Nan, Lake Site ResortEs war schon spät in der Nacht und wir näherten uns unserem Ziel im geheuerten Minibus, inklusive Fahrer.
Wr befanden uns auf einer Tour von Bangkok, über Pitsanulok, Kamphaeng Phet, Sukhothai, Sri Satchanalai, quer durch den historischen Garten des alten Siams. Die Provinz Nan, im Norden Thailands, war eigentlich nur der Umkehrpunkt unserer Reise.
Mein Kopf war noch voll von all diesen Altertümern in diesen historischen Orten und ich freute mich schon auf das "Lake Site Resort", welches meiner Holden von einer Kollegin wärmstens empfohlen wurde. Bequem in einer modernen Hotel Lobby abhängen, an der Bar noch einen schnaseln und überhaupt, die mehrsternige Zivilisation mit anmutigen Bedienungen nach dieser langen Tour zwischen Ruinen geniessen.
Die Provinz Uttaradit, die auf dem Wege nach Nan liegt, passierten wir zum Teil noch bei Tageslicht und wir waren begeistert vom Überschwang der Natur. Auf der Höhenstrasse gibt es ein paar überwältigende Aussichtspunkte.
Es war Juli und der Wald stand in vollem Grün. Teak Bäume säumten die Landstrasse wie bei uns Kastanienbäume oder Platanen. Von Abholzung keine Spur mehr, denn hier wurde schon vor 20 Jahren wieder aufgeforstet. Hinter jeder Kurve zeigte der Wald ein neues Gesicht, jeder Hügel bot einen neuen Ausblick auf die bergige Natur. Selbst meine städtischen Thaibegleiter konnten sich nicht satt sehen. Fern von jeglicher Politik und Bromborium waren sie stolz auf ihr Land. Dem konnte ich ausnahmsweise folgen.
Unser Ziel, das "Lake Site Resort", liegt am Queen Sirikit Stausee, der aus dem Fluss Nan entstanden ist. Die Landstrasse wurde immer enger, bis sie schliesslich nur noch einspurig war. Es ging stetig bergauf und ab. Eigentlich mehr bergauf. Draussen regnete es in Strömen und es blitzte und krachte.
Die Stimmung unter meinen thailändischen Begleitern und Begleiterinnen wurde immer ehrfurchtsvoller, ja, man könnte sie sogar geisterbehaftet nennen, obwohl sie alle Grossstadt-Kinder sind, oder vielleicht auch gerade deswegen. So ein Wetter in der Wildnis ausserhalb ihres geschützten Heimes hatten sie noch nie erlebt.
Mein Hinweis auf mein schweizer Armee-Taschenmesser, welches uns aus allem Unbill erretten würde, falls alle Stricke reissen, besonders der Flaschenöffner neben dem Korkenzieher, lockerte die Stimmung wieder auf. Wir legten fatalistisch ein Musik-Video mit westlicher Pop Musik auf und als ich dann noch aus vollem Herzen mitsang, während draussen die Welt unterging, die Strasse sich in einen Bergbach verwandelte und es rummste, sodass die Erde bebte, die Blitze die Urwaldumgebung im Sekundentakt gespenstisch erleuchteten, ich mir vornahm, demnächst auch eine wasserdichte Taschenlampe inklusive Corned Beef zwecks Notverpflegung mitzunehmen, der Scheibenwischer trotz Schnellgang kaum noch freie Sicht schaffte, kam eine saumässig gute Stimmung auf. Die letzte Party vor dem Amagedon.
Schliesslich nahm der Regen ab und es klarte auf. Was vorher grau und wässerig war, wich der pechschwarzen aber sternenklaren Nacht. Irgendwann mal sahen wir Lichter tief unter uns auf einem dunklen See. Wir waren nicht mehr weit entfernt. Als wir die Fenster wieder öffnen konnten, ohne nass zu werden, drang Karaoke-Gesang und Froschgequake durch die Nacht zu uns hinauf.
Der Anblick bei der Ankunft war der Hammer. Das "Lake Site Resort" bestand aus primitiven Bretterbuden, die irgendwie auf dem See schwammen. Die jungen Leute, die uns empfingen, sahen nicht gerade vertrauenserweckend aus. Zwei "Seeräuber-Typen" in zum Teil ölverschmierten Klamotten, waren schon ziemlich abgefüllt und versuchten vergeblich, höflich zu grinsen. Es gelangen ihnen aber nur ein paar wenig vertrauenserweckende Fratzen. Oh Mann, wir waren in der tiefsten Provinz, Wind und Wetter ausgeliefert und dazu noch diesen Leuten.
Nicht gerade freudig, und gänzlich ohne „Wai“, sondern mehr als ob wir sie bei ihrer Party störten, zeigte uns schliesslich eines der Mädels unsere Zimmer in einem dieser Verschläge. Die waren absolut leer. Nichts drin. Ich wollte gerade meiner Holden so richtig einen abziehen, als sie nicht mehr an sich halten konnte. Sie konnte sich für 10 Minuten kaum beruhigen, kicherte unkontrolliert und behielt ein gewisses Grinsen, wenn sie mich ansah, nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte. Sie kennt halt ihren verwöhnten Bengel. Später sagte sie mir, dass mein Gesicht "a million bucks" wert war. So doof muss ich aus der Wäsche geschaut haben. Man ist ja sonst zu nichts nütze.
Na wenigsten wurden ein paar Matratzen hereingetragen, dazu ein paar Decken. Irgendwelche Viecher liessen sich zumindest nicht blicken. Aber deren Hinterhältigkeit ist ja hinreichend bekannt. Die lauern aus allen Ritzen und warten auf die Gelegenheit, in menschliche Löcher zu kriechen. Verdammtes Pack!
Hier ein Bild von unserem "Lake Site Resort" Zimmer.
Die Nacht war auch recht interessant. Zeitweilig prasselte der Regen mit Getöse auf das Wellblechdach. Aus dem sporadisch heimlichen Gekicher meiner Holden schloss ich, dass sie sich diebisch über meine eventuellen unschönen Gedankengänge amüsierte. Ich gebe dann gerne noch einen drauf, mecker, bis sich die Balken biegen und lasse mich dann gespielt davon überzeugen, dass mein wirklicher Name Hans Moser ist.
So schliefen wir frohen Mutes und mit albernen Gedanken ein, trotz aller vermeintlicher Unbill, die in Wirklichkeit keine war. Ich liebe solche Momente und Situationen. Eine fremde Schlafstätte im Trockenen und draussen klopft der Regen an, meine Holde kuschelt glucksend, weil sie froh ist, dass ich mal wieder aufgeregt bin, die Mücken haben ein Einsehen und bleiben trotz idealer Brutstätte draussen und verzichten zumindest auf ihr verdammt aufdringliches Stalinorgel-Surren. Es gibt halt Momente, wo man nicht gerne an Opas Kriegsgeschichten erinnert wird. Schlesien bleibt verloren. Was solls.
Der nächste Morgen bot ein Schauspiel für smog-geschädigte Großstädter....