Die Trauerfeier
Dick sagte mir eines Abends: „Morgen um elf Uhr kommen die Mönche ins Dorf. Wir gehen an die Trauerfeier.“
Ich erwiderte: „Wir kennen diese Leute nicht. Wieso denn?“
Vorsichtigerweise versuchte ich, uns möglichst aus allen undurchsichtigen Dorfgeschichten fern zu halten.
„Kundin von mir,“ meinte Dick und die Angelegenheit war besprochen.
In einem Haus, etwas kleiner als Dick´s Beauty Salon, lebten drei verwandte Familien, Brüder, Schwestern und ihre Ehegatten. Der Verstorbene war Alkoholiker, mindestens eine Flasche Schnaps pro Tag. Die anderen Männer waren Drogenkonsumenten.
Diese Leute kamen aus Phichit und Kamphaeng Phet und wohnten erst seit einigen Monaten im Dorf. Ich wusste nur, dass sie Geld verliehen - zu zwanzig Prozent im Monat, maximal 3000 Baht pro Schuldner, rückzahlbar in täglichen Raten. Bei Zahlungsrückständen griffen die Leute schamlos zu: Moped, TV, Kühlschrank etc. Sie beschäftigten Kuriere zum Geldeintreiben. Deshalb schrumpfte der Ertrag auf die Hälfte. Man konnte bei ihnen auch Geld anlegen, allerdings nur zu fünf Prozent.
Ein Zelt mit Tischen und Stühlen versperrte die Strasse. Grosse, fleckige und verbeulte Aluminium-Töpfe mit meist übel riechenden Lanna Spezialitäten kühlten langsam ab. Fliegen umschwärmten geschälte Früchte. Geschirr, auf Mauern gestapelt, wartete auf Esser. Hässliche alte Köchinnen, vielleicht ehemalige Bargirls, begutachteten die Besucher mit grimmigen Blicken.
Die Mönche chanteten im Haus.
Die meisten Gäste, schwer mit Gold beladene ältere Frauen, sassen mit gefalteten Händen unter dem Zeltdach, aber plauderten uneingeschränkt miteinander, während andere fleissig telefonierten. Hie und da fuhren junge Männer mit ihren Motorrädern stinkend und lärmend durch die Trauergemeinde, stellten den Töff irgendwo ab und gesellten sich dann zu den Gästen. Die meisten warteten eigentlich nur auf das Leichenmahl.
Aber die Mönche mahlten zuerst.
Ich vernahm, dass der Verstorbene bloss 22 Jahre alt war. Er hinterliess eine Frau von 21 Jahren und ein kleines Mädchen.
Die Familien stritten sich bereits um Motorrad, Auto, Kühlschrank und TV. Um die junge Witwe mit Kind kümmerte sich keiner.
Eines nachts klagte der junge Mann, ihm sei übel und er hätte Atembeschwerden. Er ging ins Spital, eine Privatklinik.
Ein Arzt untersuchte ihn kurz, gab ihm Paracetamol und schickte ihn nach Hause zurück. Zwei Tage später war er tot.
Wahrscheinlich wurde er vergiftet. Die junge Frau wollte nach dem plötzlichen Tod ihres Gatten die Polizei rufen und den Fall untersuchen lassen. Doch die Schwester des Verstorbenen hatte eine schnelle Kremation bereits in die Wege geleitet. Der Leichnam wurde sofort auf einen Pick-up verladen und nach Kamphaeng Phet gekarrt, ungefähr 350 km südlich, und dort sofort eingeäschert.
Die Trauerfeier, die fand jetzt statt.