In den Isanfamilien gibt es neben manchen zwecks schneller Geldbeschaffung "getürkten" Notfällen..(kranker Wasserbüffel braucht Herzoperation.. ) auch tatsächlich reichlich echte Probleme, die aber alle irgendwie mit fehlender Kohle zu tun haben. Und wenn die Oma in Thailand besoffen umgefallen ist und eine Krankenhausrechnung muß bezahlt werden, läutet dann bei der Tochter im fernen Europa das Geldabruf-Telefon und Faranghilfe wird dringend angefordert ..
Der Farang wird somit zum universellen Problemlöser für das gleichermaßen leistungsschwache und leistungsunwillige Thaivolk auserkoren und ein ständiger Devisenstrom auf der üblichen Einbahnstraße in Richtung Thailand beginnt zu fließen..
Das ist vollkommen richtig. Und wird so auch von Farang zu Farang erzählt.
Nur siehst Du den ganzen
Hintergund noch nicht:
Wenn es hierzulande jemand in der armen Bevölkerung zu etwas Geld bringt, dann wird das meist in einem gewissen Schlüssel aufgeteilt: Einen Teil kriegt (fast) immer "Mama". Merkwürdigerweise habe ich das Wort "Papa" in dem Zusammenhang noch nie gehört. Einen weiteren Teil können andere Verwandte bekommen. Sei es die Cousine, die ein Startkapital braucht, um z.B. nach Pattaya zu reisen, oder der Bruder, der ein neues Motobike braucht, damit er zur Arbeit fahren kann ... oder sonst jemand, der grad in Geldnot ist. Ein Teil wird oft genug auch in ein Festessen und/oder Alkohol aufgelöst. Im Isaan ist es ein Statussysmbol, in einer Isaan-Disco eine Flasche Whiskey zu bezahlen. Wer das kann ist was!
Es ist eigentlich vollkommen egal wieviel Geld man hier einer Person in die Hand drückt. Nach zwei oder drei Tagen ist alles, was sie nicht selbst grad zum Leben braucht (Essen, Zimmer, Kleidung) nach obigem Schlüssel auftgeteilt und weg. Aber (fast) nie auf dem Sparkonto. Wer das Geld nur für sich behält, ist ein "Kin Niao"...ein Geizhals. Das ist hierzulande ein übles Schimpfwort!
Im Idealfall bekommt die gleiche Person wieder von der Verwandschaft Geld, Essen oder andere Naturalien zurück, wenn sie selbst nichts mehr hat. Man kann das durchaus als das "Sozialsystem" dieses Landes betrachten. Die Leute wissen genau zu welchem Onkel, Tante oder Mama sie gehen müssen, wenn sie in Not sind. Anders als bei uns, kann sich eine Person die Hunger hat, fast an jeden Tisch (der Verwandschaft) setzen. Auch alte Kleidung wird auf dem Weg weitergegeben.
Dieser Kreis kann ganz gut funktionieren. Wird aber spätestens dann problematisch, wenn zum Beispiel Mama alles Geld (und noch mehr) für ihren Alkoholkonsum aufbraucht.
Wenn nun ein Familienmitglied plötzlich "einen Farang hat", dann verschiebt sich dieser Kreislauf. Ein Farang kann ohne mit der Wimper zu zucken, einfach ein paar Tausender auf den Tisch knallen. Das sieht man überall und in jeder Bar. Fast alle Farangs in den Bars lieben es, ihren Reichtum zu zeigen! Man sieht nie einen Farang arbeiten. Ihr Geld ist (scheinbar) unerschöpflich. Ich kenne Farangs, die können problemlos an einem Abend 12'000 Baht versaufen. Das sind hier locker mehrere Monatslöhne! Und es gibt auch keine armen Farangs (denn die schaffens gar nicht nach Thailand, das sehen die Thais aber nicht). Wenn ein Farang Geld braucht, dann muss er nur zum ATM oder in die Wechselstube...
Um uns vorzustellen, wie die Farangs auf die Thais wirken, könntet Ihr Euch Horden von Ölscheichs vorstellen, die in allen Kneippen Deutschlands und der Schweiz täglich einfach ein paar Tausend Euro auf den Tisch knallen würden. Ich nehme an, die würden sehr schnell sehr ähnlich "bedient" werden, wie wir in Thailand!
Wenn nun so ein Farang in eine Familie kommt, ist sehr schnell er, bzw. seine Frau die Person, die von der ganzen Verwandschaft angerufen wird. Warum auch nicht? Er hats ja (scheinbar).
Wie oft er nun von der Verwandschaft angebettelt wird, hangt natürlich vom Zustand und vom Charakter der Familie ab. Je mehr AlkoholikerInnen in der Familie sind, desto schlimmer siehts für den Farang aus.
Denn bei den AlkoholikerInnen handelt es sich oft genug um ehemalige Bar-ArbeiterInnen, die die scheinbare Unerschöpflichkeit des Portemonnais der Farangs sehr gut kennen. Und ihre "Moral" ist die, die sie nach jahrelanger Tätigkeit in den Bars und Hotelbetten gelernt haben.
Ich habe sehr lange gebraucht, um zu verstehen, warum die Leute in meinem Umfeld dauernd die Telefonnummern getauscht haben, oder warum sie oft mehrere SIM-Karten brauchen. Die Antworten auf meine Fragen schienen keinen Sinn zu machen. Mittlerweile habe ich es aber kapiert: Den Leuten wurden die dauernden Anrufe der Familien einfach zu viel: Sie wurden, sobald sie mit mir zusammen waren, dauernd von Verwandten und der besoffenen Mama angerufen, sie sollten doch unter irgend einem Vorwand xy Baht von mir herauslocken: Mama had Accident, Brother had Accident...., Oncle must buy rice.. Ihr kennts.
Besonders die geliebte Mama kann in so Fällen ungeheuer Druck ausüben. Hab lange nicht verstanden, warum erwachsene Leute am Telefon regelmässig weinen, wenn Mama anruft! Aber wenn Thais in dieser Situation der Auffassung sind, dass im Moment genug gebettelt wurde und sie sich diesem ständigen Druck entziehen wollen....dann haben sie plötzlich eine neue Telefonnummer...das schafft für einige Zeit Ruhe.
Dieses "Sozialsystem" dürfte seit der Steinzeit sehr gut funktioniert haben. Seit aber mehr und mehr der Alkohol ins Spiel kommt und Dinge, die einfach sehr viel Geld brauchen (Spital, Motorrad, Zement-Haus, ...), kommt dieses System ins Wanken. Das spärliche Einkommen der arbeitenden Isaanis reicht nicht aus, um diese Kosten zu Decken. Also müssen Böden oder Tiere verkauft werden oder eben.... zahlungskräftige Farangs gefunden werden.
Für den Farang ist das natürlich nicht sehr angenehm. Aber man muss sich ehrlich fragen, wieviele Farangs hier wirklich heiratswillige Frauen finden würden, wenn sie nicht mit unerschöpflichem Reichtum winken würden. Man muss beide Seiten sehen!
Ich habe aufgehört an die "wahre Liebe" zwischen Farang und Thai zu glauben. Ich kenne zwar ein paar lange verheiratete Paare, wo es wirklich zutreffen könnte. Aber die meisten Ehen halte ich eher für reine "Zweckgemeindschaften": Thai gibt, was Farang braucht und Farang gibt dafür, was Thai braucht.
Mit ein wenig Glück und beidseitigem Respekt, kann das durchaus sehr gut funktionieren und wie eine gute Ehe aussehen. Wenn aber eine Seite nicht mehr bereit ist zu liefern, was die andere Seite braucht, oder eine Seite die Forderungen übertreibt, dann knallts halt.
Was ich aber schon lange nicht mehr glaube ist die Mähr davon, dass Thais auf dickbäuchige, weisse, alte Farangs stehen. Wer hat das nicht auch schon gehört, dass ein Bauch ein Zeichen von Wohlstand ist und darum "sexy" sein soll? Geht mal in ihre Zimmer oder schaut mal in ihre Klatschblätter: Die Poster ihrer Idole sehen ganz anders aus: Schlanke und/oder muskulöse Thais mit gebleichter Haut. Aber niemals mit Bauch und wenn möglich auch nicht mit Bierfahne.
Gruss, Stefan