Thai Küche ? Thai Küchen !
Dienstreisen führten mich einige Male nach Holland. Meine Hotels waren meist nicht die Allerfeinsten.
Deshalb verwunderte mich das Weinangebot im Speisesaal kaum: Boordeaux und Boojolais. Ja,
das gab es wirklich. Flaschen, die schlicht mit Boordeaux etikettiert waren.
Dafür wäre man damals in Frankreich nach französischem Weingesetz im Gefängnis gelandet.
Bordeaux ist eine Region. In der Region gibt es Gemeinden. In den Gemeinden gibt es Weinbaubetriebe.
Genau das und auch der Jahrgang sollte auf dem Etikett vermerkt sein. Manchmal findet man weitere
Angaben über Traubensorten und Mengen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Essen in Thailand. Ursprünglich war die Küche Thailands vom Wasser geprägt.
Auf den Tisch kamen vornehmlich Wassertiere und Wasserpflanzen. Veränderungen in den Kochgewohnheiten
brachten chinesische und japanische Einflüsse. Ab dem 17. Jahrhundert wirkten europäische Kontakte.
Chilis, mit Ursprung Mittel- und Südamerika, wurden von portugiesischen Missionaren in Thailand eingeführt!
In unseren Gärten brachten nicht die Christen Chilis, sondern die Vögel. Daraus folgt nicht, dass manche Missionare
komische Vögel sind.
Thailand ist ein grosses Land verglichen mit Lichtenstein. Je nach Region sind die Angebote und Zubereitungsarten
sehr verschieden.
Der Norden des Landes grenzt an Myanmar und Laos, daher ist Aharn Phak Nuea von den Küchen dieser Länder
beeinflusst. Die Vorliebe für Kao Niau, Klebreis, in dieser Region wurde von Laos übernommen. Der Einfluss von
Myanmar äussert sich mit Kaeng Hanglay, eine Art stark gewürztes Gulasch mit fettem Schweinefleisch.
Die Mahlzeiten werden hier traditionell an einem flachen Tisch auf dem Fussboden sitzend eingenommen.
Diese Art die Gäste zu bewirten, nennt man Khan-Thoke. Sie ist heute in Chiang Mai zu einer Touristenattraktion geworden.
Spezialitäten sind verschiedene Chili-Pasten, die zu blanchiertem oder rohem Gemüse gereicht werden, wie
zum Beispiel Nam Phrik Ong − getrocknete rote Chili und Hackfleisch in einer würzigen Tomatensauce.
Zahlreiche Nudelgerichte haben ihren Ursprung in China, wie zum Beispiel Khao Soi.
Die Küche im Nordosten, dem Isaan, ist von Laos und Kambodscha geprägt. Am bekanntesten sind wohl Gai Yang,
gegrilltes Huhn, Som Tam, ein scharf-saurer Salat aus grünen Papaya und Khao-Niao, Klebreis. Ein beliebtes Würzmittel
ist fermentierter Fisch, Pla Raa. Eine weitere Isaan Delikatesse ist Laab. Ein Salat, der aus gehacktem Schwein, Huhn
oder Fisch besteht, mit Limonensaft, Manao, Fischsauce, Chili, frischen Minzeblättern sowie Khao-Khua-Pon, ungekochtem,
geröstetem und zerstossenem Reis gewürzt wird.
All die niedlichen Säugetiere, Kriecher, Nager, Würmer und Insekten in verschiedenen Stadien, die in Lanna- und
Isaan Küchen stark verwurzelt sind, beschreibe ich nicht nur aus Platzgründen nicht.
Aharn-Phak-Klang, die Küche Zentralthailands wird als die klassische Thaiküche angesehen. Es gibt Gerichte mit Kokosmilch
und vielen Gewürzen, die im Westen als Curries bekannt sind. Die bekanntesten sind Kaeng Khiao Wan, grüner Curry,
Kaeng Phet, roter Curry und Kaeng Phanaeng, ein Erdnuss-Curry.
Viele Gerichte werden im Wok zubereitet, wie Phat-Kratiam-Phrik-Thai, gebratenes mit Knoblauch und Pfeffer, Phat-Bai-Kaphrao,
gebratenes mit Basilikum, Phak-Bung-Fai-Daeng, gebratener Wasserspinat (Morning glory) mit Chili, Knoblauch und
schwarzen Bohnen oder Khai-Chiao, thailändische Omelette. Letztere wird mit Nam-Phrik-Si-Racha gereicht, einer orangefarbenen,
salzig-süssen Chili-Sauce mit viel Knoblauch.
Eine der beliebtesten Suppen ist die Tom Yam Goong, eine scharf-saure Garnelen-Suppe und Tom Kha Kai,
eine Hühnersuppe mit Kokosmilch.
Yam-Salate sind scharf-saure, feurige, ja blumige Salate, die Limonensaft, Chilis und frische Kräuter enthalten,
dazu Meeresfrüchte oder Gemüse, gebratenes Rind, Yam Nüah oder Schweinefleisch, Yam Moo.
Wir kreierten erfolgreich ein Yam Nüah mit zartem à point grilliertem Entrecote, Zwischenrippenstück, fein geschnitten
und zusätzlich einer Spur Khaeng Phet.
Diese Fleischqualität ist in Chiang Mai kaum erhältlich.
In den Südprovinzen zeigt sich die Nähe von Malaysia. Der Einfluss von Muslimen und Chinesen bestimmt die südliche Küche,
Aharn-Phak-Tai mit. Dort gibt es Khanom Chiin Nam Ya, dünne chinesische Reisnudeln mit einer scharfen Fisch-Curry-Sauce.
Ein beliebtes Gericht, welches in moslemischen Restaurants angeboten wird, ist Khao-Mok-Kai. Das ist Biryani nach
südthailändische Art, bei dem Reis mit Huhn zusammen gegart werden, gewürzt mit Nelken, Zimt und frischen Kurkuma-Wurzeln.
Dazu wird eine milde Hühnerbrühe gereicht und ein Schälchen mit Gurkenscheiben, die mit Chili- und Zucker in Essig eingelegt wurden.
Populär sind hier Gerichte nach dem Vorbild indischer Curries, wie zum Beispiel der Kaeng Masaman, Moslem-Suppe.
Das ist im Süden ein Standardgericht. Je nach Menge der zugegebenen Chili wird es von mild bis feurig scharf empfunden.
Mittlerweile in ganz Thailand verbreitet sind Roti, eine Thai Abwandlung des Chapati, des indischen Fladenbrots.
Bereits zum Frühstück wird Roti-Kaeng, Roti mit einer beliebigen Curry-Sauce gegessen. Mataba ist ein mit gewürztem
Hackfleisch gefülltes Roti. Roti mit Bananenscheiben gefüllt ist Roti-Kluay.
Nicht zu vernachlässigen in der Thaiküche sind mehrere Spezialitäten, die aus asiatischen Nachbarländern annektiert und
stillschweigend übernommen wurden.
Beschreibungen weiterer Gaumen kitzelnder Thai Gerichte fand ich in den kostenlosen Magazinen des TIP, beispielsweise Nr. 7,
oder Nr. 10, 2009.
Ich frage mich, wo gibt es authentisches Thai Essen? Sind es die einfachen Garküchen auf der Strasse? Erhält man
die besten Gerichte nur in luxuriösen Restaurants, von jungen Schönheiten in der Landestracht, möglichst aus Brokatseiden
mit reichlich Goldflitterschmuck oder Blumen im Haar, serviert?
Oder ist schlicht die heimische Küche der Ursprungsort, die Mutter aller unverfälschten Thai Spezialitäten?
Aus der Weltraumperspektive ist vielleicht sämtliches Essen, das in Thailand hergestellt und angeboten wird, Thai Food.
Aber aufgepasst, dann wäre auch Fast Food wie Pizza, Hamburger und Kentucky Fried Chicken plötzlich Thai Essen.
Thai Essen ist es erst, wenn solche Hormon- und Kalorienbomben von Thais gegessen, verdaut und ausgeschieden werden.
Wie sieht es denn bei euch aus? Habt ihr die kulinarischen Angebote vom Norden bis in den tiefen Süden genossen
und störungslos überlebt? Oder zieht ihr europäische Küche, von Italien bis Schweden vor? Lebt ihr von Brot,
Wurst und deutschem Käsekuchen?
Ich kenne einige gemischte Paare, wo für Männlein und Weiblein separat gekocht wird. Die luxuriöse Farang Küche,
vor allem genutzt für Sandwiches, Bratspeck und Spiegeleier, befindet sich im Haus. Die delikaten und weit aufwendigeren
Thai Gerichte werden bescheiden draussen unter einem Dachvorsprung zubereitet. Diskriminierung?