Ein mir bekannter Fall, der sich in den 1980ern zutrug:
Ein verheiratetes vietnamesiches Pärchen in Ostdeutschland war dummerweise gerade auf (gepantem) längerem Heimaturlaub, als die Mauer fiel. Danach durften sie nicht mehr zurück, weil das DDR-Visum nicht mehr galt und es auch kein neues gab. Keine Chance. Jedenfalls war das ihre (glaubhaft erzählte) Geschichte.
Zwei Jahre später oder so kamen sie bei Nacht und Nebel über Rußland und Polen über die Neiße und siedelten sich hier bei Frankfurt an, schwarz natürlich. Beide sprechen fließend Deutsch und arbeiteten zunächst als Bedienung in einem sehr gutgehenden Thai-(!)Restaurant, in dem ich oft mit Freunden und Kollegen war. Es kam zu einer lockeren Bekanntschaft.
Dann waren sie plötzlich weg, angeblich "freiwillig" ausgereist (oder auch nur untergetaucht, so genau war das nicht zu erfahren) nachdem die Gewerbeaufsicht oder jedenfalls eine Behörde sich mal für sie interessiert hatte und den Chef besucht hatte.
Ungefähr ein Jahr später waren sie wieder hier, und zwar jetzt plötzlich offiziell geduldet als Asylbewerber bzw. die Vorinstanz zu diesem Status. Ich habe damals, wie auch einige Bekannte und Kollegen den Prozeß vor dem Verwaltungsgericht durch zwei Instanzen verfolgt. Vor der letzten Instanz sah es noch so aus, als bestünde keine Chance mehr.
Der Mann kam dann auf unseren Freundeskreis zu und bat um Hilfe, was wir nach "Kriegsberatung" auch gemacht haben.
Kurz, einer stand als Zeuge für folgende Aussage zur Verfügung:
"Ich bin Mitglied der vietnamesischen Opposition. Ich habe regierungskritische Flugschriften in Deutschland verfaßt und mit unter voller Absenderangabe und richtigem Namen nach Vietnam versandt. Herr XXX, der als Zeuge zur Verfügung steht und hier in der Verhandlung anwesend ist, hat gesehen, wie ich ein solches Flugblatt mit erkennbar regierungsfeindlichem Inhalt in einem Umschlag gesteckt habe, ausreichend Briefmarken draufgeklebt habe und er war auch dabei, als ich den Brief in den Briefkasten geworfen hatte. Wenn ich nach Vietnam zurückgehe, drohen mir deshalb Umerziehung, Verhöre, Haft und unmenschliche Behandlung bis zur Folter."
(Der Mann ist natürlich in Wirklichkeit ebenso wie seine Frau völlig unpolitisch.)
Der erkennbar milde gestimmte Richter fragte damals übrigens noch in der Verhandlung: "Warum haben sie eigentlich den Herrn XXX zum Briefkasten mitgenommen und ihn auch so genau sehen lassen, was sie da abschicken?"
Die entwaffend ehrliche Antwort: "Ich mußte wegen der Gerichtsverhandlung einen Zeugen dabei haben!" Beeiden mußte die Aussagen zum Glück niemand, denn den Brief gab es natürlich auch nie.
Jedenfalls ist der Mann ebenso wie seine Frau immer noch in Deutschland. Beide arbeiten und haben, wie man hört, zwei gescheite Kinder, die in ihrer Klasse die jeweils besten Schüler sein sollen. Vor etwa zwei Jahren, als ich die Frau zuletzt mal zufällig in Eschersheim auf der Straße traf, hatten sie sich offenbar schon eine Wohnung in einer ganz normalen Stadtrandsiedlung erarbeitet.
Der Kontakt brach ansonsten nach der Gerichtsverhandlung fast vollständig ab, außer man sieht sich mal zufällig. Man hatte sich nach der Verhandlung noch nicht mal bei unserem Fast-"Stammtisch" bedankt. Typischer Asien-Kontakt eben: Ein Freund ist einer, der dir nützlich ist und (nur) solange er es ist.
Naja, immerhin sorgen die guten Leute aber für die relative Sicherheit der monatlichen BfA-Zugabe zu meinem Aus- und Einkommen.