Teiluebersetzung von
http://www.tomdispatch.com/post/176007/tomgram%3A_alfred_mccoy%2C_washington%27s_great_game_and_why_it%27s_failing_/(nicht von mir)
“Durch das Legen eines durchdachten und enorm teuren Netzwerks von High-Speed- und High-Volume-Eisenbahnen sowie Öl- und Erdgasleitungen quer über die weite Breite Eurasiens hinweg, vermag China Mackinders Vision auf neue Weise zu verwirklichen. Zum ersten Mal in der Geschichte wird die schnelle transkontinentale Bewegung von kritischer Fracht – Öl, Mineralien und Industriegüter – in massiven Umfang möglich sein, wodurch eventuell die Vereinheitlichung der riesigen Landmasse in einer einzigen Wirtschaftszone bewirkt wird, die sich 6.500 Meilen von Shanghai bis nach Madrid erstreckt. Auf diese Weise hofft die Führung in Peking, den Ort geopolitischer Macht von der maritimen Peripherie tief ins Kernland des Kontinents weg zu verlagern.“
Schon Mackinder sprach von transkontinentalen Eisenbahnen, die “nunmehr die Konditionen der Landmacht verwandeln“, war aber, was ihre flächendeckende Verwirklichung in ganz Asien anging, am Ende doch zu optimistisch. Vorgänge wie “die russische Revolution von 1917, die chinesische Revolution von 1949 und die nachfolgenden 40 Jahre des Kalten Krieges verlangsamten für Jahrzehnte eine wirkliche Entwicklung.“ Ebenso die Entfremdung, die hinter dem Eisernen Vorhang zwischen der UdSSR und der VR China zutage trat. Derlei Barrieren existieren nun nicht mehr.
McCoy erinnert an Zbigniew Brzezinski, der Ende der 1990er Jahre in “The Great Chessboard“ ob “Washingtons unfähigem Stil der Geopolitik“ warnend darauf hinwies, dass Eurasien seit Jahrhunderten das Machtzentrum der Welt gewesen sei und dies auch in Zukunft bleiben werde. „Eine Macht, die Eurasien beherrscht“, so Brzezinski, “würde über zwei der drei höchst entwickelten und wirtschaftlich produktivsten Regionen der Erde gebieten“, die “die westliche Hemisphäre und Ozeanien gegenüber dem zentralen Kontinent der Erde geopolitisch in eine Randlage“ rückten.
“Während sich eine solche geopolitische Logik Washington entzog, wird sie in Peking gut verstanden“, urteilt McCoy. „Tatsächlich hat China in den letzten zehn Jahren den weltweit größten Investitionsausbruch in die Infrastruktur gestartet“, seit die USA in den 1950er Jahren den Bau der Interstate Highways unternahmen. “Die Zahlen für die Schienen und Pipelines sind frappierend. Zwischen 2007 und 2014 durchzog China seine Landschaft mit 9.000 Meilen an neuen High-Speed-Schienen, mehr als der Rest der Welt zusammen.“ Wenn das System im Jahr 2030 komplettiert wird, soll das Streckennetz insgesamt 16.000 Meilen groß sein und alle wichtigen chinesischen Städte miteinander verbinden. Kosten: 300 Milliarden US-Dollar.
Weiteres Geld investiert China, um das Eisenbahnnetz mit dem der umliegenden Staaten zu integrieren. Zusammen mit Deutschland und Russland startete es beispielsweise 2008 die sogenannte “Eurasian Land Bridge”, deren zwei Routen durch Sibirien und Kasachstan verlaufen. Über die südliche Strecke können Güter von Europa nach China sehr viel schneller transportiert werden, als dies über den Seeweg möglich ist. Seit Oktober 2014 steht der Plan einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Peking nach Moskau im Raume, für dessen Verwirklichung 230 Milliarden US-Dollar berechnet werden. Im April diesen Jahres unterzeichnete Chinas Präsident Xi Jinping eine Vereinbarung mit Pakistan über einen chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridors, der Autobahnen, Eisenbahnverbindungen und Pipelines umfassen soll. Die Kosten hierbei: 46 Milliarden US-Dollar. 200 Milliarden US-Dollar hat China bereits in die Hafenanlage in Gwadar am Arabischen Meer gesteckt, welche sich in strategisch günstiger Nähe zum Persischen Golf befindet.
Ähnlich dynamisch erwies sich China auf dem Terrain der Pipelinepolitik. Die China National Petroleum Corporation (CNPC) baut an einer Ölpipeline, die von Kasachstan bis Xinjiang reicht. Ebenso arbeitete CNPC mit Turkmenistan zusammen, um Gas nach China zu leiten. Eine Pipeline zum Transport von Öl und Gas eröffnete China 2013 in Myanmar, womit es nunmehr die Straße von Malakka umgehen kann, welche von der US-Marine kontrolliert wird. Mit Gazprom schloss Peking ferner im Mai 2014 einen Energie-Deal im Wert von 400 Milliarden US-Dollar ab, um russisches Erdgas über ein Pipelinenetzwerk durch Sibirien und der Mandschurei nach China zu bringen.
“Obwohl sie massiv sind, sind diese Projekte nur Teil eines laufenden Bau-Booms“, an dessen Ende “in Kürze eine integrierte Binnenenergieinfrastruktur“ stehen wird. Weitere Bauvorhaben werden folgen, wie die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank anzeigt. Hinzu kommen langfristige Handelsbeziehungen mit ressourcenreichen Regionen in Afrika, Südostasien und Australien – ebenfalls Teil des Plans, “die Weltinsel wirtschaftlich zu integrieren“.
Nachdem er einen Blick auf die militärischen Entwicklungen Chinas wirft, befindet McCoy, dass das Reich der Mitte gegenüber den USA insgesamt in guter Position dasteht. “Indem ihr die geopolitische Vision von Mackinder und seiner Generation britischer Imperialisten fehlt, hat die derzeitige Führung Amerikas darin versagt, die Bedeutung eines radikalen globalen Wandels zu begreifen, der auf der eurasischen Landmasse im Gange ist. Wenn es China gelingt, seine aufsteigenden Industrien mit den umfangreichen natürlichen Ressourcen des eurasischen Kernlands zu verbinden, dann wäre sehr wahrscheinlich, wie Sir Halford Mackinder … im Jahre 1904 vorhersagte, ‘die Herrschaft der Welt in Sicht‘.“
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