Ich hätte es wissen müssen: Man sollte nie einen anonymen Leserbrief in Druck geben. Im Internet-Zeitalter schon gar nicht diejenigen mit eindrucksvollem Indianernamen, doch fehlender Adresse...
Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, daß der im vorigen TIP abgedruckte Brief eines angeblichen
„Albert Sommer“ an mich nur weitergeleitet wurde. Und daß es zunächst nicht zwingend ersichtlich war, ob es den selbsternannten Thai-Sprachexperten „Albert Sommer“ tatsächlich gab oder nicht.
Aber egal. Jedenfalls wurde sein Leserbrief im TIP und im Forum beantwortet (
http://forum.thailand-tip.com/index.php?topic=3261.15 ).
Leser sind schließlich Kunden, die normalerweise zurecht Anspruch darauf erheben, ernst genommen zu werden. Das gilt auch dann, wenn sie, wie der angebliche „Albert Sommer“, trotz ihrer begrenzten eigenen Kenntnisse nicht nur als „Experten“ auftreten, sondern im gleichen Atemzug auch noch den anderen, den sie kritisieren, als dumm darstellen wollen. Mit einer sachgerechten Antwort auch auf einen unverschämten Brief sind solche Angelegenheiten dann normalerweise erledigt und vergessen.
Diesmal aber nicht. Dem selbsternannten Experten „Albert Sommer“ sprang jetzt nämlich ein weiterer, ebenso unbekannter Indianerhäuptling ohne Adresse zur Seite.
„Prof.Dr.Linder“ nennt er sich ehrfurchtheischend und zeichnet sich dadurch aus, daß er genauso wenig Ahnung wie der angebliche „Albert Sommer“ und – sieh mal an! – "zufällig" auch eine ebenso unverschämte Schreibe hat.
Weil die Sache aber lehrreich ist, gehe ich entgegen meiner Grundsätze nochmals vollständig darauf ein. Worum geht es? Die TIP Zentrale leitete mir ein Schreiben zur Antwort zu [gekürzte Wiedergabe]:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Aussage von Herrn Hensel einen Satz in Thai nur zu sagen, wenn er wirklich gut gelernt wurde, halte ich fuer uebertrieben. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn Herr Hensel als Experte der Thaisprache oeffentlich auftritt!
Wenn ein Thai fragt: “Khun mi Mia bpen kon Thai rue?“ lautet die bejahende Antwort nicht „chai khrap“ sondern „mi khrap“! Herr Hensel hat offenbar direkt aus dem Deutschen uebersetzt, denn da wuerde die Antwort „Ja“ (chai) heissen, dies ist in Thai aber nicht korrekt, da heisst es:“Habe“, also „mi“ bzw. „mi khrap“. [...]
Falls man die Thaisprache nicht wirklich in ihren „Nuancen“ beherrscht, sollte man es „eigentlich lieber bleiben lassen“ solche Artikel zu veroeffentlichen.
Freundlichen Gruss, Albert Sommer
Darauf meine Antwort:
Sehr geehrter Herr Sommer,
[...] Ich freue ich mich immer über Rückmeldungen zu meinen TIP-Beiträgen.[...] Nachdem Sie so gut Thai beherrschen, kann ich Sie nur herzlich einladen, sich auch an den Diskussionen im Sprachkapitel des TIP-Forums zu beteiligen.
Bemerkenswerterweise tat dies Herr Sommer nicht, obwohl ich ihm gleich noch den entsprechenden Link zur genauen Stelle schickte, wo ich seine Frage beantwortet hatte. Statt dessen machte er mich per E-Mail auf weitere, wenn auch nur seiner Ansicht nach bestehende Mängel in meinem Artikel aufmerksam.
Inzwischen hatte
Roy, nicht ohne Konsultation der TIP-Herausgeberin, den Brief von „Albert Sommer“ direkt beantwortet [leicht bearbeitet wiedergegeben]:
Bevor man einen nach meiner Kenntnis echten Thailandkenner so anzumachen versucht, hätte ich, der nun auch schon einige Jahre in Thailand lebt, einen ernstzunehmen Thai konsultiert.
An HMHs Stelle würde ich sehr martialisch sagen, Sie bitten um verbale Prügel.
Wenn Sie wenigstens sachlich recht haben würden...
Offen gesagt hatte auch ich von Anfang an das Gefühl, daß hier einer
um Prügel bittet, mir diese Bemerkung aber verkniffen. Auf die oben wiedergegebene Antwort äußerte sich „Albert Sommer“, der offenbar gut im Austeilen, aber ganz schlecht im Einstecken ist, dann allerdings in einer Weise, die meinerseits nur noch folgende Antwort hervorrief:
Normalerweise nehmen wir unsere Leser ernst. Sie nun allerdings nicht mehr.
Damit war für mich die Sache eigentlich erledigt, zumal die holde Gattin schon beim Lesen seines ersten Briefes die Augen rollte und meinte, daß es sie interessieren würde, in welcher Urwaldprovinz oder in welchem Kindergarten dieser angebliche „Albert Sommer“ wohl seine Thai-Kenntnisse erworben hätte.
In gewissen „Experten“kreisen war man mit der noch betont wohlwollenden Beantwortung im vorigen TIP indes keineswegs zufrieden. Erneut tauchte ein anonymer Häuptling auf, der identische orthographische Eigentümlichkeiten wie „Albert Sommer“ pflegt und ebenso wie dieser eine kostenlose „Wegwerf-Internet-Adresse“ mit irgendeinem Indianernamen plus Nummer nutzt, sich aber trotzdem
„Prof. Dr. Linder“ nennt. Dieser „Professor“ schrieb nun – nein, das ist wirklich kein Witz – gleich an die Herausgeberin des TIP persönlich, die mir folgendes zusandte [Fehler nicht bearbeitet]:
From: linder100@hotmail.com
Sent: Friday, October 16, 2009 4:29 PM
Subject: Leserbrief an die Herausgeberin der Tip-Zeitung
Sehr geehrte Frau Dettmar,
mit Kopfschuetteln und absoluten [sic] Unverstaendnis habe ich in der TIP-Zeitung vom Oktober 2009 die Sprachkolumne von H.M.Hensel gelesen.
Hensel schreibt darin ueber einen Leserbrief, indem [sic] kritisiert wird, wie Hensel eine Frage mit JA-Antwort auf Thai dargestellt hat.
Hensel weist diese Kritik zurueck mit der Begruendung, dass er sich schon seit Jahren mit der Thai-Sprache beschaeftigt hat. [sic] [Anmerkung: Das stimmt nicht. Die Kritik wurde zurueckgewiesen, weil sie sachlich falsch war. Die Zurückweisung wurde zudem rein sachlich begründet.]
Die Qualifikation liegt jedoch in der Qualitaet und nicht in der Quantitaet.
Manche lernen es nie!
Haette Hensel in einen [sic] der zahlreichen Sprachkursbuechern [sic] nachgeschlagen, haette er seinen Fehler erkennen koennen:
[...]
"Fuer die JA-Antwort wird das wichtigste Wort aus der Frage wiederholt(in der Regel das Verb).".
[...]
Selbst in den Phrasebook [sic] von lonely planet fuer Thai, welches ja nur eine Sprachhilfe anbietet, koennte Hensel lesen: "To answer (a yes question) just repeat the verb for 'yes'...".
Ich habe mir die Muehe gemacht und mehrere thailaendische Universitaetsdozenten, die ihre Muttersprache lehren, mit dieser Frage konsultiert, um absolut sicher zu sein, bevor ich diesen Leserbrief schreibe und ausnahmslos, wirklich ausnahmslos, wurde bestaetigt was der Leserbriefschreiber ausgefuehrt hat.
Hensel scheint also nicht nur ein sehr langsamer Lerner zu sein, denn nach Jahren im Umgang mit der Thai-Sprache sollte er inzwischen wissen wie in Thai eine JA-Frage korrekt beantwortet wird; sondern er scheint sogar weder faehig noch willens zu sein, den von ihm gemachten Fehler zu erkennen und diesen zu korrigieren.
Meine Freunde und ich ueberlegen, ob wir der TIP-Zeitung die Treue halten sollen, solange ein offentlicher Ignorant und Dilettant wie Hensel fuer dieses Blatt schreiben.
Ich behalte mir auch vor andere Medien darueber zu informieren.
Prof.Dr.Linder [sic]
Es ist schon bemerkenswert, daß sich ein angeblicher Professor, der nicht einmal die
deutsche Schreibe beherrscht, die Mühe macht, wie er jedenfalls behauptet, „mehrere thailaendische Universitaetsdozenten“, mit einer Frage zur
Thai Sprache zu „konsultieren“.
Ziemlich beispiellos dürfte allerdings die Unverschämtheit dieses
offensichtlich ahnungslosen Möchtegern-Experten sein, sich nicht nur selbst als Experte aufzublasen, sondern zugleich auch noch die erschütternde Drohung auszustoßen, daß man dem TIP „untreu“ würde und obendrein auch noch „andere Medien“ darüber informieren würde, was hier frecherweise den Lesern alles erzählt würde...
Zunächst ist es mir entgegen meiner sonst gepflegten Höflichkeit ein Anliegen, hier mal deutlich zu machen, daß mir
erstens solche aufgeblasenen Spinner wie der aggressive „Prof.Dr.Linder“ als Leser schon immer schnurz waren.
Zweitens will ich
für alle anderen, ggf. höflich schreibenden, interessierten Leser aber noch einmal begründen, warum die
vermutlich identischen oder zumindest nahe "geistesverwandten" Indianerhäuptlinge „Albert Sommer“ und „Prof.Dr.Linder“ mit ihrer Ansicht nicht nur falsch liegen, sondern warum sie offenbar nicht mal in der Lage waren, ihren angeblich „mehreren Universitaetsdozenten“ eine für
diese verständliche Frage zu stellen.
Also nochmals:Es ging es um die synonymen Begriffe
„Phanraya“ und
„Mia“, die für
„Ehefrau“ stehen. Daß es einen, wenn auch
winzigen Unterschied bei der Verwendung dieser beiden Worte gibt, versuchte ich unter anderem damit zu erklären:
Wahrscheinlich kann man als Ausländer mächtig Eindruck schinden, wenn man zum Beispiel auf die Frage คุณมีเมียเป็นคนไทยหรือครับ kun mi: mia bpen kon tai rü? kráb "Khun mi Mia pen kon Thai rue, khrap?" irgendeines wildfremden Taxifahrers in Bangkok die gut einstudierte Antwort gibt: ใช่ครับ ภรรยาผมเป็นคนไทยครับ tschâi kráb pan rá¿ ja: pom? bpen kon tai kráb Chai khrap. Phanraya phom pen khon Thai khrap.
Wenn man also auf die Frage „Haben Sie eine thailändische Frau (Mia)“ wie folgt antwortet: „Ja, meine Frau (Phanraya) ist Thai.“ Aber wehe, man hat das nicht wirklich gut gelernt; dann wirkt es lächerlich.
Dagegen setzt nun unser selbsternannter Professor ohne Adresse sein großartiges Kauderwelsch-Buch, in dem angeblich steht:
„To answer (a yes question) just repeat the verb for ‚yes‘...“– Na und?Nun ist allgemein bekannt, daß die meisten Lehr- und Wörterbücher für Thai, zumal diejenigen für Deutschsprachige, mittelmäßig bis katastrophal sind.
Daß sich aber einer, wie „Prof.Dr. Linder“ es tut, allen Ernstes auf irgendein
Kauderwelsch-Sprachbuch für Touristen bezieht, um anderen angebliche Fehler in deren Thai nachzuweisen, ist mir noch nicht untergekommen.
Es ist jedenfalls
falsch und steht so auch garantiert in keinem ernstzunehmenden Lehrbuch, daß man immer, um auf Thai eine Frage mit „Ja“ zu beantworten, „einfach das Verb wiederholt“, wie es unser
Professor Bababobo behauptet.
Richtig ist, daß immer der wichtigste Inhalt der Frage (!) wiederholt wird. Das
kann,
muß aber nicht, ein
Verb sein.
In dem vorliegenden Fall ist außerdem gar kein Verb vorhanden, denn die eigentliche Frage (!) besteht für Thais
nicht in dem Satz
คุณมีเมียเป็นคนไทย kun mi: mia bpen kon tai, der überall stehen könnte und völlig beliebig ist, sondern im
Fragepartikel หรือครับ rü? kráb. Mit anderen Worten: Auf (sehr) einfach gehaltene Fragen wie etwa
คุณมีเมียไหมครับ kun mi: mia mai? kráb, die man zum Beispiel von jeder beliebigen Agrarangestellten oder von jedem Schlepper am Eingang einer Soi aufschnappen kann, ist
มีครับ mi: kráb die Antwort, wenn man „Ja“ sagen will.
(Copyright für "Agrarangestellte": Kubo, aber den Satz oben bitte nicht als Lehrbeispiel für gutes Thai mißverstehen...)Etwas komplizierter wird es aber nun mal in Thailand, sobald man sich höflich ausdrücken will, weil man zum Beispiel Wert darauf legt, nicht gleich beim ersten Satz in die Kategorie
ฝรั่ง บ้า ๆ บอ ๆ fà¿ ràng bâ: bâ: bO: bO: oder, schlimmer, gemäß der Orte eingeordnet zu werden, in denen man offenbar verkehrt.
Auf das in solchen Fällen nach einen normalen Satz gesprochene
หรือครับ rü? kráb, das im vorliegenden Fall nichts anderes als das simplere
ใช่ไหมครับ tschâi mai? kráb bedeutet (und sozusagen, vereinfacht erklärt, die eigentliche Frage darstellt), ist dagegen
ใช่ครับ tschâi kráb die richtige Antwort.
An der andauernden Verwirrung des Indianerhäuptlings
Albert Sommer/Professor Bababobo waren also ganz sicher nicht die vielleicht tatsächlich konsultierten „Universitaetsdozenten“ schuld, und schon gar nicht meine Kolumne, sondern der „Experte“ selbst, der schon daran scheiterte, seine – angebliche – Frage an die "Universitätsdozenten" korrekt zu formulieren.
© Hans Michael Hensel, TIP Zeitung für Thailand, TIP Edition 2009.