Mein Geld geht wieder einmal zur Neige. Ich muss auf meine letzte Reserve zugreifen, meine Kreditkarte muss nun leiden. Bitter, bitter. Mein Problem: Die PIN liegt sicher verwahrt zu Hause. Daher benötige ich einen Geldwechsler, der mir nach Vorlage meines Passes Geld von meiner Kreditkarte auszahlt. Dies sollte aber kein Problem darstellen, da ich dies schon ab und zu mal so gemacht habe.
Wir fahren zum MBK. Ich steuere eine erste Geldstube an. Dort habe ich schon einmal Geld mit Kreditkarte und Pass bekommen. Das letzte Mal hat er aber abgewunken, und so auch heute. Also weiter zu einer Bankfiliale im MBK, in der es bisher immer geklappt hat. Der Herr hinter dem Schalter nickt und nimmt Karte und Pass in Empfang. Er zieht meine Karte durch das Lesegerät. Irgendein Ton ist zu hören, und er verspricht nichts Gutes. Das Gerät akzeptiert meine Karte nicht. Ups, was ist hier los? Ich habe gestern noch problemlos mit der Kreditkarte mein Hotelzimmer bezahlt. Ich bitte den Bankmitarbeiter, es nochmal zu probieren. Leider schlägt auch dieser Versuch fehl. Und nun? Ich habe nur noch Geld für einen guten Tag!
Eine leichte Panik erfasst mich. Wir verlassen das MBK. Draußen stehend überlege ich, was ich nun tun könnte. Mir fällt nur eine Lösung ein: Western Union. Schweren Herzens schreibe ich eine SMS an meine Schwester mit der Bitte, mir schnellstmöglich Geld zu schicken. Sie antwortet prompt, sie will es gleich in die Wege leiten. Das Problem bei dieser Sache: Es ist Samstag, in Deutschland sind alle Banken geschlossen. Und die Postfilialen mit Western Union Service sind auch nur noch zwei, drei Stunden offen. Wenn es aber heute nicht klappt, wird es eng. Denn Sonntags geht gar nichts.
Nun heißt es warten. Schmetterling und ich betreten erneut das MBK. Wir fahren hoch zu einem der Foodstalls und stärken uns ein wenig. So richtig schmecken will es mir aber nicht, ich bin zu nervös.
Nach dem Essen fahren wir wieder runter ins Erdgeschoss und setzen uns dort. Wir warten auf Nachricht von meiner Schwester. Eine Stunde später warten wir immer noch. Ich checke mein Smartphone und stelle fest, dass ich kein Netz habe! Ach du Schreck. Es kann sein, dass mein Internetpaket, welches ich zu Beginn meiner Reise gebucht habe, heute abgelaufen ist. Da kann ich noch lange auf Nachricht aus Deutschland warten. Schmetterling hat eine Idee: Sie verbindet ihr Smartphone mit meinem, sodass ich über ihr Gerät online bin. Es klappt, und tatsächlich, ich habe eine Mail aus der Heimat. Leider sagt sie nichts Gutes: Meine Schwester hat es mit Online-Banking versucht, aber es hat nicht geklappt. Sie ist nun auf dem Weg in die Stadt. Und die Schließzeit der Postfilialen rückt immer näher. Meine Nervosität bekommt einen weiteren Schub!
Ich checke den Kontostand meiner Kreditkarte. Sie ist, wie ich erwartet habe, noch gut gefüllt. Ich rätsele, was da eben schiefgegangen ist. Vielleicht war nur das Lesegerät defekt?
Mein Mobile summt. Die ersehnte Nachricht ist gekommen, das Geld liegt zur Abholung bereit. Schmetterling und ich suchen erneut eine Bankfiliale auf. Man reicht mir ein Abholungsformular von Western Union, den ich ausfülle. Die Dame hinter dem Schalter prüft die Angaben, dann schüttelt sie den Kopf! In meinem Pass steht auch mein zweiter Vorname. Der fehlt aber auf dem Sendedokument. Der Geldverschicker solle sich mit Western Union in Verbindung setzen und den zweiten Vornamen eintragen lassen! "Wie soll ich das denn machen?", frage ich mich. Ich kann meiner Schwester doch nicht noch solch einen zusätzlichen Aufwand zumuten. Zudem die Western Union Schalter in Deutschland inzwischen sicherlich fast alle geschlossen haben. Panik kommt in mir auf!
Wir suchen einen weiteren Bankschalter auf. Der Angestellte nimmt mein Formular in Empfang und checkt die Angaben. Zu meinem Entsetzen schüttelt auch er mit dem Kopf: In meinem Pass ist mein Nachname mit "oe" geschrieben. Die englische Schreibweise für "ö". Im Absendeformular steht hingegen einfach nur "o". Es gibt kein Geld.
Wir verlassen den Laden. Ich kann inzwischen kaum noch klar denken, bin ratlos. Wir starten einen letzten Versuch, betreten eine weitere Bank. Ich fülle wieder ein Empfangsformular aus und übergebe es dem Mitarbeiter des Gekdhauses. Er stellt mir ein paar Fragen bezüglich des Absenders. Dann will er den zweiten Vornamen meiner Schwester wissen! Auch du Sch..., den kann ich nicht nennen, keine Ahnung. Er steht schließlich nur in Ausweispapieren und wird nie verwendet. Ich frage, ob ich meine Schwester anrufen kann? Der freundliche Herr nickt. Nun gibt es aber zwei Probleme: Erstens muss ich sie erreichen, zweitens muss das Guthaben meiner SIM-Card ausreichend sein. Es können nur noch wenige Bärte drauf sein. Ich rufe an, sie nimmt ab. Problem eins hat sich gelöst. Mit bitte um schnelle Antwort frage ich meine Schwester nach ihrem zweiten Vornamen. Sie nennt ihn, hat auch geklappt. Ich schreibe den Namen auf einen Zettel, der Herr der Bärte akzeptiert ihn. Dann stutzt er nochmal. In meinem Pass steht "oe", im Absendeformular "o". "Oh nein!", denke ich nur! Ich erzähle etwas von deutscher und englischer Schreibweise. Der Bankmitarbeiter fragt, was denn nun die korrekte Schreibweise sei. Ich sage ihm, dass im Pass die englische Version verwendet wurde, meine Schwester als Deutsche die deutsche Schreibweise. Ich verweise zudem auf den Umlaut in der deutschen Schreibweise in meinem Pass. Der Herr überlegt kurz, dann gibt er sein ok. Er meint noch, dass deutsche Namen etwas verwirrend sind, dann kann ich die Knete in Empfang nehmen. Ich bedanke mich, anschließend verlasse ich mit leicht zitternden Knien den Schalterraum. Phu, das war hart! Die ganze Sache im MBK hat vier Stunden gedauert. Vier Stunden auf heißen Kohlen!
Es ist inzwischen Abendzeit. Wir rufen uns ein Taxi und fahren zu Rambuttri Road, der Parallelstraße der Khao San Road. Wir nehmen unser Dinner ein.
Nach der Mahlzeit wechseln wir rüber zur Khao San Road. Vor dem Wanderlust Pub nehmen wir Platz und verbringen dort den Abend. Ich komme langsam zur Ruhe.
Ein Inder oder Pakistani kommt am Wanderlust vorbei. Er reserviert ein paar Tische in der ersten Reihe. Ob jemand aktuell an den Tischen sitzt oder nicht, scheint ihm egal. Er verschwindet wieder. Eine gute Stunde später schlägt er mit seinen sieben, acht Leuten auf. Sie setzen sich an die inzwischen zusammengestellten Tische. Ein merkwürdiger Anblick, wie sie da die ganze Zeit bei jeweils nur einem Saft oder einem Wasser sitzen und die Leute beobachten. Nur einer von ihnen zeigt sich todesmutig und ordert ein kleines Corona. Sie wirken wie ein Fremdkörper in der mehr oder minder alkoholisierten Masse. Aber ihren Spaß scheinen sie auch zu haben!
Gegen Mitternacht verlassen wir die Partymeile. Ein denkwürdiger Tag geht seinem Ende entgegen.
- Fortsetzung folgt -