Aus der Nation:
Thaksins neuer Anwalt: Thaksin ist kein machtgieriger MannDieses Interview führte Mark MacKinnon, Asien-Korrespondent für den „Globe“ und die „Mail of Canada“Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man die Fälle betrachtet, die er übernimmt, ist der kanadische Rechtsanwalt Robert Amsterdam entweder ein edler Verteidiger der Demokratie oder jemand, der eine interessante Neigung dazu hat, an der Seite der Reichen und Machthungrigen zu enden, wenn diese in Ungnade fallen.
Herr Amsterdam, der dadurch Schlagzeilen machte, als er sich öffentlich mit dem Kreml anlegte, indem er den inhaftierten Oligarchen Michail Chodorowsky verteidigte, wurde vor kurzem als internationaler Berater von Thaksin Shinawatra, Thailands flüchtigem Ex-Premier, angeheuert. Herr Thaksin ist der de-facto-Führer der Rothemden, die seit März mit ihren Protesten zum Sturz der Regierung von Premierminister Abhisit Vejjajiva weite Teile Bangkoks lahmgelegt haben.
Am Donnerstag mündeten diese Proteste erneut in Gewalttätigkeiten, die die thailändische Regierung Herrn Thaksin anlastet.
Herr Amsterdams neuester Mandant ist vermutlich auch sein bis jetzt umstrittenster. Für einige in Thailand ist Herr Thaksin der rechtmäßige Führer des Landes – der einzige Politiker, der jemals mehrere aufeinander folgende Wahlen gewonnen hat, bevor er 2006 durch einen Militärputsch entmachtet wurde.
Aber für die thailändische Regierung und ihre Anhänger ist Herr Thaksin ein verurteilter Krimineller und „Terrorist“, der von einem unbekannten Aufenthaltsort im Ausland aus hinter den immer wieder mal tödlich verlaufenden Unruhen in Bangkok steckt.
Es überrascht wenig, daß Herr Amsterdam das nicht so sieht. Er sprach über Telefon diese Woche mit „The Globe“ und der „Mail“, kurz nachdem er seinen Mandanten persönlich an einem geheim gehaltenen Ort getroffen hatte.
Wie kamen Sie zu ihrer Rolle als internationaler Anwalt für Thaksin Shinawatra?Die Leute kommen auf uns zu. Thaksin kannte bereits unsere Arbeit und wandte sich an uns durch Mittelsmänner. Eines unserer Tätigkeitsfelder in den vergangenen Jahren war ... die Arbeit für Leute, die ihrem Land zum Opfer gefallen sind – darunter Gruppierungen oder, in einigen Fällen, auch Oppositionelle.
Sie haben gerade mit ihrem Mandanten gesprochen. Können Sie uns etwas dazu sagen, wie es ihm geht und wo er sich aufhält?Wir haben uns erst vor ein paar Tagen getroffen. Es ging ihm bestens, im Gegensatz zu den zahllosen Gerüchten (in Thailand), daß er am Dahinsiechen sei. Er hält sich in Wirklichkeit an keinem der von ihm angegebenen Orte auf, denn die thailändischen Behörden verwenden viel Mühe darauf, seine Aktivitäten wirksam zu unterbinden. Die thailändische Regierung ist keine rechtmäßige Regierung. Sie hat erkannt, daß (Herr Thaksin) sehr populär in Thailand ist und sieht ihn daher als Bedrohung an.
Eine Regierung, die aus einer Kaserne heraus regiert, deren Machtbasis ein Militärputsch in 2006 ist, die sich auf eine (2007 eingeführte) Verfassung stützt, die den Willen des Volkes nicht berücksichtigt und während einer Zeit strikter Kontrolle durch das Militär eingeführt wurde ... ist keine legitime Regierung. Es ist sehr wichtig, daß die Kanadier und andere den Leuten mit den Bajonetten nicht erlauben, diese Bajonette zur Rechtfertigung ihres Herrschaftsanspruches zu benutzen. Ich denke, es sagt genug aus über die Leute in Thailand, daß so viele von ihnen auf die Straße gegangen sind, um die (vor dem Putsch gültige) Verfassung zu verteidigen.
Hat Herr Thaksin irgendwelche Bemerkungen zu den Protesten der Rothemden in Bangkok gemacht? Wie sieht er es, was da passiert?Er ist betrübt über die Todesopfer – am 10. April (dem Tag, als ein Versuch des Militärs scheiterte, die Demonstranten zu zerstreuen) wurden kaltblütig Dutzende ermordet – und er ist besorgt, einen Ausweg aus dieser Lage zu finden. Er glaubt, daß eine Lösung nur durch eine faire, unbeeinflußte Wahl möglich ist – dadurch, daß man dem thailändischen Volk seine echten demokratischen Institutionen wiedergibt.
Warum will Herr Thaksin, wenn er doch unschuldig ist, nicht nach Thailand zurückkehren und sich den Korruptionsvorwürfen gegen ihn stellen?Er hat mindestens so viel Grund, gegen diejenigen, die an der Macht sind, Anklage zu erheben, wie diese gegen ihn Klage erheben. Thailand ist kein Land, das für seine unabhängige Justiz berühmt ist. Das ist keine hinterhältige Unterstellung, das ist eine hinreichend bekannte Tatsache. Im Hinblick auf die diskriminierende, gezielte und – ganz ehrlich – lächerliche Art des Vorgehens gegen ihn kann ich mir nicht vorstellen, daß er gut beraten wäre, sich den willkürlichen Regeln derjenigen zu unterwerfen, die die 1997er Verfassung nicht respektieren.
Hat Ihr Mandant überhaupt noch Hoffnung, jemals nach Thailand zurückkehren und aktiv in der thailändischen Politik mitwirken zu können?Was seine Rückkehr nach Thailand angeht, so ist klar, daß dies sein Heimatland ist und es ist nur recht und billig, zu sagen, daß er sicherlich gerne zurückkehren würde. Aber seine Bedenken über die Zukunft des Landes lassen sämtliche politischen Ambitionen in den Hintergrund treten. Er ist kein Mann, der nach Macht giert ... ich denke, er ist eher darum bemüht, wieder ein normales Leben führen zu können.
Sie haben Vergleiche gezogen zwischen dem Fall von Herrn Thaksin und einigen Ihrer anderen berühmten Mandanten, darunter auch Michail Chodorowsky und der ehemalige nigerianische Kabinettsminister Mallam Nasir el-Rufai. Was haben diese außer ihren juristischen Problemen gemeinsam?Die große russische Journalistin Anna Politkowskaja (die 2006 ermordet wurde) hat mir vor vielen Jahren mal gesagt, es sei immer, oder zumindest im allgemeinen, so, daß der Korrupteste die Korruption als Waffe gegen seine Feinde benutzt. Ob in Russland, in Thailand oder in Nigeria, dort sehen wir überall eine sehr hochmütige Haltung, was die Respektierung der Grundregeln des internationalen Rechtes und der Staatsführung angeht. Ich denke, das ist in all diesen Fällen ein echter Grund, besorgt zu sein.
As the great Russian journalist Anna Politkovskaya [who was murdered in 2006] told me many years ago, it is always, or generally, the most corrupt who use corruption as their tool to attack their enemies. Whether it’s Russia, or Thailand, or Nigeria, we are seeing a more cavalier attitude towards respecting basic norms of international law and governance. That’s a real matter of concern, I think, for all of this.
Quelle:
http://blog.nationmultimedia.com/thaitalk/2010/05/15/entry-1