้มาก fà¿ ràng rú: mâ:g (‹Klugscheißer-Farang›)
Nun aber zum schlimmsten Schimpfwort für unsereinen, das nicht wenige Ahnungslose auch noch als Lob einstecken: Wenn Sie ein fà¿ ràng rú: mâ:g sind, ein Klugscheißer-Farang, und Ihnen das in Bangkok einer sagt, dann sehen Sie zu, daß Sie sich auf der Stelle aus dem Staub machen, wo immer Sie gerade sind. Sie stehen kurz vor einer Tracht Prügel, wenn Sie weitere Kostproben Ihres vermeintlichen Wissens abgeben. Denn wenn dieses Wort zum Beispiel bei Ihrem Einkaufsbummel zwischen den Sois 3 und 11 in der Sukhumvit fällt (lesen Sie unter Einkaufen im TIP Führer Bangkok, wo man sein Geld nicht ausgeben sollte), dann bedeutet es für Thais etwa folgendes: ‹Nimm Dich vor diesem Mistkerl in acht, der kennt die Preise und das verdammte Plappermaul verdirbt Dir außerdem auch noch das Geschäft mit den anderen ahnungslosen Ausländern hier.›.

Mit einem fà¿ ràng rú: mâ:g (das sind Sie schon,wenn Sie nur mal einen Thai von etwas überzeugen wollen, von dem er bereits eine feste andere Meinung hat  – man lese dazu bei Günther Ruffert weiter) will in diesem Lande keiner was zu tun haben. Fà¿ ràng rú: mâ:g ist die niedrigste Stufe des Ausländerseins. Ein solches Tier ist in etwa so angesehen wie der Abfallhaufen unter dem Stelzenhaus, in dem die Schweine wühlen. Wenn es ein Thai schafft, einen fà¿ ràng rú: mâ:g gründlich auszunehmen, ganz egal, wie betrügerisch er dabei vorging, darf er sich aller Lebenserfahrung nach im Notfall sehr oft der Hilfe sämtlicher Zeugen, der Polizei und der Behörden sicher sein.
(Anmerkung:  รู้มาก rú: mâ:g [‹wissen viel›] alleinestehend kann selbstverständlich ein Kompliment sein.)

4.
Farang E-Ti-Em
ฝรั่งเอทีเอ็ม fà¿ ràng ?e: ti: ?em (‹Geldscheißer-Farang›)
Die einzige Sorte fà¿ ràng rú: mâ:g, die in Thailand eine gewisse Zeit überlebt, sind bestimmte Liebeskasper in den Dörfern ihrer eingeborenen Gattinnen im ehemaligen nordöstlichen Urwald. Sie tragen den Spielnamen ?e: ti: ?em (Thai-Abkürzung für Automatic Teller Machine) und werden als notwendiges Übel geduldet, bis ihr Geld weg ist oder sie unter Zurücklassung einer größeren Erbschaft gestorben sind. Happy End aus patriotischer Sicht ging dann so: Ausländer weg (spätestens nach ernsthafter ATM-Betriebsstörung), Vermögen da.

Ich bitte das aber nicht falsch zu verstehen, denn ganz grundsätzlich ist es in einem Land, deren Menschen weitgehend ohne gesetzliche, sichere Altersversorgung leben müssen, ganz selbstverständlich, daß die Jungen für die Alten sorgen. Eine Pflicht, sich dafür über kurz oder lang zu ruinieren, wie man es hier gar nicht so selten bei Ausländern erlebt, besteht aber nicht.

5.
Exkurs: Das Ausländer

Schon immer kommt im täglichen Sprachgebrauch der Thais eine relative Geringschätzung aller ‹Außenstehenden› zum Ausdruck. Wenn eine Gruppe Thais über einen nicht anwesenden Ausländer spricht, werden diese in aller Regel nicht etwa mit Namen oder auch nur als männliche oder weibliche Person erwähnt, keineswegs also als เขา kao? (‹er›), oder เธอ tœ: (‹sie›), sondern als มัน man (‹es›). Das gilt allerdings für alle Personen, also auch für alle Thais, die nicht zur eigenen Sippe oder (Interessens-)Gruppe gehören.

© Hans Michael Hensel, Bangkok von Innen, 7. Auflage Juli 2008 und © TIP Führer Bangkok 2008
« Letzte Änderung: 30. April 2016, 21:58:31 von hmh. »
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Ingo †

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Danke @hmh fuer den Nachhilfeuntericht in Sachen Spezies ‹Farang›.

Einiges kam mir ploetzlich so bekannt vor.

Gruesse von Ingo
« Letzte Änderung: 10. Dezember 2008, 05:38:39 von hmh. »
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khon_jaidee

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Re: Thailand-ABC, Thailändisch lernen (2): Farang
« Antwort #9 am: 06. Januar 2009, 06:48:48 »

Hallo hmh,

wie verhält es sich mit ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng cha¿ la:d ( cha¿ la:d = klug, scharfsinning, intelligent, clever...)?
Hört man dies, ist es dann als echte positive Bewertung gemeint oder fällt das auch eher in die Kategorie "Klugscheißer"?

Tom
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hmh.

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ฝรั่งฉลาด Ist "schlauer Farang" ein Kompliment?
« Antwort #10 am: 07. Januar 2009, 22:47:49 »

Das weiß ich nicht. Ich habe das so noch gar nicht gehört, obwohl es ein normaler Begriff sein könnte. Ich persönlich würde jedoch eher nicht auf sowas reagieren, da ich nicht der Herr Farang bin, sondern meine Bekannten schließlich meinen Namen kennen.
Wenn schon, dann will ich doch bitteschön der schlaue Hans sein, nicht der schlaue Farang...  8)

Im Prinzip kann man aber auch in Thailand alle Begriffe mit allen Eigenschaften verbinden, also auch

ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d Farang Chalat (alle Silben im tiefen Ton, ist ein "aspirierter" [ausgehauchter] Mitlaut)

Schlau und gerissen zu sein, das "elegante Durchschlängeln" ist bei Thais überwiegend hoch angesehen. Jedenfalls solange es sich nicht im Ergebnis gegen die eigene Sippschaft oder Interessensgruppe wendet.

Da mit "Farang" grundsätzlich ein "Außenstehender" bezeichnet ist und es sich bei dem Wort an sich nicht gerade um eine Liebkosung handelt (zumindest nicht aus unserer Sicht), würde ich eher nicht annehmen, daß "Farang" in Verbindung mit "schlau" und "gerissen" plötzlich zum Kompliment wird... Respekt in gewisser Weise vielleicht, aber man kann auch Respekt vor dem Gegner haben...

Ich bezweifle, daß es bei uns in Europa etwas sehr Positives wäre, wenn man etwa sagen würde "das ist aber mal ein schlauer Neger" oder sowas...



Nachtrag und Kommando (teilweise) zurück:

Soeben steht die holde Gattin neben mir, lächelt geheimnisvoll wie immer, und erinnert mich daran, daß 1. "Farang" im Prinzip und ganz grundsätzlich erst mal gar nichts Schlechtes sei. Außerdem wissen 2. die meisten Thais sowieso nicht, wo genau (zum Beispiel) Deutschland, Österreich, Holland oder die Schweiz liegen, geschweige denn, was da der Unterschied bei den Bewohnern sein soll. 3. ist es deshalb einfach nur praktisch, da einen immer zutreffenden Sammelbegriff bei der Hand zu haben, der kein Kopfweh bei der genauen Zuordnung macht. (OK, Lehrsatz 3 ist auf meinem Mist gewachsen...)

Konkret zu ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d meint sie, daß das ein ganz normaler Begriff sei, der sicher öfters fällt (– "Sieh mal an, warum hatte ich den dann noch nie gehört", fragte ich prompt zurück  >: – worauf sie zur Antwort geheimnisvoll lächelte, wie immer...).

Allerdings schränkt sie dann doch etwas ein: Man müsse eigentlich schon wissen, was der konkrete Anlaß für den ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d war, um sicher beurteilen zu können, wie das gemeint war. Am besten sei es außerdem, wenn man den betreffenden Farang dazu auch noch selbst sehen und, vor allem, hören könnte...

Mit Grüßen von der holden Gattin...  :)
« Letzte Änderung: 01. Februar 2011, 18:06:53 von hmh. »
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khon_jaidee

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Re: Thailand-ABC, Thailändisch lernen (2): Farang
« Antwort #11 am: 08. Januar 2009, 06:09:27 »

Nun ja, ich hörte diesen ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d vor vier Jahren das erste mal, als ich versuchte, meine ersten bescheidenen Lese- und Sprechkenntnisse der thailändischen Sprache als Tourist praktisch anzuwenden, die ich mir vorher im Selbststudium angeeignet hatte.
Damals waren mir weder die feinen Unterschiede der "verschiedenen" Farangs bekannt (ich hätte einen ฝรั่งรู้มาก fà¿ ràng rú: mâ:g damals durchaus als Kompliment angesehen! ;) ), noch habe ich mir darauf wirklich etwas eingebildet, da diese Kenntnisse äußerst rudimentär waren und ich (zugegebenermaßen) echt stolz darauf war, nach vier bis fünf Versuchen die Zielangaben an Bussen entziffern zu können.
Aber so, wie ich das jetzt verstehe, scheint es damals nicht sarkastisch oder gar böse gemeint zu sein. (Als Gegenteil zum ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d wurde mir damals übrigens der ฝรั่งบ้าๆ บอๆ genannt, ohne daß mich je jemand so bezeichnet hätte.)

Allerdings muß ich auch zugeben, daß ich seitdem den ฝรั่งฉลาด fà¿ ràng tschà¿ là:d auch nicht mehr gehört habe... ;D Fiel mir halt mal wieder ein, als ich hmh's Abhandlung sowohl im Bangkok-Führer als auch nun hier gelesen habe.

Danke für die Erklärungen.
Tom
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hmh.

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Re: Alles über den "Farang" oder auch: Wie die alten Franken nach Siam kamen
« Antwort #12 am: 22. Dezember 2009, 18:45:19 »

Kiniau same same Geizhals  :D :D :D



kinok  ist mindesten das doppelte,  absoluter Geizhals, oder lebt auf kosten der MIA.. :-X



Der Farang: eine nicht ganz wissenschaftliche, aber wahre Beschreibung ——>  http://forum.thailand-tip.com/index.php?topic=214.msg26706#msg26706
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gam

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Re: Alles über den "Farang" oder auch: Wie die alten Franken nach Siam kamen
« Antwort #13 am: 22. Dezember 2009, 18:57:46 »

"Kiniau" bedeutet klebrige Scheis...(Verstopfungen).
Thai sagen so etwas nicht zueinander. Ausser vielleicht aus Spass.
Minderwertige Bar-Sprache eben.
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hmh.

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Farang Kiniau ist das schlimmste Schimpfwort für uns überhaupt: "Er ist so geizig, daß er nicht mal die Sch*** abgibt." Sogar sie klebt an ihm.

Ein einprägsames Bild, finde ich.
Und ein guter Grund, wo immer es möglich ist, mit einer gewissen Großzügigkeit durchs Leben zu gehen; keineswegs nur in Thailand.
Wie schon öfter hier geschrieben: Man will ja nicht als Kanalratte oder als sechsbeiniger Hausfreund wiedergeboren werden, oder?



Hier wurde aufgeräumt, einiges verbessert, ein verschwundenes Bild wieder eingefügt und zwei themenfremde Beiträge entfernt.
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