Randbemerkung:
Wirklich „interessant“ wird es erst, wenn alle „Daueraufenthalter“
in eine (eventuell teure) Krankenversicherung gezwungen werden.
Gewinner ist man bei diesem spekulativen Blick in die Zukunft Thailands wenn man schon jetzt die dann eventuell erforderliche Krankenversicherung kostensparend in der Bangkoker Khao-San-Road kauft:
Führerschein oder BahnCard gefällig? - In Bangkok führt mich die Blümchenkleid-Frau durch die Einkaufspassage zu einem Stand mit Aquarell-Bildern von Stränden und Sonnenuntergängen. Das Kerngeschäft ist aber ein anderes. Der Ladenbesitzer, ein etwa 40-jähriger Thailänder, stellt sich als Sonchai vor. Er trägt Schnurrbart und Hawaiihemd und bittet mich, auf einem kleinen Holzhocker Platz zu nehmen.
Sonchai kramt zwei blaue Plastikmappen hervor. Die Muster Hunderter Ausweise finden sich darin: Einen dänischen Presseausweis bekomme ich hier genauso wie eine Mitarbeiterkarte der Lufthansa, einen Führerschein aus New York oder eine BahnCard 100. Sonchai hält mir einen eingeschweißten deutschen Personalausweis vor das Gesicht. „1800 Baht“, sagt er – umgerechnet 40 Euro.
Das Dokument wirkt echt, ist aber nicht das, was ich suche. Um mit Sonchai im Gespräch zu bleiben, bestelle ich eine BahnCard 100 bei ihm, für 1300 Baht, knapp 30 Euro. Sonchais Preise haben nichts damit zu tun, wie wertvoll ein Ausweis ist oder was man damit anstellen könnte.
Eine BahnCard 100 kostet das Gleiche wie eine BahnCard 50 oder ein Führerschein. Der Personalausweis ist nur deshalb etwas teurer, weil er aufwendiger zu produzieren ist. Ich gebe Sonchai ein Foto und meine Unterschrift auf einem leeren Blatt Papier. Sie soll eingescannt und dann auf die Rückseite meiner gefälschten BahnCard gedruckt werden.
Während er die Unterlagen zusammenstellt, offenbare ich, worum es mir wirklich geht. „Hast du auch Pässe?“, frage ich mit nervöser Stimme. „Ja“, murmelt er. „Aber das wird richtig teuer.“ 120.000 Baht, fast 2700 Euro, soll ein Exemplar kosten. Die Kosten scheinen unabhängig von der Nationalität zu sein.
Erst nach der Preisauskunft fragt mich Sonchai: „Welches Land?“ „Deutschland“, sage ich. „Machbar“, meint Sonchai, „hast du Ärger zu Hause?“ „Darüber möchte ich nicht sprechen“, antworte ich. „Sorry, geht mich ja auch nichts an.“
Er müsse aber erst herumfragen, ob sich ein deutscher Pass auf dem Markt befinde. Bis zu zwei Tage könne das dauern. Innerhalb von sieben Tagen könnten dann Foto, Name und Geburtsdatum beliebig geändert werden.
Es klingt erschreckend unkompliziert. Ich frage bei den deutschen Strafermittlern nach. „Dem Bundeskriminalamt ist bekannt, dass in Thailand, insbesondere Bangkok, als gestohlen gemeldete deutsche Ausweisdokumente gehandelt werden“, schreibt mir eine Sprecherin der Behörde. Man arbeite zwar mit der Polizei in Thailand zusammen. „Für die Ermittlungen vor Ort sind jedoch die thailändischen Behörden zuständig.“
Von der Aquarell- und Ausweisbude habe ich die Straße im Blick. Ein Polizist patrouilliert auf und ab. Die Polizeiwache ist nur ein paar Hundert Meter entfernt. Die Geschäfte von Sonchai stört das nicht.
Eine Stunde muss ich warten, bis meine gefälschte BahnCard 100 fertig ist. In der Zwischenzeit erzählt mir Sonchai mehr über sein Geschäftsmodell. Nicht alle Pässe seien geklaut, sagt er. Manche auch gekauft – von Thailand-Touristen in Geldnöten. 40.000 Baht bezahlt er in der Regel pro Stück, rund 900 Euro.
Gerade hat er auf diesem Weg einen Pass eines Kanadiers bekommen. Wenn ich auch damit etwas anfangen könnte, würde es mit meiner neuen Identität deutlich schneller gehen, verspricht Sonchai. Ich gebe vor, mir das zu überlegen. Und muss unweigerlich an das Gespräch mit Honorarkonsul Naumann zurückdenken.
„Die wenigsten Touristen, denen der Pass abhandenkommt, denken daran, dass Kriminelle damit Geschäfte machen können“, hatte er mir noch gesagt – und gleich ein paar Tipps gegeben: Niemals den Pass bei einem Auto- oder Motorradverleih als Pfand hinterlegen, auch wenn das in Thailand oft verlangt wird. Streitereien, bei denen der Pass nicht wieder herausgerückt wird, habe er schon oft erlebt.
Außerdem: einen Farb-Scan des eigenen Passes online abspeichern. Damit komme man im Verlustfall am schnellsten an neue Dokumente. „Die Qualität von Schwarz-Weiß-Kopien ist oftmals zu schlecht.“
Auf meine neue BahnCard trifft das keinesfalls zu. Auf mich wirkt das Kärtchen, das mir Sonchai nach einer Stunde aushändigt, täuschend echt. Er hat aber noch mehr für mich: „Ich konnte bereits einen deutschen Pass finden, auf Phuket. Willst du ihn?“ Das müsse ich mir noch überlegen, sage ich. Sonchai reicht mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer. „Wir hören voneinander“, sagt er. „Hoffentlich nicht“, denke ich und verschwinde.
Alles lesen :
HIEREine "echte" Fake-Krankenversicherungs fuer Thailand duerfte also kein Problem sein.
Randbemerkung:
Wann kommt endlich einmal ein aktueller Erlebnisbericht vom Ort des Geschehens in Frankfurt/a.M. mit der "neuen Visa-Möglichkeit" Thailands ?
Der neueste Hit aus d. BRD / Gen. Konsulat Frankfurt