Die Hochzeit
Eine Fotografie ist eine Momentaufnehme.Eine Momentaufnahme ist auch die alte Fotografie,
die die Hochzeitsgesellschaft zur Hochzeit meiner Cousine aus dem Jahr1949 zeigt.
So an die 30 Gestalten sind da abgebildet,darunter auch ich.Manche blicken ernst in die
Kamera,andere froehlich.
Besonders froehlich wirkte der Brautvater,der heilfroh war,seine Tochter unter die Haube ge-
bracht zu haben.
Die Hochzeitstafel war im oberen Stock des Gasthauses Fichtenbauer,wo man auf den
Tischen die selbstgebackenen Torten platzierte und das mitgebrachte Radio leise Musik
spielte.
Man musste die Torten selbst backen,denn der einzige Konditor des Ortes war noch in
russischer Kriegsgefangenschaft und daher weit weg.
Es war eine,der ueblichen,eher ruhigen Veranstaltung,wo nur der Braeutigam nervoes wurde,
als er bemerkte,dass sein Weib entfuehrt worden war.Nachdem man ihn ueberreden konnte,
sich nicht aus Gram aus den Fenster zu stuerzen,sondern sich auf die Socken zu machen
hat,um die Braut auszuloesen,endete der Tag sattgefressen und zufrieden.
Eine Momentaufnahme einer Hochzeitsgesellschaft ist auch das Gemaelde des Frans Francken
d.J. ,das er im Jahre um 1620 gemalt hat.
Und dabei ging es rund zu.
Zur Hochzeit des Lapithenkoenigs Peirithoos mit der schoenen Hippodameia,wurden auch die
Zentauren eingeladen.
Die Zentauren sind,wie jeder weiss,Geschoepfe,die einen Pferdekoerper mit einem Menschen-
koerper vereinen.Sie gelten und galten aus ungehobelt,frech und wurden als Wuestlinge be-
trachtet.
Es kam,wie es kommen musste.Durch den Genuss des ungewohnten Weines wurden sie hitzig
und begannen die anwesenden Frauen zu belaestigen,zu schaenden und zu vergewaltigen.
Im den nachfolgenden Tumulten wurde geschlagen,gemeuchelt und gedolcht.Das Blut floss in
Stroemen und keiner bekam ein Stueck von der Hochzeitstorte ab.
Frans Francken d.J. hat dies alles in seinem Gemaelde festgehalten,das Jahrzehnte,eher unbe-
achtet an der Wand als Staubfaenger hing.
Bei einer Veranstaltung der Sendereihe " Bares fuer Rares" wollte die Besitzerin das Werk los-
werden.
Der Experte geriet leicht aus der Fassung,als er erkannte,was fuer ein Prachtstueck er vor
sich hatte.
Auf die Frage des Moderators,wie viel Geld sich die Besitzerin erwarte,antwortete sie 12.000.
Der Experte schaetzte das Gemaelde zwischen 8.000 und 10.000 Euro ein.Im Ankaufsraum
erzielte die Dame 10.000 Euro und zog zufrieden ab.
Doch einige Fragen sind offen.
Hat sich der Experte geirrt ? Mussten die Ankauefer,die Kunsthaendler sind,wissen,dass Fans
Frankens - Werke Preise bis zu 7.000.000 Euro ereichen ?
Wenn dem so ist,wer haftet fuer den Schaden ? Gilt hierbei nicht auch die Regel,dass ein
Geschaeft rueckgaengig zu machen ist,wenn der Preis "unter dem halben Wert " liegt ?
Jock