@Günther
Du bist ja jemand der die damalige Zeit bewusst erlebt hat, zumindest zum Ende hin.
Deshalb wäre es etwas komisch, wenn ich als Hosenscheißer dir die damalige Situation erklären wollte.
Ich habe mal die Aussage eines CDU-Mitgliedes und ebenfalls Zeitzeugen des 3. Reichs gehört, anlässlich des Skandals bei der Trauerrede zur Beerdigung von Filbinger.
Er meinte sinngemäß:
„Die Menschen heute können die Situation damals nur schwer beurteilen, es gab nicht viele 100% Nazis, aber viele die an den Nazis einiges gut fanden und anderes nicht gut fanden.“
Hitler hat geschickt viele Bedürfnisse aufgegriffen und bedient.
Die nationale Frage, z.B. mit der Revision des Versailler Vertrages, oder der Rheinlandbesetzung ebenso wie die soziale Frage, z.B. mit Einführung bzw. Erhöhung von verschiedenen Sozialversicherungen, dem 1. Mai als Feiertag usw..
Mit diesen Argumenten hatte Hitler ja auch Wahlkampf geführt.
Somit waren die meisten seiner ehemaligen Wähler der Meinung sie würden für Stabilität, nationale Selbstbehauptung und soziale Sicherheit stimmen, sie dachten bei ihrer Wahlentscheidung nicht an Krieg und Massenmord.
Nach 1933 hatten die Deutschen dann auch keine Wahl mehr.
Jegliche Opposition wurde verboten oder gleichgeschaltet. Es bestand keine freie Presse mehr usw..
Es wird ja immer vergessen dass nicht nur Juden, sondern auch Tausende Deutsche ermordet wurden. Alleine schon während des Röhm Putsches ca. 200 Todesopfer, unter anderem der bedeutende Gegenspieler der Nationalsozialisten, Kurt von Schleicher, und während des Stauffenberg Putsches wieder ca. 200 Hingerichtete.
Die Weimarer Republik war schon ab 1930 keine wirkliche Demokratie mehr, seit sich das Parlament als handelsunfähig erwiesen hatte und das Land durch das Präsidialkabinett um Hindenburg durch Erlasse und Notverordnungen regiert wurde.
Franz von Papen und Hindenburg gingen 1933 noch davon aus sie könnten Hitler durch die Ernennung zum Reichskanzler einbinden und somit unschädlich machen.
Franz von Papen meinte zu Hitlers Wahl:
„In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht!“
Übrigens hat Hitler nie offiziell die Verfassung der Weimarer Republik außer Kraft gesetzt.
Er hat offiziell von Anfang bis Ende, von 1933 bis 1945, auf der rechtlichen Basis von Notverordnungen und des Ermächtigungsgesetzes regiert.
Um die Zustimmung Hindenburgs zum Ermächtigungsgesetz zu erhalten musste ihm Hitler mündlich versprechen ihm eine schriftliche Garantieerklärung nachzureichen, zur zeitlichen Begrenzung dieses Gesetzes.
Auf diese schriftliche Garantie wartet Deutschland heute noch.
Die Vorgänge damals waren spannend wie ein Krimi.
Es gab auch Gerüchte dass die Reichswehr putschen würde usw..
Deshalb sollte alles schnell gehen.
Leider steht die Weimarer Republik im historischen Bewusstsein heute völlig im Schatten des 3. Reiches.
Zu Unrecht meiner Meinung nach, denn die Geschichte der Weimarer Republik ist hochinteressant, dramatisch und aufschlussreich.
Mit ihren Machtspielen, Revolten, Putschversuchen, Straßenschlachten, bürgerkriegsähnlichen Zuständen und Separatismus.
Lebensreformbewegungen, neue Kleidermode, Bauhausarchitektur, Charleston, Morphium und Kokain in den Städten... .
Joachim Fest schreibt in seiner bekannten Hitler Biographie sinngemäß:
Hitler erlöste durch Charisma und Ästhetik die Deutschen von der schnöden Parteienpolitik, von der sie so angewidert waren.
So wie Richard Wagner Musik für unmusikalische Menschen komponierte, so machte Hitler Politik für unpolitische Menschen.
Ich kann jedem nur empfehlen die Hitler-Biographie von Fest zu lesen.
Und zusätzlich gleich noch „Die Weimarer Republik: Eine unvollendete Demokratie“ von Horst Möller.
Das Buch habe ich hier und kann es ebenfalls empfehlen.
Wer sich wirklich objektiv mit den damaligen Abläufen befasst muss erkennen dass sich Deutschland eben nicht Hitler einfach und ohne Gegenwehr in die Arme geworfen hat.
Wenn z.B. Friedrich Ebert nicht so früh und tragisch gestorben wäre, hätte die Geschichte vielleicht einen völlig anderen Verlauf genommen.
Aber das sind natürlich Spekulationen.
Ich denke aber dass wenn man diese deutsche Geschichte besser kennt auch einen besseren Blick auf die derzeitigen Geschehnisse in Thailand und anderen Ländern bekommt.
Mit der Einschränkung der Unterschiede in Mentalität und Kultur.
Zu diesem Zweck kann man aber auch schon die griechischen Philosophen studieren, wie Roy mit seinen griechischen Heldenepen, oder das Römische Reich mit seinen Machtkämpfen zwischen Senatoren, Tribunen und Cäsaren.
Genau das ist ja der Hauptzweck der Geschichte als Studienobjekt.
Das Problem der Demokratie ist bis heute dass die Masse eben vor allem auch aus vielen Dumpfbacken besteht, die sich durch Medien und Demagogen beeinflussen lassen.
So wie sich die Amis in den Irakkrieg führen ließen und Thais heute auf der Straße randalieren, in welcher T-Shirt Farbe auch immer.
Viele Farangs heute in Thailand sind ja ebenfalls Mitläufer und Profiteure des Systems. Die angepasste, tolerante, schweigende Mehrheit sozusagen.
Wer will da dem deutschen Normalbürger im 3. Reich Vorwürfe machen, wenn sich die Farangs im heutigen Thailand schon vollkacken aus Angst und Opportunismus.
Zitat Kurt von Schleicher:
„Ich bin nur siebzig Tage an der Regierung geblieben, und an jedem dieser siebzig Tage bin ich siebzigmal verraten worden. Man rede nicht mehr von der berühmten deutschen Treue.“
Zitat Erich Ludendorffs zu Paul von Hindenburg, nachdem dieser Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte:
«Ich prophezeie Ihnen feierlich, dass dieser unselige Mann unser Reich in den Abgrund stürzen und unserer Nation unfassbares Elend bringen wird. Kommende Geschlechter werden Sie wegen dieser Handlung in Ihrem Grabe verfluchen.»
Gruß
Ferdinand