Man koennte ein Buch darueber schreiben,wie sich Wien
staedtebaulich entwickelt hat.
Von der roemischen Legionaersanlage ueber die Residenz-
stadt zur europaeischen Vorzeigestadt,die Massstaebe im
sozialen Wohnungsbau setzte bis hin zum modernen Wien.
Jahrhundertelang war Wien als "Stadt" auf knapp 1 Km2 ein-
gepfercht,bis sich der Kaiser Franz Josef doch entschliessen
konnte,die Stadtmauern schleifen zu lassen und damit nicht
nur einen Bauboom ausloeste,sondern auch das Zusammen
wachsen der Stadt mit dem umliegenden " Doerfern" beguenstigte.
Wien sollte um 1900 vorbereitet werden,Lebensmittelpunkt
fuer 4 Millionen Einwohnern zu werden.
Das schaffte man zwar nicht,weil ungluecklicherweise die Monarchie
zusammenbrach,aber die Versorgung und Unterbringung von
etwas ueber 2 Millionen,fuehrte dazu,dass ein gemeindeeigenes
Wohnbauprogramm gestartet werden musste.
Das bekannteste Bauwerk war/ist der Karl-Marx-Hof und noch heute
eines der groessten "Wohnhaeuser" von Wien.
In der Architektur der damals entstandenen "Hoefe" kennzeichnet
sich die politischen Gespaltenheit ab.
Die Bauwerke wurden "burgenartig" angelegt um sie leichter ver-
teidigen zu koennen.Nicht etwa gegen Tuerken,sondern gegen die
Christlichsozialen,die dem Proletariat feindlich gegenueberstanden.
Der Zutritt zu den Wohnungen war nur hofseitig moeglich und in die
Hoefe kam man nur durch Torboegen,die leicht zu verrammeln waren.
Die Wohnungen zeichneten sich durch unglaublichen Luxus aus.
Wasser und Toilette alles in der eigenen Wohnung,dazu eine Wasch-
kueche im Souterrain und begruente Innenhoefe mit Sitzgelegenheiten.
Das stand ganz im Gegensatz zu den Wohnungen der (privaten) Haus-
besitzern,auch Bassenawohnungen genannt,mit Klo am Gang und mit
der Bassena ebendort.
Das gemeindeeigene Wohnbauprogramm wurde bis in die spaeten 70.
Jahre fortgesetzt und fand mit der Errichtung der Rennbahnsiedlung
einen fragwuerdigen Hoehepunkt.
Damals ganz weit draussen in Kagran,wo ein normaler Wiener nicht
einmal begraben sein wollte,entstand eine Wohnanlage mit 2.424 Wohn-
ungen und war ab den ersten Moment,wo sie bezogen wurde,ein so-
zialer Brennpunkt.
Drei Geschehnisse kennzeichnen dies.
Ein Mieter hielt sich in seiner Wohnung ein Pferd und in dieser Anlage
geschah ein Verkehrsunfall,der einzigartig in Oesterreich ist.
Im 3.Stock einer Stiege fuhr ein Mieter seinen Nachbarn mit einem
Moped nieder.Es ist der einzige Verkehrsunfall,der sich innerhalb eines
Gebaeude ereignete.
Auch das bekannteste Entfuehrungsopfer,Frau Natascha Kampusch
wohnte dort.
Der Aufbruch zum modernen Wien muss noch ein bisschen warten
und wenn man will,schreibe ich demnaechst darueber.
Jock