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Die Zuckerkrankheit - Ein Überlick

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drwkempf:
Abschnitt IV:


Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus

Diese Folge- oder Begleiterkrankungen verursachen heute die eigentlichen Probleme, mit denen Diabetiker konfrontiert werden.
Überhöhte Blutzuckerwerte stören den Säure-Basenhalt des Blutes und fördern die Arterienverkalkung. Dabei sind nicht nur die großkalibrigen Arterien im Körper betroffen, sondern auch die kleinen und allerkleinsten Arteriolen, die schließlich die einzelnen Körperzellen mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nahrungsmitteln versorgen.
Das Erkrankungsbild bezeichnen wir demgemäß als „Diabetische Angiopathie“.

Diese Erkrankung tritt schleichend ein und wird meist erst bemerkt, wenn bereits irreparable Schäden eingetreten sind. Bevorzugt sind neben den Nieren und Augen die unteren Gliedmaßen und hier wiederum die Füße betroffen.

Gehen wir die wichtigsten Folgeerkrankungen Schritt für Schritt durch:
Da ist zunächst die Schädigung der Nieren (Diabetische Nephropathie), die bis zum totalen Nierenversagen führen kann und die Patienten dialysepflichtig macht. Ursache ist wie immer die diabetesbedingte Mangeldurchblutung, die die Nierenzellen absterben lässt.
Folgeerkrankung des chronischen Nierenversagens ist wiederum meist ein nur schlecht behandelbarer Bluthochdruck mit dem lebensbedrohlichen Infarktrisiko.
Mehr als die Hälfte aller Dialysepatienten sind zuckerkrank und wären ohne ihre Zuckerkrankheit nie dialysepflichtig geworden.


Als nächste Erkrankung wollen wir die Diabetische Retinopathie beschreiben.
Bei dieser Erkrankung führt die arteriosklerosebedingte Verengung der kleinsten Arterien in der Netzhaut (Retina) zum Absterben der Sehzellen, die Patienten erblinden schließlich.
Von dieser Erkrankung sind vor allem auch die Typ 1-Diabetiker betroffen, fast alle erkranken zumindest an einer nicht ganz so schwer ausgeprägten Form der Erkrankung, bei den Typ 2-Diabetikern ist aber auch noch jeder vierte Patient betroffen.
Diese Erkrankung ist unheilbar, es ist als mehr als sinnvoll, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.
Logische Folge der hier erwähnten Fakten ist, dass ein Diabetiker regelmäßig vom Augenarzt untersucht werden muss!

Am häufigsten kommen Diabetiker wegen Durchblutungsstörungen in den Beinen und Füßen zum Arzt. Viele leiden ganz erheblich unter dem Diabetischen Fußsyndrom.
Was passiert hier?
Nun, wir wissen es bereits. Durch den überhöhten Blutzucker ist es zur Bildung von Ablagerungen an den Blutgefäßwänden gekommen, sodass sich die Gefäßlichtung mehr und mehr verengt hat. Schließlich ist der verbliebene Innendurchmesser der kleinsten so gering geworden, dass nicht einmal mehr die kleinen roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, die den Sauerstoff zu den Zellen im Endstromgebiet transportieren, durch diese verengten Blutgefäße passen. Logische Folge ist die fortschreitende Sauerstoffverarmung der Zellen und die begleitende Übersäuerung der Zellen, da ohne Erythrozyten auch das saure Kohlendioxyd nicht mehr abtransportiert werden kann. Auch andere Stoffwechselprodukte der Zellen können nicht mehr abtransportiert werden, die Katastrophe ist perfekt.
All das bahnt sich in den Beinen und Füßen langsam und völlig unbemerkt an.
Zuerst werden nämlich die Nervenzellen geschädigt, und zwar ganz zu allererst die Zellen der Schmerzleitung, die zuerst untergehen und so das wichtigste Warnsystem des Körpers lahm legen.
Der Patient bemerkt also lange Zeit gar nichts von dem sich anbahnenden Drama – wo nichts weh tut, kann ja gar nichts krank sein! Ein fataler Irrtum, weiß Gott!
Wir ziehen uns an unseren Bienen und Füßen immer wieder kleine Verletzungen durch, die wir wegen des damit verbundenen Schmerzes bemerken und daher rechtzeitig behandeln. Das ist eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert, heilt doch bei intakter Durchblutung alles über kurz oder lang ohne wesentliche Folgen ab.
Der Diabetiker tritt anders als gefäßgesunde Menschen bei jeder Fußverletzung in eine gefährliche Falle.
Die Verletzung bleibt unbemerkt, da sie ja nicht weh tut, sie heilt aber auch nicht einfach ohne weiteres ab, da zu einer normalen Wundheilung die Durchblutung im Wundgebiet auf das achtfache gesteigert werden müsste, ein für einen Diabetiker schließlich unmögliches Verlangen!
Dazu kommt die Wundinfektion, Bakterien sind schließlich überall, und die körpereigene Immunabwehr, die eigentlich für solche Notfälle eingesetzt werden könnte, erreicht den Tatort gar nicht mehr. Weiße Blutkörperchen sind ja viel größer als die kleinen roten Blutkörperchen – wo rote Blutkörperchen nicht mehr hinkommen, kommen die weißen Polizisten schon gar nicht mehr hin!
Nun kommt eines zum anderen.
Trotz aller therapeutischen Maßnahmen heilt die Wund nicht nur nicht mehr ab, sie wird viel mehr größer und größer, schließlich droht die Blutvergiftung.
(Merke: die Venen, die zum Herzen zurückführen, sind von der Zuckerkrankheit kaum betroffen!)
Jetzt bleibt nur noch die Amputation, um zu retten, was zu retten ist.
Diese Amputation muss möglichst weit im (noch) gesunden Gewebe erfolgen, dass eine reelle Heilungschance besteht.

Diabetikern droht also nicht nur die Dialysemaschine, sondern auch noch der Verlust von Augenlicht und Beinen.
Damit genug? Weit gefehlt!

Der Diabetes führt auch zur Verengung der größeren Arterien. Hier sind besonders die Arterien des Gehirns und unser Herzkranzgefäße zu erwähnen.

Sterben durch Sauerstoffmangel Nervenzellen im Gehirn ab, so lässt die Leistungsfähigkeit diese hochsensiblen Systems mehr und mehr nach, der ohnehin altersbedingten Minderung der Hirnleistung pfropft sich die sauerstoffmangelbedingte Minderung zusätzlich auf. Manchen Diabetikern ist das leicht anzumerken, sie verdummen vor der Zeit, aber auch andere Hirnareale wie z.B. das Gleichgewichtsareal kann betroffen sein uns so zu einer massiven Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes führen.

Nicht nur die Augen leiden, auch die Ohren.
Hier spielt aber eher die diabetesbedingte Mikroangiopathie eine Rolle.

Auch auf die Potenz kann sich die Zuckerkrankheit auswirken, nicht aber auf die Libido. Das „Wollen“ bleibt unverändert erhalten, nur das „Können“ klappt nicht mehr.
Da helfen dann auch keine Potenzmittelchen mehr, die ja ausnahmslos auf eine Durchblutungssteigerung abzielen, auf eben das, was dem zuckerkranken „Gefäßkrüppel“ ja nicht mehr möglich ist.
Also NNZP – solange die Prostata mitmacht.


Verengen sich durch die Arterienverkalkung unsere Herzkranzgefäße, so hat das schließlich zur Folge, dass durch die daraus resultierende Mangeldurchblutung immer mehr Herzleistung verloren geht, auch wenn es gar nicht zu einem größeren Infarkt gekommen ist.
Dieses Erkrankungsbild wird als Diabetische Kardiomyopathie bezeichnet.


Die durch die Zuckerkrankheit ausgelöste Arterienverkalkung hat noch eine weitere unangenehme Eigenheit. Durch die erstarrenden Arterienwände kommt es zum Bluthochdruck, durch den hohen Blutdruck, der noch zusätzlich durch den verzweifelten Versuch des Körpers gefördert wird, die Organe mit genug Blut und damit auch mit genug Sauerstoff zu versorgen, kommt es zu einer mechanischen Schädigung der Arterieninnenwände. Hier entstehen pressstrahlbedingt besonders an den Gefäßverzweigungen immer wieder kleine Verletzungen, die zur Narbenbildung und zur Anlagerung von Schlackenstoffen führen. Dadurch verengt sich der Blutgefäßquerschnitt zusätzlich, was wiederum den Bluthochdruck fördert - und so weiter und so weiter…
Wir sehen, auch das ist ein Teufelskreis, aus dem die Patienten irgendwann nicht mehr herauskommen.

Irgendwann haben diese Patienten plötzlich wieder ganz normale Blutdruckwerte, vielleicht sind die Werte sogar eher niedrig .
Ist jetzt wieder alles im grünen Bereich?
Keineswegs! Ursache der „Blutdrucknormalisierung“ ist die Tatsache, dass gegen Ende der Erkrankung die Herzleistung so weit in die Knie gegangen ist, dass gar kein Bluthochdruck mehr erzeugt werden kann. Aber eine Steigerung der Herzleistung bei anderweitigem Bedarf ist eben auch nicht mehr möglich.
So langsam gehen die Lichter aus.


Was bleibt zu tun?
Es darf erst gar nicht zum Eintritt in die Teufelsachterbahn kommen!
Den Diabetikern bleibt keine Wahl. Wenn sie bei einiger Lebensqualität ein normales Alter erreichen wollen, dann müssen sie die oben aufgeführten Regeln beherzigen. Tun sie das nicht, so springen sie freiwillig auf den Zug ins Diabetikerelend. Herzkrank, nierenkrank, mehr oder weniger blind, kaum noch gehfähig, impotent, das ist das traurige Schicksal der Diabetiker, die alle guten Ratschläge in den Wind geschlagen haben.


Es soll  am Schluss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass mögliche Unklarheiten im Tip-Forum ausgeräumt werden können. Die meisten verbliebenen Fragen werden von Allgemeininteresse zumindest im Kreis der betroffenen Diabetiker sein uns sollten deshalb öffentlich gestellt und beantwortet werden.


drwkempf

Kern:
Kompliment, drwkempf


Beeindruckend umfassend und verstaendlich geschrieben.


Gruss  Achim

juerken:
Gruaß dich Wolfram
Herzlichen Dank. daß du mit der Krankheit Diabetis einen eigenen Thread aufgemacht hast. Hier kann jeder für sich seine Erkenntnisse sammeln und nicht mit 2 Zeilern über diese Krankheit schreiben..

Einiges weiß ich aus leidlicher Selbsterfahrung und ich sehe mich, mit deinem Thread, da angesprochen bei dem ich nicht
soviel wußte oder zu oberflächlich mit der Krankheit umging.

Dieser Thread ist die beste Hilfe zur Selbsthilfe und Selbsterkenntnis.
Nochmals -  danke.

Gruß Jürgen

phumphat:
@drwkempf
Auch von mir recht herzlichen Dank, für die ausführliche Dokumentation.
Zum Glück bin ich ja nicht betroffen von dieser gefährlichen Krankheit.
Bin aber dankbar für jedeglichen Hinweis im Bezug auf ein gesundes Leben.

phumphat


quaychang:
@drwkempf

Danke, das war eine umfasste und vor allem fuer jeden, leicht verstaendliche Information zum Thema Zuckerkrankheit.

Leider wird das Problem gerade in Suedost-Asien und speziell in Thaland bei Auslaendern stark vernachlaessigt bzw. verharmlost. Aber gerade wenn man hier lebt, ist die Gefahr besonders gross. Man nimmt, meist unbewusst, sehr viel mehr Zucker zu sich. Thailaendische Kueche verwendet bei der Zubereitung extrem viel Zucker. Das gilt auch fuer vermeintlich nicht suesse Speisen!!!

Hinzu kommen erhoehter Alkhoholkonsum, Softdrinks und mangelnde Bewegung (Bathbus fahren ist ja sooo billig...).

Ich selbst habe leider sehr viel Freunde und Bekannte an Diabetes in Thailand sterben sehen. Vieles waere, bei entsprechender Vorsorge auch von Seitens der Patienten, vermeidbar gewesen.

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