NZZ macht Haltungsmedien nackt – dürfen die das?
Damals, als wir alle links waren, las ein Freund von mir „Le Monde“. Das war okay. Aber er las auch die NZZ. Das war überhaupt nicht okay. Seine Entschuldigung, dass das Blatt über ein eng geknüpftes Korrespondentennetz verfüge, war damals für mich nur eine bedauerliche ideologische Verirrung, der man in der Schweiz leider nicht mit der Einweisung in ein Umerziehungslager begegnen konnte. Hatte nicht der große Schweizer Reporter Niklaus Meienberg selig mit seinem üblichen polemischen Witz Mutmaßungen darüber angestellt, wofür das Kürzel Bü. des damaligen Chefredakteurs Hugo Bütler eigentlich stünde? Für Bückling? Nein, für Bürgertum. Genauer für den Klassenfeind in seiner hässlichsten Ausformung: das Großbürgertum.
Sowohl vor wie nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, also ab 1990, litt die NZZ unter einem Problem: Liberalismus, liberale Publizistik, keine Position hat in der Geschichte der Neuzeit, in der es so etwas wie eine liberale Ideologie gibt, dermaßen häufig eine Niederlage nach der anderen erlitten. Stumpf-dumme Rechtsradikalität siegte und legte Europa in Trümmer, begleitet von Organen wie „Der Stürmer“. Der Sozialismus siegte und pervertierte sich zu einem stalinistischen System der Selbstauslöschung, begleitet von Organen wie der „Pravda“ oder „Neues Deutschland“. Aber der Liberalismus siegte nirgends und niemals.
Außer im Sonderfall Schweiz, wo die bürgerliche Revolution 1848 im Gegensatz zum übrigen Europa triumphierte. Und die Schweizer FDP, der sich die NZZ bis heute verpflichtet fühlt, stellte bis 1891 alle 29 Bundesräte, erst dann rückte ein erster Vertreter der CVP, der Schweizer Christlichsozialen, an ihre Seite.
https://www.achgut.com/artikel/nzz_macht_haltungsmedien_nackt_duerfen_die_das