Die Geschaefte an der Friedhofsmauer
In Traiskirchen, an der hinteren Friedhofsmauer steht auf einer kleinen Gruenflaeche ein
seit Monaten verlassener Kiosk.
Kein Mensch ist zwischen November und Ende August zu sehen und auf der vorbeifuehr-
enden Strasse bleibt kein Auto stehen,sondern faehrt im zuegigen Tempo daran vorbei.
An den letzten Tagen jedes Augusts,aendert sich alles und fuer 2 Monate kehrt Betrieb-
samkeit ein.
Der Kiost wird geoeffnet,gereinigt und eine einfache Sitzbank aufgestellt.
Die Wirtin hat leichte Sommerbekleidung an und klagt ueber die 28 Grad,die die letzten
Sommertage noch bringen.
Spaeter, Ende Oktober wird sie winterlich ausgeruestet und doch frierend,keinen Schritt
von der transportablen Gastherme weichend,den ersten Schneeflocken trotzen.
Dann ist die Weinlese in Traiskirchen vorbei.
Hat der Weinhauer mit Petrus gut verhandelt,hat er eine qualitative und quantitaetsan-
sprechende Ernte eingefahren,optimiert er den Ertrag,indem er an seinem Lokal einen
Buschen anbringt und somit kundtut,der "neue" Wein,will aus den "alten" Schlaeuchen.
In den vorangegangenen Monaten wurde an der Friedshofsmauer Most und Sturm,auch
Staubiger genannt,verkauft.
Spaziergaenger goennen sich eine kurze Rast und die Autofahrer stoppen und nehmen
sich,in 2 lt.Flaschen abgefuelltes "Blut der Erde" mit nach Hause.
Man kennt die Spaziergaenger,aber man kennt nicht die Autofahrer.Und so wird jedes stop-
pendes Fahrzeug zunaecht misstrauisch beaeugt.
Verlaesst der Fahrer sein Fahrzeug und kauft,scheint alles gut zu sein.
Doch parkt das Auto und der Fahrer verlaesst das Fahrzeug nicht,ist Gefahr im Verzug.
Da wird sofort fuer jedes "Achterl" Most eine Rechnung ausgestellt,jeder "Doppler" Sturm
penibel auf der Rechnung vermerkt und in der Registriekasse dokumentiert.
Wenn sich endlich das geheimnisvolle Auto in Bewegungs setzt,setzt unmittelbar Entspan-
nung ein.
Man verzichtet,die Gaeste mit einer Rechnung zu belaestigen und die Registrierkasse un-
noetig abzunuetzen.
Der Weinhauer hat es ohnehin schon schwer genug,denn der Weinbau ist eine reines Lot-
teriespiel.
Nicht nur der Boden ist entscheidend,besonders das Wetter in den vorvergangenen warmen
Monaten.
Ist es zu trocken,ist es nicht gut,ist es zu feucht,besonders vor der Lese,ist es noch schlim-
mer.
In dieser Zeit,wo die Weinlesen stattfinden,wird der Winzer genau seine lokale Wettersituation
studieren,Alarm schlagen,wenn sich zum unguenstigsten Zeitpunkt eine regnerische Kaltwet-
terfront anmeldet und seine Lesemannschaft,mit Methoden,die den Baumwollfarmen in den
USA nicht unaehnlich gewesen waren,antreibt.
Jeder Wassertropfen,der die Trauben erreicht,mindert die Qualitaet,dagegen ein hohes Oechsle-
Grad ist des Winzers Lust.
Ist die Lese vorbei verwaist der Kiosk wieder und die Winzerin gewinnt wieder an Temperatur.
In den Kellern nimmt der junge Wein langsam Gestalt an,wird,sobald er kredenzt wird,beroch-
en,gebissen und beurteilt.
Nur jene Trauben,die fuer den Eiswein vorgesehen sind,bleiben bis Jaenner an den Stoecken,
bevor Gestalten,deren Outfit an Eskimos erinnern,auch die ablesen.
In kleineren Flaschen wird der Eiswein zu guten Preisen angeboten und ich rate jeden davon
ab,den Inhalt als Durstloescher in groesseren Mengen zu trinken.
Das Schaedelweh,das folgt dauert garantiert bis Ostern an.
Jock