So a Sandler !
Will man in Wien jemanden abwerten,so tituliert man ihn als Sandler.
Die Sandler waren jene Arbeiter in den Ziegelfabriken rund um den Wienerberg,die man zu
nicht anderes gebrauchen konnte,als Sand in die Ziegelformen zu streuen,damit der Lehm
nicht kleben blieb.
Als Kaiser Franz- Joseph verfuegte,dass die Stadtmauer abgerissen wird,entstanden damit und
an den nicht mehr gebrauchten Glacien,Bauflaechen und sofort setzte ein Bauboom ein.
Jaehrlich benoetigte man fuer die Ringstrassenbauten,Palais etc. 330 Mio.Stueck Ziegel,die
fast alle aus den Ziegelfabriken rund um den Wienerberg kamen.
Wien war sowieso ein Magnet fuer Arbeitssuchende,aber der erhoehte Bedarf an Arbeitskraeften
in den Ziegelfabriken,loeste einen Ansturm von den noch aermeren Gegenden in Boehmen
und Maehren aus.400 Km Fussmarsch nahmen sie auf sich,um ein sklavenartiges Arbeitsleben
bei Herrn Drasche zu fristen.
Die Arbeitsbedingungen waren verheerend.18 stuendige Arbeitstage waren ueblich,egal,ob fuer
Kinder oder Frauen.
Untergebracht waren sie in Baracken,Maennlein und Weiblein gemischt,die ledigen Maenner
schliefen in stillgelegten Ziegeloefen.Geburten waren coram publico normal und die hygienischen
Zustaende,sorgten fuer allerlei ansteckende Krankheiten,die ofmals wegen fehlender medizin-
ischer Behandlung zum Tode fuehrten.
Als Schlimmstes empfunden wurde,dass der Lohn als "Truckerlohn" bezahlt wurde,das heisst,
es wurde fabrikseigenes Geld ausbezahlt,dass jedoch nur ein den fabrikseigenen Geschaeften
oder Kantinen akzeptiert wurde.
Es versteht sich von selbst,dass alle Waren dort um 30 % teurer waren,als in den normalen Ge-
schaeften der Umgebung.
Erst als sich der Arzt Victor Adler in das Werk einschlich und seine Erlebnisse veroeffentlichte,
wofuer er eine Geldstrafe erhielt,konnten die Behoerden nicht laenger beide Augen zudruecken,
und verboten nach und nach die Ausbeutung.
Der Besitzer der Ziegelfabriken,ein gewisser Heinrich Drasche wurde reich,erbaute sich gegen-
ueber der Staatsoper ein Palais,das im WK II.zerbombt wurde und als "Heinrichshof" wieder
nach dem Krieg neu erbaut wurde,allerdings in einem Stil,der sich unangenehm von den anderen
Prachtbauten abhebt.
1909 kaufte er die Herrschaft samt Burg Ebreichsdorf,wo die Familie heute noch den Wohnsitz hat.
Heinrich Drasche,hatte offensichtlich eine unansehliche Tochter,die er schwer unter die Haube
bringen konnte und ersuchte den Kaiser um Nobilitierung.
Sein Ansuchen begruendete er,dass er gerne seine Tochter standesgemaess verheiraten will,aber
ohne Adelstitel sind die Chancen gering.( Wie die Tochter wohl ausgesehen haben mag,wenn sie
trotz einer gewaltigen Mitgift "sitzen" blieb. ?)
Der Kaiser genehmigte die Nobilitierung und seither tragen die "Heinrichs" (Drasche)den Titel Ba-
ron und koennen ein "von" dem Namen hinzufuegen.
Nun ja,seit 1919 gilt das Adelsaufhebungsgesetz und die Kommunisten sind ueberhaupt fuer die
Gleichmacherei.
Als das Gruendungsmitglied der KPOE mit der Mitgliednummer 4 zu einen Kongress nach Moskau
fuhr,um sich in die Dogmen der Kommunisten zu vertiefen,sandte er einen Brief an den Herrn H.
Drasche.
Am Kuvert stand "Herr Heinrich Drasche,dann Adresse und Wohnort".Der Inhalt des Briefen be-
ginnt aber mit der Anrede " Hochwohlgeborener Herr Baron von Drasche-Wartinberg ".
Daran sieht man,dass auch die oesterreichischen "Kummerln" situationselastisch sind.
Jock