So um 1950 herum war die Zukunft von Oesterreich und damit
auch Wiens nicht ganz sicher.
Die Kommunisten scharrten mit den Hufen und probten sich im
Einvernehmen mit den Sowjets,die Staatsmacht zu uebernehmen.
Dadurch fielen die Grundstueckpreise und die Geschaeftsmieten
auf historisch niedrigste Staende.
Genau zu dieser Zeit gruendete Frau (Dr. Antoinette) Greiler vulgo
Antonia Greiler ihre Moebelfirma.
Sie war gebuertige Polin juedischer Herkunft und hatte den Holocaust
ueberlebt.
Auf der Suche nach einem geeigneten Standort bot man ihr Raeumlich-
keiten im Trattnerhof (erster Bezirk) an.Das war wichtig,denn vertrauens-
wuerdige Fimen hatten damals in der City ihre Adresse.
Um den vergleichsweise niedrigen Monatszins aufzubessern,ueberredete
man sie,doch auch das Kellergewoelbe anzumieten.
So geschah es und der Keller diente ueber Jahrzehnte als Rumpelkammer,
wo alles,im wahrsten Sinne des Wortes,hineingeworfen wurde,was nicht
mehr brauchbar schien.
Die Etage die Frau Greiler anmietete,diente zuvor den sowjetischen Besatz-
ern als Verrechnungsstelle fuer die USIA - Betriebe.Ein begehbarer Tresor
mit einer 50 cm dicken Stahltuere zeugte davon.
1974,Frau Greiler war mittlerweile in die Jahre gekommen,und wollte ihr sehr
gut gehendes Geschaeft verkaufen.Die Firma Gordis war inzwischen die erste
Adresse fuer Designermoebel geworden,alle Architekten waren gezwungen
bei ihr einzukaufen und die Preise,die ausgelobt waren, waren astronomisch.
Ich war damals bei den zaehen Verhandlungen dabei,als Hans Taus die Firma
kaufte.
Die 3 Mio ATS als Abloese fuer das Lager,ok.Der Goodwil von nochmals 3 Mio
ATS kaufmaennisch nicht mehr vertretbar,zumal noch ein 60 Monate laufender
Konsulentenvertrag mit 30.000 ATS p/m gefordert wurde.
Denn Goodwill konnten wir allerdingsauf eine Leibrente umbiegen.Weitere
40.000 ATS als Kostenfaktor in der G/V Rechnung.
Allen Warnungen zum Trotze,Herr Taus schlug zu.
Seine Argumentation war,dass ihm Frau Greiler gebeichtet hat,sie haette nur
mehr 2-3 Monate zu leben,mehr wuerden ihr die Aerzte nicht mehr zubilligen.
Und mit ihrem Tode,erlischt der Konsulentenvertrag und auch die Leibrente.
Sobald der Kaufvertrag unterschrieben war,gesundete Frau Greiler auf wunder-
same Weise und starb erst in den spaeten 90ern.
Nach der Firmenuebernahme machte sich unsere Mannschaft daran,den Keller
zu entmisten. Er war 400 m2 gross und es dauererte Tage,bis er geleert war.
Als er leer war und man die Tuere im hinteren Teil oeffnete,fand man darunter
einen weiteren Keller mit 400 m2,der ebenfalls vollgeraeumt war.
Als auch dieser Keller endlich frei lag,eine weitere Tuere ,die zu einem 3.Keller
fuehrte,der genauso gross war aber nicht so vollgeruempelt.
Dafuer wartete eine andere Ueberraschung.
Auf einem vermoderten Sessel fand sich ein Gerippe mit den Resten einer sow-
jetischen Uniform.
Das hatte zur Folge,dass das weibliche Raeumungskommando fluchtartig die
Katakombe verliess und seither wahrscheinlich niemehr eine weibliche Person
da unten war.
Ja,das unterirdische Wien ist geheimnisvoll und noch lange nicht vollstaendig
erforscht.
Da gibt es Strecken fuer die U-Bahn,die noch nie ein Passagier befahren hat,
da gibt es Gaenge,die vor Jahrhunderten angelegt wurden,irgendwann zuge-
mauert und vergessen wurden.
Da gibt es Keller,die 3 stoeckig tief reichen,Verbindungsgaenge untereinander
haben,verschwiegene Fluchtwege fuer die Kaiserfamilie,oberirdische Strassen,
denen unterirdische Strassen genau folgen u.s.w.
Die Kanalisiation von Wien,war nicht nur im Film "Der Dritte Mann" Hintergrund
gewisser Geschaefte,sondern spielte auch im realen Leben der Wiener eine Rolle.
Die "Strotter" eine Gemeinschaft von 150 - 200 Koepfe gross,lebte und 'arbeitete"
im Verborgenen da unten.
Sie fischten Leichenteile,Tierkoerper und Knochen aus dem Abfluss und verkauften
sie an Seifenfabriken.
Unter der Michaelerkirche ist Aschenputtel begraben.Eine weibliche Leiche,der ein
Schuh fehlt.Tausende von Totenschaedel grinsen den Besucher an und werfen ihm
die Botschaft zu : Bald bist du einer von uns !
Aber bis es so weit ist,laesst man sich das Bier im oberirdischen Schanigarten noch
schmecken.
Jock