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Autor Thema: Vollendung in Bangkok  (Gelesen 12042 mal)

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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #30 am: 23. April 2022, 16:26:44 »

Die letzte Ehe, die wir gestiftet haben, geht nun ins 21. Jahr. Wir wurden gefragt, ob wir nicht jemand hätten/wüssten, gern auch dominant. Wir ließen eine Verwandte von Dengs Ex kommen und es passte. Wir gingen auch zusammen auf Partys, aber ob das Freizeitvergnügen schlag gebend, äh ausschlaggebend war, kann ich nicht beurteilen. Es ist ein harmonisches Paar und wir pflegen freundschaftlichen Kontakt. Wie in den meisten Fällen ist auch hier jemand in Thailand, der auf Unterstützung wartet. Wobei ich den Eindruck habe, dass wie üblich die Überweisungen nicht groß genug sein können und ein Danke nicht im Wortschatz vorkommt.

Die andere Kuppelei endete nicht so problemlos. Ein Jahr nach den beiden Söhnen ließen wir auch Dengs Schwester nachkommen. Auf eine Anzeige in der Tageszeitung bekamen wir ca. 30 Zuschriften. Ich wählte einen aus, den ich dem Namen nach kannte, einen Bruder einer Grundschul-Klassenkameradin, einer aus einer 10-köpfigen Gärtnereifamilie, von Beruf stadtbekannter Stammtischpoet und Leserbriefschreiber. Er bezog eine ausreichende Frühpension, nachdem er aus psychischen Gründen aus dem Polizeidienst ausgeschieden war, Stichwort Stammheim. Er war gebildet, geistreich, hatte sogar ein Büchlein verfasst (über den Furz), er war selbstverständlich offen für und interessiert an Thailand und handwerklich begabt. Wir feierten große Partys in seiner Wohnung. Deng mochte ihn sehr und ließ sich durch ihn zum Biertrinken verführten. Die Schwester hätte zufrieden sein können, aber vielleicht hielt sie ihn für zu alt für sich oder hatte etwas gegen seine Kneipenbesuche. Jedenfalls fand sie einen Lover, bei dem sie blieb, auch nachdem dieser sie schlecht behandelt hatte. Wir mussten sie vom Krankenhaus abholen.

Der Schwager konnte es schließlich nicht länger ertragen und wanderte allein nach Thailand aus, ins Land der Elefanten, wie er sagte. Wir trafen uns in Bangkok und ein paar Mal in Chiang Mai, wo er lebte. Immer hatte er intellektuelle Freunde um sich. Er verstarb plötzlich an einem Bauchaneurysma. Die Schwester ist noch mit dem Lover verbunden, obwohl er in einer anderen Stadt lebt und sie zwischendurch auch einen anderen Egomanen hatte. Gelegentlich nimmt sie mal Kontakt mit uns auf, aber leider hat sie auf die Familie einen spaltenden Einfluss.

Genug über andere Leute geschrieben. Demnächst will ich zum Thema Essen und zum Thema Reisen berichten.

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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #31 am: 28. April 2022, 17:35:21 »

Kein Reiskocher, keine Fischsoße und keine anderen Zutaten aus einem Asienladen - die erste Zeit in der neuen Heimat war eine große Umstellung. Deng lernte schnell, wie hier gekocht wird, aber meistens stand Hähnchen auf dem Speiseplan. Sie kochte im Hotel mit und übernahm vieles von meiner Mutter. Noch heute kommt bei uns öfters Gulasch oder Paprigasch oder Reis mit Tomatensoße, dazu gekochtes Hähnchen mit Meerrettichsoße auf den Tisch. In den größeren Kaufhäusern gab es damals noch Kantinen mit einfachem Essen und sie bestellte in einem bestimmten Restaurant in unserer Stadt öfters Garnelen. Oder wir fuhren mit dem Zug nach Memmingen und aßen beim Griechen und speisten in München gerne im Shanghai am Stachus, einem Lokal, das es heute noch gibt. Gerne fuhren wir auch nach Lindau, mit dem Zug oder per Anhalter, und gingen dort in den Wienerwald. 

Es dauerte lange, bis wir Asienläden fanden, in Zürich, in München und in Ludwigshafen. Später verkauften auch Vietnamesen aus Garagen heraus asiatische Lebensmittel.

Eine Geschichte will ich hier noch einfügen. Anfang 1980 bekam sie während der Arbeit heftige Bauchschmerzen. Ich brachte sie zum Hausarzt, der sie umgehend ins Krankenhaus schickte, wo sie gleich am Blinddarm operiert wurde. Der stand kurz vor dem Durchbruch. Ich versorgte sie und das ganze Zimmer täglich mit Hähnchen und Pommes und Blumen. Meine Mutter sollte dann für sie Reis kochen. Als ich ihn brachte, musste sie weinen. Meine Mutter hatte in guter Absicht Milchreis gemacht.

Die Bauchschmerzen blieben, die Wunde eiterte und wollte sich nicht schließen. Die anderen Frauen im Zimmer, mit denen sich echte Freundschaften entwickelten, versuchten sie immer zum Lachen zu bringen, was ihr ja Schmerzen bereitete. Nach einem Schwächeanfall auf dem Gang musste sie ins Zimmer zurückgebracht werden. Dennoch wurde sie entlassen. Der Hausarzt behandelte die Wunde täglich mit einer Silberlösung. Schließlich suchten wir wieder das Krankenhaus auf. Ein junger Arzt meinte, wir sollten nicht hinsehen, und als er daran drückte, quoll dicker, grüner Eiter heraus. Doch die Wunde war danach zu.

Um uns davon zu erholen, buchten wir eine Städtereise nach Amsterdam. Ich war ja bereits zweimal da, um von dort aus nach Indien zu fliegen. Als wir nach der nächtlichen Zufahrt am Hotel American ankamen, war ihre Stimmung auf dem Tiefpunkt. Das änderte sich aber schlagartig und alle Schmerzen waren wie weggeblasen, als sie das Innere des Hotels sah. Es gefiel ihr dann so gut, dass wir zwei Jahre später wieder in der Stadt Urlaub machten. Wir kauften damals auch eine Durian, wegen der die Leute in der Straßenbahn die Nase rümpften, und ich musste die Reste in der Nacht außerhalb des Hotels entsorgen.





Deng hat den schwarzen Gürtel im Kochen, wenn ihr etwas schmeckt, kocht sie es genau so nach. Sie probiert gerne neues aus, Kochsendungen sieht sie auch heute noch neben den Seifenopern am liebsten. "Das perfekte Diner" musste ich früher immer aufnehmen, wenn sie keine Zeit dafür hatte. Ihr Kochkünste und ihre Gastfreundschaft waren bekannt, Nachbarn und Freunde waren oft unsere Gäste. Sie macht Spätzle und Knödel selber, isst gerne Sauerkraut, Rotkohl, Schnitzel und Schweinebraten und ist zuhause eigentlich immer am Planen, Vorbereiten, Kochen oder Essen, sofern sie nicht mit den Pflanzen beschäftigt ist. Sushi braucht sie nicht mehr zu machen, aber sie kocht weiterhin gerne Japanisch. Vieles, das sie früher in Thailand gegessen hat, mag sie nicht mehr. Vielleicht sind auch nun die Zähne daran schuld.
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Kern

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #32 am: 29. April 2022, 04:51:01 »

Vielleicht sind auch nun die Zähne daran schuld.

 :D  :D ...  [-]
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #33 am: 03. Mai 2022, 14:56:59 »

Ja, bei Hartem oder Klebrigem machen die restlichen Zähne nicht mehr mit.

Es ist mir übrigens gelungen, meinen vielleicht 20 Jahre alten Lexmark Drucker nach stundenlangen Versuchen und vielen Updates an das Notebook anzuschließen. Jetzt kann ich wieder Fotos einscannen. Das Ding rattert zwar und die Bildqualität ist nicht die beste, aber ich kann nun Texte mit den passenden Bildern untermalen.

Gleich noch welche von einer Thaihochzeit nachgeliefert. Einfach um zu zeigen, dass meine liebe Gattin selbstbewusst und offen für Neues war/ist. In unseren Schlafzimmern (Plural, weil wir 5 Mal umgezogen sind und seit Jahrzehnten getrennt schlafen) ging es immer gesittet zu. Wenn wir auch mal was Neues ausprobiert haben, so wurde doch keiner zu etwas gedrängt. Es lag auch ein wenig an der Mode dieser Zeit, wie sie in Musikvideos gezeigt wurde.





Essen gingen wir auch mit Freunden in Kluft, wie ein Freund es nannte.


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schiene

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #34 am: 30. Mai 2022, 22:08:53 »

Ich würde mich freuen wenn du deine Erlebnisse
hier weiter fortsetzen  würdest.[-]
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #35 am: 31. Mai 2022, 17:16:12 »

Danke für den freundlichen Anschubser! Das hilft Schreibblockaden zu überwinden. Denn eigentlich wollte ich weitermachen mit dem Aufzählen von Reisen ins benachbarte Ausland, der aufenthaltsrechtlichen Seite bis zum Aushändigen des Deutschen Passes und dem Geschehen danach, aber ich finde keinen Einstieg und ziehe nun ein anderes Thema vor.

Eines Tages gab mir ein Arbeitskollege ein paar Schriften und ich wusste sofort: "Das ist es! Danach habe mein Leben lang gesucht. Das kann sich keiner ausdenken. Da passt alles." Es waren Hefte des Heimholungswerkes Jesu Christi, später umbenannt in Universelles Leben (UL). Da sprach Gott und Christus und andere Wesenheiten durch die Prophetin Gabriele Wittek. Es war das Urchristentum, alle waren Brüder und Schwestern, es gab keine Mitgliedschaft, keine Priester, keine Sakramente oder Rituale. Erklärt wurden die 7 Eigenschaften Gottes, die göttliche Schöpfung, die himmlischen Welten und die Heimkehr Seiner vollkommenen Kinder aus der freiwillig gewählten Gottferne über mehrere Wiedergeburten. Angeboten wurden ein zweiteiliger Meditationskurs und der Siebenstufige Pfad. Alles war im Prinzip bis auf Bücher und Zeitschriften kostenlos.

Mit dem Kollegen fuhr ich von da an nach Kempten, wo wir uns mit anderen privat trafen und uns die Offenbarungen auf Kassetten anhörten. Wir erlebten die Prophetin dann live u.a. in Karlsruhe, Heidelberg oder sogar in Paris. Machtvoll ertönte Gott Vater durch sie und ihre Stimme wurde leise und fein, wenn Naturwesen durch sie sprachen. Über 10 Jahre machte ich die Entwicklung des UL mit, zwar nicht in vorderster Front, aber mit ganzem Herzen. Es gab da wunderbare Tage und Zusammenkünfte, in Großstädten und in den Bergen über Innsbruck. Gerade diese Wochen in Götzens in der Natur oder beim Tanzen im Gemeindehaus bleiben unvergesslich. Beim letzten Mal passierte übrigens der Reaktorunfall in Tschernobyl. Ich lernte meinen Menschen mit seinen Schwächen kennen und manchmal entströmte meiner Seele ein Gebet, das mich so mit Glückseligkeit erfüllte, dass ich dachte, ich könne jetzt genauso gut sterben - schöner wird mein Leben nicht mehr.







Über Monate hinweg absolvierte ich den Meditationskurs in Zürich, zusammen mit dem Arbeitskollegen. Meine Frau war da stets dabei, zumindest beim Stadtbummel. Wenn ich alle drei Wochen nach Würzburg fuhr oder bei anderen Veranstaltungen wie in München oder Berchtesgaden weilte, nützten wir die Zeit zum Einkaufen oder um Urlaub zu machen. Eine Woche verbrachten wir in Würzburg beim "Bienen", sie half in der Küche und ich auf einer Baustelle. Sie fühlte sich auch bei den Geschwistern der "Inneren Geist Christus Kirche" in Kempten wohl, deren Leitung mir später übertragen wurde. Sie glaubt auch an Jesus und Maria, sagt sie, aber ich versuchte nie sie zu missionieren oder sie von etwas zu überzeugen. In ihren ersten Monaten in Deutschland, als wir noch bei meinen Eltern wohnten, gehörte der gemeinsame Kirchgang zum Sonntag. Sie machte alles bereitwillig mit. Um sie aber dann bei den zahlreichen Zusammenkünften nicht allein zuhause lassen zu müssen, entschied ich mich, ihre beiden Söhne zu uns nach Deutschland zu holen. Das war im Jahr 1988. Doch das ist ein anderes Thema.

Das UL vergrößerte sich, viele folgten dem Ruf in die Dörfer um Würzburg und bauten Häuser mit eigenwilliger Architektur, es entstanden Betriebe, Kliniken und Bauernhöfe und ein großes Einkaufszentrum und eine Schule kamen hinzu. Es wurden Urgemeinden gegründet, bei der in München war ich natürlich dabei. Es entstanden aber auch Konflikte mit Naturschützern und den großen Kirchen. Prozesse wurden geführt, ein Sicherheitsdienst wurde notwendig. Eine Gruppe von Männern um die Gabi nahm Einfluss auf das Geschehen. Sogenannte Jungpropheten wurden rausgedrängt, Gemeindemitglieder intern wegen Nichterfüllung der Gebote angeklagt. Manche verloren ihren materiellen Einsatz und litten seelisch. Die Entwicklung vom Urchristentum zur Inquisition war kurz. Im Internet kann man neben den Angeboten des UL auch Berichte über Aussteiger finden. Mein Ausscheiden fand 1991 statt, als mir u.a. vorgeworfen wurde, dass durch meine Gedankenwelt schwierige Menschen zu den Treffen der Kirche angezogen wurden. Da es keine Mitgliedschaft gab, war ich frei zu gehen. Es kam nur noch ein Brief, in dem mein Ausscheiden als ein Fußtritt gegen Gott bezeichnet wurde. Aber ich fühlte mich frei und dazu der Liebe Gottes näher. Und ich sparte eine Menge Zeit und Benzingeld.

Ich ging den Weg für mich allein weiter. Ein Wiedereinstieg durch einen erneuten Meditationskurs in Bregenz scheiterte dann durch meine angefangene Ausbildung zu Altenpfleger, bei der ich ja jedes zweite Wochenende im Heim arbeiten musste. Von Eckhart Tolle wurde ich nun mehr angezogen als von den Schriften des UL. Vor der Auswanderung brachte ich Bücher und Unterlagen zur Kirche in Kempten. Es hatte sich nichts geändert, außer dass nun nur noch 2 Schwestern der übertragenen Offenbarung lauschten. Wenn ich gewusst hätte, dass es seit vielen Jahren ähnliche Kreise z.B. in Nürnberg gab, die durch das Wort Gottes geführt wurden, hätte ich mir das mit der Auswanderung vielleicht noch überlegt. Nun bin ich glücklich, im Internet darauf gestoßen zu sein. Doch darüber auch später.

Nur noch eine Episode: Bald nach der Ankunft in Bangkok wurde ich auf den Bruno Gröning-Freundeskreis aufmerksam gemacht. Geleitet wurde er hier von einer lieben, älteren Dame, die auf der Deutschen Botschaft gearbeitet hatte und mit einem Thai verheiratet war. Die Zusammenkünfte in einem Raum neben dem Goethe-Institut schätze ich bis heute, wenn auch hier das Sektiererische mich letztlich abstoß. Immerhin heilte mich Bruno Gröning von meiner Nikotinsucht. Das habe ich schriftlich. Es ging mir damals körperlich so schlecht, dass ich dachte, genauso gut könnte ich nun mit dem Rauchen aufhören. Schuld war wohl ein Nierenstein, der dann doch auf natürlichem Wege abging. Aber über meine gesundheitlichen Sachen in Bangkok werde ich auch später berichten.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #36 am: 05. Juni 2022, 16:16:56 »

Die beiden alten Pässe meiner Frau sind voll mit Visas der Nachbarländer und mit Ein- und Ausreisestempeln. Der dritte landete nach ihrer Einbürgerung im Papierkorb unter dem Tisch des Thailändischen Botschafters. Wir reisten gerne herum, anfangs, als ich weder Auto noch Führerschein besaß, mit dem Zug oder mit anderen Thaipaaren, aber ich will uns hier die Jahreszahlen ersparen, zumal wir gar nicht mehr wissen, wie die Visas aus Stuttgart oder München in die Pässe kamen. Geblieben sind einzelne Momente, schöne oder bemerkenswerte Erinnerungen.

Die erste Reise in Deutschland führte uns im Zusammenhang mit Besuchen von Verwandten und der Familie meines Bruders bei Hannover bis nach Flensburg, wo wir uns mit einem Deutsch-Thailändischen Ehepaar trafen, das wir schon im Flug über Moskau kennen gelernt hatten. In Hamburg Altona blieben wir über Nacht, aßen dort zum ersten Mal Schnecken und hatten das Glück, durch einen schnellen Rückzug dem Fußtritt einer daherstürmenden Prostituierten zu entgehen, als wir uns dummerweise in diesen Quartieren umschauen wollten.

An einem Ort in Österreich, der mir nicht mehr einfällt, wollte ich eine Vipassana-Meditationswoche absolvieren, aber der Tagesablauf war zu streng und meine Gattin hatte nichts zu tun, sodass wir uns entschlossen, weiter nach Wien zu fahren. Wir konnten bei Verwandten in Groß-Enzersdorf bleiben, sahen uns Schönbrunn an und fanden in der Innenstadt ein Thairestaurant. Das alles ohne Internet, GPS und Handy. Deswegen konnten wir auch Mailand nicht finden, als wir mit einem anderen Paar eine Italienreise machten. Wir fuhren zurück nach Verona und übernachteten in Südtirol. In und um Terlan gefiel es uns sehr.

Mit diesem Paar und einem weiteren unternahmen wir eine Busreise nach Paris. Die Damen freuten sich schon auf eine Suppe, als sie die Schüsseln bei der Selbstbedienung in der Raststätte sahen. Aber die Franzosen trinken ja ihren Kaffee daraus. Wir stiegen auf den Eiffelturm und wollten in der Nähe des Moulin Rouge mal Austern essen. Als Drahtgestelle in der Mitte der Tische platziert wurden, meinten die Frauen, dass auf diesen gleich gegrillt werde. Doch die Austern wurden da auf Eis serviert und ich durfte fast alle alleine verspeisen.

Freundschaften, die in diesen ersten Jahren entstanden, als noch nicht in jedem Dorf eine Thai lebte, bestehen bis heute. Wir waren drei Tage in München, wo wir kauften, was man eben so braucht, Strohhüte und Sommermäntel und im Restaurant Shanghai am Stachus ein Teeservice, als jemand meine Gattin von hinten an die Schulter greifend fragte, ob sie auch eine Thai sei. Das Paar wohnte in Harthaus und später in Germering bei München und wir besuchten uns in all den Jahren oft und gerne gegenseitig. Wir wurden Taufpaten der Tochter, fuhren gemeinsam in den Thailandurlaub und besonders oft in die Schweiz, wo noch heute eine Schwester wohnt. Die Reisen nach Österreich und in die Schweiz wurden übrigens viel einfacher, nachdem von der Gemeinde meiner Frau eine Grenzgängerkarte ausgestellt worden war.







So waren wir gemeinsam oft in Wetzikon und in Zürich und wir erinnern uns gern an diese Fahrten und Begegnungen. Wenn das Paar in der ersten Zeit bei uns war, vergnügten wir uns bei Disko-Musik im dörflichen Tanzlokal, wo damals noch Livebands auftraten, so eine Frauenband aus den Philippinen, oder wir sahen uns in verschwiegenen Bars Filme für Erwachsene an. Videotheken gab es ja damals noch nicht. Der Ehemann und auch der Lebensgefährte sind inzwischen verstorben, aber wir hoffen die Freundin mit der Tochter sowie Ehemann und drei Kindern im August wieder einmal hier begrüßen zu können.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #37 am: 12. Juni 2022, 22:10:55 »

Zwei Wochen nach der Einreise bekam Deng vom Einwohnermeldeamt die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr in den Pass gestempelt, danach für ein weiteres Jahr. Wir mussten in Bonn ja dann einen neuen Pass ausstellen lassen, der 5 Jahre gültig war und dann für weitere 5 Jahre verlängert wurde. Der Leiter des Einwohnermeldeamtes wollte wieder nur ein Jahr gewähren und auf meinen Protest hin meinte er zum Spaß, sie könne mir ja auch noch davonlaufen. Das fand ich nicht witzig und drohte mit einer Beschwerde. Sie erhielt daraufhin 3 Jahre und danach 5 Jahre, bevor sie dann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis bekam. Der Leiter und ich grüßten uns fortan respektvoll, ja freundschaftlich. Eine 1984 ausgestellte Grenzgängerkarte, in die auch später die beiden Söhne eingetragen wurden, machte den Grenzübertritt nach Österreich und in die Schweiz leichter. Zwar nur für grenznahe Gebiete gedacht fuhren wir damit bis nach Zürich.

1992, nach 17 Jahren in Deutschland, beantragten wir auf dem Rathaus die Einbürgerung und sie erhielt ohne Deutschtest und ohne weitere Nachweise auf dem Landratsamt der Kreisstadt den deutschen Pass ausgehändigt. Zu zahlen waren 100 DM. Bedingung war, dass sie die Entlassung aus der thailändischen Staatsbürgerschaft betreibt. Ihren thailändischen Pass ließen wir gleich auf dem Amt, aber er wurde uns von der thailändischen Botschaft wieder zugeschickt, ohne weitere Erklärung und ohne ihn ungültig gemacht zu haben.

Nach einem Jahr forderte das Landratsamt von uns als Nachweis die Veröffentlichung der Entlassung in der thailändischen Regierungszeitung. Anderenfalls werde erwogen, die Einbürgerung rückgängig zu machen. Wir fuhren zur Botschaft, aber da konnte oder wollte uns niemand weiterhelfen. Wir sprachen dann mit dem Botschafter selbst. Der legte den Pass zu anderen unter seinem Schreibtisch und erklärte die Sache für erledigt. Zwei Jahre später verlangte das Landratsamt wieder den Nachweis mit der Androhung der Rücknahme der Einbürgerung. Es dauerte 5 Monate, bis wir einen Termin auf der Botschaft erhielten. Diesmal ließen wir uns bestätigen, dass wir den Antrag auf Entlassung aus der thailändischen Staatsbürgerschaft beantragt haben. Das kostete uns 1 DM. Die Veröffentlichung in der Goverment Gazette könne aber Jahre dauern und wir würden auch nicht informiert werden. Das Landratsamt forderte nach einem halben Jahr wieder den Nachweis und erst nach einem empörten Brief von mir war Ruhe. Vielleicht wurde da auch wie in anderen Bundesländern entschieden, die doppelte Staatsbürgerschaft bei Thais hinzunehmen.



Bei unserer Auswanderung ließen wir uns auf dem Amphoe eine Wohnsitzbescheinigung ausstellen. Als Eigentümer des Hauses war der Sohn eingetragen. Dabei wurde im Computer festgestellt, dass sie noch thailändische Staatsbürgerin ist, und nach Vorlage ihrer 30 Jahre alten ID-Karte wurde ohne ihr Verlangen eine neue ausgestellt. Seitdem ist sie auch wieder Thailänderin mit allen Rechten (Krankenversicherung und Rente) und Pflichten. Einen thailändischen Pass will sie nicht, sie fühlt sich als Deutsche. Sie muss also die 90 Tage-Meldung machen, die Jahresverlängerung bekommt sie ohne Umstände. Kostet halt das Übliche. Ihre neue ID-Karte ist auf Lebenszeit ausgestellt, ebenso wie meine rosa ID-Karte.


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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #38 am: 29. Juni 2022, 21:21:56 »

Unsere Urlaubsreisen nach Thailand, die Erfahrungen mit den beiden Söhnen und dem Rest der Familie, die Überlegungen, die zur Auswanderung führten, sowie die Durchführung derselben und die ersten Jahre in Bangkok, meine Erfahrungen mit den Ärzten hier und wie sie an mir herum schnippelten - das sind Themen, die ich noch behandeln möchte, bevor die Geschichten ein Ende finden werden, also alles zu einer Art von Voll-endung führt. Mein Golgatha habe ich schon erreicht.

Zunächst nun will ich über mein Arbeitsleben berichten. Nach dem Abschluss der Schule mit dem Zeugnis der Reife arbeitete ich einige Monate bei einer Gartenbaufirma, um mir etwas Geld für meine Reise nach Indien zu verdienen. Ein hektischer Chef und zwei gemütliche Kollegen führten mich in die Welt der harten Arbeit ein.

In den Monaten zwischen meinen beiden Indienreisen, solange noch nicht endgültig über meinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung entschieden war, arbeitete ich als Hilfsmesner bei der katholischen Kirchengemeinde. Ich wurde auch auf dem Pfarrbüro eingesetzt und der moderne, liberale Stadtpfarrer hätte mich gerne im Priesterseminar in Ehingen untergebracht. Er hat sich auch für die bischöfliche Dispens eingesetzt, damit wir uns kirchlich trauen lassen konnten, aber wir verzichteten dann doch darauf.

Nach den zwei Monaten im Hotel trat ich wie schon geschrieben in die Firma ein, in der im Schichtbetrieb Plastikbecher hergestellt wurden und noch werden. Ich blieb 16, meine Gattin 20 Jahre. Ich fing als Packer in der Druckerei an, wurde Maschineneinsteller und Schichtführer und als Betriebsratsvorsitzender wurde ich dann, als die Belegschaft die 300 überschritt, von der Arbeit für meine Tätigkeit freigestellt. Jahrelang hatte ich in der Nachtschicht gearbeitet und die Zuschläge blieben mir erhalten.

Anfangs war die Arbeit recht locker und familiär und Deng und ich freundeten uns schnell mit den Kollegen und Kolleginnen an, die u.a. auch aus Spanien, Italien und Griechenland kamen, und wir trafen uns mit ihnen oft außerhalb der Firma. Es gab Weihnachtsfeiern und Betriebsfeste, bei denen Bands auftraten und alle das Tanzbein schwangen, auch die Frau des jovialen Chefs, der wegen seines Holzbeins das nicht konnte. Besitzer der Firma war ein junges Geschwisterpaar aus der Schweiz, das noch andere Firmen besaß, dazu Ländereien in Kanada.

Mit der Zeit erhöhte sich der Arbeitsdruck und das Arbeitstempo und nach dem Ausscheiden des alten Chefs trat ein neuer auf, der anscheinend den Auftrag hatte, die Firma herunterzuwirtschaften, jedenfalls nach dem, wie er mit Kunden und Mitarbeitern umging. Ein sehr unangenehmer Managertyp. Natürlich blieben Konflikte dem Betriebsrat nicht aus. Wie überall gab es Schleimer und Neider und als ich einmal den Scherz machte: "Gestern standen wir am Abgrund und heute sind wir einen Schritt weiter.", wurde das dem Chef zugetragen und er benutzte dies als Grund, meine Kündigung zu versuchen. Ich war gerne Mitglied in der Gewerkschaft, zuerst in der "Druck und Papier" und dann in der "Medien", (ich hatte das gewerkschaftliche Du gerne), ich hatte Schulungen besucht und kannte das Betriebsverfassungsgesetz, ich hatte also keine Angst vor einer Auseinandersetzung. Aber da hatte ich mich schon entschieden, mit 40 Jahren endlich eine Berufsausbildung anzufangen.

Ich wollte etwas Nützliches für die Gesellschaft machen. Mit der Unterstützung des Leiters des örtlichen Arbeitsamtes kündigte ich und bewarb ich mich an der Altenpflegeschule. Der Schulleiter meinte, ich könne noch gerne 20 Jahre einen guten Dienst an den Menschen tun, und so begann ich mit 9 anderen verschiedenen Alters die dreijährige Ausbildung, die von Staat gemäß meiner vorherigen Entlohnung unterstützt wurde
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #39 am: 09. Juli 2022, 15:31:49 »

Eigentlich sollte es über mein Berufsleben als Altenpfleger weitergehen, aber ich füge mal zur Unterhaltung einen Bericht ein, den ich vor 11 Jahren für einen Blog geschrieben habe. Er ist recht lang, ausführlich und bildreich, gekürzt habe ich ihn nur um die Passagen, die zu spirituell angehaucht sind. Ich gab ihm die Überschrift:


In der Augenklinik

oder: Schau mir in die Augen, Frau Doktor!


Wann und wie es genau angefangen hat, weiß ich nicht mehr. Ich hatte mich an die Rötung im linken Augeninnenwinkel gewöhnt. In den Spiegel blicke ich nicht oft. Spiegel sind in Thailand meist sehr groß, aber eher nur als Hilfe geeignet, den Sitz der gegelten Haare zu korrigieren. Für mein Bad hatte ich mir extra einen beleuchteten Spiegelschrank aus Deutschland mitbringen lassen. Wenn ich also das Ergebnis der Rasur darin überprüfte, sah ich die roten Äderchen und seit ein paar Monaten den Pickel, der sich da gebildet hatte. Meiner näheren Umgebung war dies hinter dem Brillenrand kaum aufgefallen. Nur Besucher aus Deutschland hatten nachgefragt.

Ich kann mich nicht erinnern, irgendwas hineinbekommen oder hineingerieben zu haben. Die Augen sind ja ebenso wie Mund und Nase häufigen Belastungen ausgesetzt. Wenn wir mit dem Bus von einem Ende Bangkoks zum anderen unterwegs sind, habe ich stets einen Mundschutz dabei und auf die Brille stecke ich sowieso einen dunklen Aufsatz. Aber Staub und Blas- und Zugluft treffen einen überall und trockene und gereizte Augen sind unvermeidbar.

Der Pickel im Auge tat nicht weh und beeinträchtigte nicht mein Sehvermögen. Aber er wurde langsam größer und mitunter hatte ich das Empfinden von einem Fremdkörper. Ich beschloss also, ihn untersuchen zu lassen. In jeder größeren Straße oder Einkaufspassage gibt es mehrere Brillengeschäfte, aber ich kenne keine Augenarztpraxis. Die Suche im Internet, in dem ich übrigens keine zu meinem Problem passenden Bilder oder Informationen finden konnte, führte mich zur Rutnin Augenklinik. Die Thais sprechen es aus wie Ratanin oder Rutinin. Jedenfalls hatte sie gute Kritiken und war für mich bequem zu erreichen.

Meine Gattin und ich fuhren also mit dem Airportlink bis Makkasan und liefen den kurzen Weg die Asok entlang. Am Empfang bekam ich einen Termin für 14 Uhr, vier Stunden Zeit, die Gegend anzuschauen. Es gibt da fast nur Büro- und Wohnsilos. Wir trotteten auf und ab, tranken Kaffee an der Straße und aßen schließlich in einem kleinen Isaan-Restaurant, das sich über Mittag schnell füllte. Mein gebratener Reis mit Krebsfleisch schmeckte nach nichts, aber meine Gattin meinte, sie habe selten so guten Reis gegessen. Lange vor dem Termin waren wir zurück. Vielleicht kommen wir ja früher dran. Im Erdgeschoss befinden sich ein Brillenladen, die Kasse und die Anmeldung, im ersten Stock sind die Behandlungsräume, sowie ein kleines Kaffee mit Bücherladen. Und zahlreiche bequeme Sessel, denn warten muss man lange.

Die Personalien wurden aufgenommen. Ich hatte nicht an den Pass gedacht, doch der Führerschein genügte auch. Wie in jedem Krankenhaus, in dem ich war, wurde für mich eine Ausweiskarte angefertigt. Als wir uns zu Beginn der Auswanderung in dem Krankenhaus in unserer Straße die letzte Hepatitisinjektion geben ließen, zahlten wir 10 Baht für das Kärtchen und 40 Baht für das Spritzen, wobei wir noch nie so sanft gepiekst wurden. Und die Hosen wurden uns auch noch hochgezogen.

Eine Akte wurde angelegt und ich erhielt eine Laufnummer. Für die Anfangsuntersuchung musste ich nur kurz warten. Statt wie in anderen Häusern routinemäßig der Blutdruck und das Gewicht, wird hier der Augendruck gemessen und ein Augenintelligenztest, bzw. Sehtest durchgeführt. Die Schwester wollte noch meine Brille vermessen, aber ich konnte sie die Werte vom Brillenausweis abschreiben lassen. Die bei jedem Besuch durchgeführten Untersuchungen dienen nicht zuletzt der Kostenerhebung, in diesem Fall 230 Baht als „Other Medical Service Charges“. Die 50 Baht für „Other Hospital Charges“ sind wohl für die Patientenkarte, obwohl meine Frau meint, die werden schon für den Wai beim Empfang erhoben.

Dann hieß es warten. Es waren etwa 60 Patienten im großen Raum verteilt, die dann unter Nennung des Vornamens in die angrenzenden Ärztezimmer gerufen wurden. Die meisten waren gut gekleidete Thais, ein paar Männer arabischer Herkunft und Frauen in schwarzer Ganzkörperumhüllung, sowie 4-5 Farangs. Auf Bildschirmen lief ein Film, Zeitschriften und Trinken war angeboten. Wie im Land üblich bedeuten Termine nichts und es entsteht bei der Arbeit keine Hektik.

Meine Ärztin war jung und hübsch und sah mit ihrem bleichen Teint und den langen, glatten Haaren und mit den daraus hervorstehenden Ohren aus wie ein Geschöpf aus Der Herr der Ringe. Sie wusste auch nicht sicher, um was es sich handeln könnte, und wollte eine weitere Ärztin hinzuziehen, die, wie ich später auf der Homepage der Klinik feststellte, nur Montag nachmittags anwesend war. Um eine Infektion auszuschließen, sollte ich versuchsweise Augentropfen nehmen und in 6 Tagen wieder kommen. Das Entfernen der Schwellung hielt sie aber für geboten, schon um festzustellen, ob sie gut- oder bösartig ist.

Nach einer weiteren Wartezeit konnte ich nach unten gehen, wo ich die beiden Arzttermine bekam und die Rechnung begleichen durfte: zuzüglich zum Vorgenannten 705 Baht für Arzt und Management und 455 Baht für die beiden Fläschchen Augentropfen. Dazu erhielt ich aber ein schönes Stofftäschchen.

Es war noch zu früh, um nach hause zu gehen, und so fuhren wir mit der MTR die eine Station zur Sukhumvit, wo wir in die BTS umstiegen und eine Station weiter nach Phrom Phong fuhren. Meine Gattin wollte schon lange mal ins Emporium. Sie kaufte dann ein paar Dinge in der Lebensmittelabteilung. Daran angrenzend gibt es einige kleine Restaurants und im Duke´s Expresse habe ich eine meiner besten Pizzen in Thailand gegessen, griechisch, mit viel Schafskäse.
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #40 am: 10. Juli 2022, 10:10:03 »

2.Besuch in der Rutnin

Montag, der 2.Mai, war ja ein Ersatzfeiertag für den Sonntag. Es war wenig los auf der Straße, doch in der Rutnin Augenklinik war voller Betrieb. Den Termin, auf den ich tags zuvor noch per SMS auf mein tragbares Telefongerät hingewiesen worden war, hatte ich um 15.40 Uhr. Erst dreieinhalb Stunden später sollte ich die Klinik wieder verlassen. Meine Gattin hatte sich etwas zu lesen mitgenommen und kuschelte sich in einen der Wartesessel. Die Eingangsuntersuchung verlief schneller, zumal ich darauf hingewiesen hatte, dass ich wegen meines linken Auges gekommen war. Aber die 230 Baht für Medical Service müssen ja begründet sein.

Auf dem Bildschirm lief Rocky IV, was mir Übelkeit verursachte. Aber ich verspüre nie Langeweile, obwohl der Termin mehr als eine Stunde überzogen wurde. Die antibiotischen Augentropfen, die ich genommen hatte - die einen dreimal täglich, die anderen alle 3 Stunden -, hatten erwartungsgemäß keine Veränderung gebracht. Auf dem Bild, das die Ärztin von der Spaltlampe an die Wand projizierte, waren der Pickel und die umgebenden Adern gut zu erkennen. Die zweite Ärztin arbeitete nebenan. Sie machte einen kompetenten Eindruck. Sie stellte fest, dass die Masse, wie sie sagte, auf der Hornhaut beweglich sei, also nur aufsitzt. Dennoch sollte sie entfernt und untersucht werden. Die Operation sei, wie mir die erste Ärztin dann weiter erklärte, kein großes Problem. Das Auge werde betäubt und mit einem Gerät offen gehalten, die Masse werde herausgeschnitten und die Öffnung mit 3,4 Stichen vernäht. Falls das Loch zu groß sei, könnte künstliche Hornhaut eingefügt werden. Sie zeichnete ein Auge und malte darin 4 Kreuze. Es dürfe nur nach der OP eine Woche lang kein Wasser ins Auge gelangen. Das Gesicht müsste mit einem feuchten Tuch gereinigt werden. Auf die Frage nach dem Haare waschen meinte sie, das müsse jemand anders bei zurück geneigtem Kopf übernehmen oder eben der Friseur.

Ich hatte mich bisher ohne Schwierigkeit in Englisch unterhalten und war bewusst allein in die Untersuchung gegangen. Jetzt bat ich, meine Frau hinzu zu holen und ihr alles zu erklären. Wir fragten nach den Kosten der Operation. Dies würde uns eine Schwester anschließend ausführen. Wir sprachen darüber, dass wir nicht krankenversichert sind. Die Ärztin meinte, wir könnten die Operation auch kostengünstiger in einem öffentlichen Krankenhaus durchführen lassen. Sie würde dann alle Unterlagen mitgeben. Wir müssten uns auch nicht gleich entscheiden, sondern könnten die weitere Entwicklung der Masse beobachten und anhand von Bildern dokumentieren. Ein Foto würde 500 Baht kosten.

Wir nahmen im Wartesaal platz. Nach geraumer Zeit erschien eine Schwester und fragte uns, ob es uns recht sei, wenn sie hier mit uns spreche, da der Doktor gerade mit einem Patienten beschäftigt sei. Sie führte uns etwas abseits. Meine Frau sagte mir später, dass sie gesehen hatte, dass eine Ärztin allein in den Raum war, aus dem die Schwester kam. Diese zeigte uns nun ein bedrucktes Papier, auf dem unten in großen Ziffern mit Kugelschreiber der Betrag stand: 25 – 35 000. Wir waren baff. Die Situation hatte etwas von einem indischen Schneiderladen, aber wir hatten ja keine Vorstellung von den Kosten. Auf meine Frage nach der Spanne im Betrag meinte sie, das käme auf die Operationsdauer an. Ob damit auch die Kosten für das Fädenziehen eingeschlossen sind? „Yes, operation and after-operation.“ Wenn wir uns zur OP entschließen würden, sollten wir sie anrufen. Sie forderte meine Frau auf, mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass die Aufklärung stattgefunden hat. Weder habe ich dieses Papier zu Gesicht bekommen, noch erhielten wir ihren Namen und Telefonnummer.

Dann sollte ich mit ihr gehen, um das Foto zu machen. Meine Frau und ich sahen uns an. Dies war mit der Ärztin nicht abgemacht. Aber wir waren einverstanden. Auf dem Weg versuchte sich die Schwester einzuschleimen. „Oh, I see you´re from Germany. I like Germany.“ Sie brachte mich in einen Raum, in dem einige Patienten saßen, denen eine Schwester in kurzen Abständen Augentropfen verabreichte. Es gab Behandlungskabinen und tiefer drinnen weitere Räume, auf die unsere Nurse zuschritt. Ich durfte platz nehmen und warten. Nach kurzer Zeit kam sie lächelnd wieder heraus. Ich wartete eine weitere halbe Stunde, bis ich nach hinten gerufen wurde, wo ein junger Mann an einer einfachen Spaltlampe Aufnahmen machte. Ich wollte sie gleich mitnehmen, aber er sagte, er würde sie runter schicken.

Unten an der Rezeption bekam ich einen weiteren Termin für den 30.Mai. Ich zahlte an der Kasse. Erst als ich anschließend die Rechnung in den Händen hielt, sah ich, dass da für Polaroid 1000 Baht stand. Ich verwies darauf, dass die Ärztin von 500 Baht gesprochen hatte. Die Damen wollten Rücksprache halten und nach einen kurzen Telefonat per Handy gab man mir einen 500 Baht Schein und eine neue Rechnung. Sie hatten wohl mit ihrer Kollegin gesprochen und das bereitgelegte Geld raus rücken müssen. Das Lächeln und die Freundlichkeit waren verschwunden. Ich verlangte die Aufnahme und erhielt ein bedrucktes DIN A4 Blatt mit zwei unbrauchbaren Bildern (aus acht) eines Auges, seitenverkehrt und unscharf. Wir verließen die Klinik mit der Absicht, nicht mehr wieder zu kommen. So kann man auch in einer renommierten Einrichtung Gefahr laufen, Opfer des Volkssports zu werden: Wie kann ich meinen Mitmenschen übers Ohr hauen.
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Suksabai

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #41 am: 10. Juli 2022, 11:16:46 »


Ich verfolge deine Story mit grossem Interesse.
Deswegen meine Frage:
ist es genehm, dass ich zu diesem Thema (Augenarzt) eine kleine Episode aus meinem Leben hinzufüge?

Wenn nicht - kein Problem, alles lässt sich wieder löschen...

Also, wie schon (ich glaube 2016) berichtet, folgendes:

Am Beispiel Katarakt (Linseneintrübung) ein Beispiel meinerseits:

in Pattaya Spezialklinik: ja, beide Augen betroffen, 50.000 Baht per Auge...
in Pattaya Augenarzt, ebenfalls Spezialist für Katarakt: ja, beide Augen betroffen, 60.000 Baht per Auge...
in Ubon Ratchathani, Privatklinik des ehm. Leiters der Ophthalmologie Suppasittipasong Hospital:
je nach eigesetzter Linse zwischen 18-23.000 Baht, für ein Auge, das andere war zu dem Zeitpunkt nicht beeinträchtigt
Die OP des rechten Auges wurde computergestützt duchgeführt und war ein voller Erfolg...


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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #42 am: 10. Juli 2022, 14:34:45 »

Ich habe in keinster Weise etwas dagegen, wenn Fragen, Bemerkungen und auch eigene Erfahrungen eingefügt werden. Wie gesagt, mein Fall liegt 11 Jahre zurück und ich gebe wieder, was ich damals verfaßt habe, als das Geschehen noch frisch war.
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #43 am: 10. Juli 2022, 20:43:55 »

Ich mache mal weiter, denn die Geschichte mit dem Auge ist lang und mit der Operation nicht zu Ende. Aber ich hoffe, dass sie mit den vielen Details und dem Beschreiben meiner Empfindungen, dem Auf und Ab der Gefühle nicht nur unterhält, sondern sich gut nachvollziehen lässt. So sah mein Auge aus:




Im Chulalongkorn

Freunde und Verwandte hatten sich von Anfang an bereit erklärt, bei der Suche nach einem Augenarzt zu helfen. In die engere Auswahl kamen eigentlich nur das Siriraj und das Chulalongkorn. Zwar betreiben nicht wenige Augenärzte, die in einem Krankenhaus angestellt sind, an Wochenenden und in den Abendstunden, ihre eigene Praxis, aber zu Unzeiten in die nächste Provinz zu fahren, war keine Lösung. Schließlich machte eine liebe Verwandte einen Termin bei einem Arzt im Chula und war bereit, uns dorthin zu begleiten. Wie sinnvoll diese Hilfe war, sahen wir gleich.

In ihrem Büro, das in der Nähe des Krankenhauses liegt, machte sie noch die erforderliche Kopie von meinem Pass. Über den Eingang für Notfälle gelangten wir auf Umwegen zur Anmeldung. Dass der Eingang an der anderer Straße liegt, bemerkten wir erst beim zweiten Besuch. Das Chulalongkorn Hospital selbst und seine Lehreinrichtungen besteht aus zahlreichen Gebäuden. Das weite Areal ist zum Teil eine Baustelle. Der Augenfachbereich ist im elften Stock eines der Hochhäuser. Unten mussten wir uns anmelden. In dem Chaos hätten wir uns nicht zurechtgefunden. Meine Frau erleidet schon beim Gedanken an Behörden, Formularen und Uniformen körperliche Abwehrreaktionen. Nirgends war ein Wort in Englisch zu lesen oder zu hören. Die Verwandte ging für uns an den richtigen der vielen Schalter und füllte den Bogen aus. Meine Daten musste ich aber dann doch in Englisch nachtragen. Das Krankenhaus wird vom Roten Kreuz geführt und Schwestern verkauften Ansteckblumen und an einem Stand Andenken und T-Shirts. Alle liefen durcheinander.

Wir wurden zu einem anderen Schalter gerufen und nachdem ein Bild von mir gemacht worden war, bekam ich meinen Ausweis in Scheckkartenformat mit Foto. Die Kosten von 30 Baht waren sofort zu begleichen. Ich erhielt einen Zettel, den ich an der Anmeldung im elften Stock auf einen Nagel spießen durfte. Im Saal saßen etwa 100 Personen, aber ich musste nicht lange warten, bis ich in den nächsten Raum gerufen wurde, wo sich der Reihe nach alle vor zwei Spaltlampen setzen mussten und den Augendruck und noch was gemessen bekamen. Es gab kleine getränkte Tupfer zum Abwischen der Auflagen für Kinn und Stirn. Unsere Mappe durften wir in den nächsten Raum mitnehmen, wo die Sehstärke durch Ablesen der Ziffern getestet wurde. Alles verlief routiniert und das Personal war sehr freundlich. Nur Englisch sprechen sie nicht gern, dafür die Ärzte um so besser.

Dem Arzt konnte ich die vagen Diagnosen der Rutnin vorlegen und er gab mir gleich einen Termin für Sonntag Vormittag bei einer anderen Ärztin. Obwohl er eine Infektion ausschloss und auch zur Entfernung und histologischen Untersuchung des Pickels riet, sollte ich die einen Augentropfen weiter anwenden. Er hinterließ einen sehr positiven Eindruck.

Während wir im Wartesaal auf das Ausstellen der Rechnung warteten, konnten wir einen umfassenden Blick auf den Lumpini Park werfen. Und auf das Dusit Thani Hotel. Als wir vor 36 Jahren heiraten - an der anderen Straßenecke in der Schlangenfarm mussten wir uns damals die vorgeschriebenen Impfungen für die Einreise nach Deutschland geben lassen -, war dies das höchste Gebäude in Bangkok. Bald wurde mein Name, also immer Mister und der Vornahme, ausgerufen und gleich der Betrag dazu, der zu zahlen war: 420 Baht, davon 300 für den Arzt.

Anschließend wollten wir noch in der Silom schoppen gehen. Wir kamen aber nur bis zum Tops in einem Untergeschoss. Als wir wieder raufkamen, goss es in Strömen. Wir beschlossen heimzufahren, mit der U-Bahn von Silom nach Phetchaburi und von da, bzw. Makkasan mit dem Airportlink. Eine nette Begegnung hatte ich noch; eine junge Dame bestand mit einem Lächeln darauf, mir ihren Schirm anzubieten für die paar Schritte vom Geschäft zum Fußgängerübergang, der zur U-Bahn Station und zur BTS Station führt. Meine Gattin hatte sie gar nicht wahrgenommen, aber die Zeiten der Eifersucht sind längst vorbei.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #44 am: 11. Juli 2022, 11:24:37 »

2.Besuch im Chulalongkorn

An einem Sonntagmorgen herrscht kein Gedränge in den Zügen von Airportlink und U-Bahn und wir konnten entspannt praktisch bis vor den Eingang des Krankenhauses fahren. Über die Fußgängerbrücke und den uns bekannten Schleichweg gelangten wir in den elften Stock und spießten den Terminzettel auf den Nagel an der Anmeldung. Da so jeder Patient der Reihe nach drankommt und auch keine feste Uhrzeit sondern eine Zeitspanne als Termin angegeben ist, entsteht keine Ungeduld und kein Drängen. Und obwohl mehr Patienten und Angehörige warten als im Rutnin, geht alles zügiger von statten als dort. Das Personal ist freundlich und hilfsbereit, macht gerne Scherze und ist keinesfalls hochnäsig. Sie freuen sich, einen wiederzusehen. Für einen jungen Pfleger, der bei meinem letzten Sehtest froh war, dass ich etwas Thai sprechen konnte, bin ich eben Mr. John. Heute assistierte er der Frau Doktor, wobei er zunächst die Reihenfolge des Eintretens festlegte. Zuvor hatte ich wie üblich die Tests in Raum 1 und 2 zu absolvieren.

Die Frau Doktor war uns sofort sympathisch. Ihr Name wurde mir anschließend als Dr. Ausanee, sprich Ussani, aufgeschrieben. Ihr Englisch war perfekt. Meiner Gattin fiel auf, dass sie mehr mit mir als mit ihr sprach. Sie untersuchte die Beschaffenheit und Beweglichkeit der Wucherung und hielt die Entfernung für das Beste. Sie würde in genügend Abstand herum schneiden. Ob dann nicht ein großes Loch entstehen würde? Nein, und es würden auch keine Narben bleiben. Ob genäht werden muss? Nein, aber das könne sie mit mir ja während der Operation noch besprechen, ich sei ja bei Bewusstsein. Sie spürte meine Besorgnis und versprach: „I promise, I won´t hurt you!“ Sie werde die Masse anheben - sie führte Daumen und Zeigefinger zusammen und nach oben - und „schnipp, schnipp!“; sie machte die entsprechende Bewegung dazu. Als wir dann nach den Kosten fragten und sie etwas von 10 000 sagte, war die Entscheidung gefallen. Ich empfand völliges Vertrauen zu ihr.

Ich weiß nicht, ob sie nur an Wochenenden praktiziert. Jedenfalls wurde der nächste Samstag als OP-Tag und der Sonntag als Tag der ersten Nachuntersuchung von ihr festgelegt. Eine Schwester sollte mir das Nähere erläutern. Diese führte mich in einen Raum mit vielen Wandschränken, in dem auch drei Liegen standen. Da gab es ein kleines Missverständnis. Sie sagte etwas von 6 und 7 Uhr, was mir doch recht früh vorkam und ich fragte, ob wir den Termin nicht um 8 machen könnten, da wir ja eine weite Anreise hätten. Sie wollte die Frau Doktor fragen und ließ mich allein. Eine andere Schwester kam und verwies mich aus dem Raum zurück in den Ärzte-Wartesaal. 8 Uhr war in Ordnung. Wir wussten aber nicht, dass alle zu Operierenden zwischen 6 und 7 erscheinen sollten, um eingewiesen und vorbereitet zu werden. Es wurde noch nach Erkrankungen und Medikamenten gefragt und uns der Terminschein, sowie ein Merkblatt in Thai und ein Lageplan ausgehändigt, denn der Eingriff sollte in einem anderen Gebäude stattfinden. Und er würde mehr als 10 000 kosten, aber keine 20 000. Nur kurz mussten wir warten, bis ich zum Bezahlen der Rechnung aufgerufen wurde. Wieder 420 Baht wie letztes Mal.

Wir fanden über den Haupteingang aus dem Gebäude und liefen die Silom hinunter. Es war nicht viel los um diese Zeit. Wir tranken einen überteuerten Cappuccino an der Straße. Direkt an der BTS Station Sala Deng gibt es ein größeres Kaufhaus und kaum hatte wir das Fuji-Schild gesehen, steuerten wir auch darauf zu. Wir sind 2-3 mal im Monat Gast bei diesem Japaner. Danach wollte meine liebe Gattin noch ins Paragon, das ja nur zwei Stationen weit entfernt ist. Sie durchstreift dort gern den Supermarkt und vergleicht das Angebot und die Preise. Einkaufen tut sie nur wenig, vielleicht Kräuter und Salate und saure Drops von Nimm2. Anschließend tranken wir noch wie schon öfters einen Kaffee an einem Koiteich im Außenbereich. In Phayathai stiegen wir in den Airportlink und fuhren zufrieden nach hause.
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