Folgend ein interessanter Artikel zum Thema im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten
Ist das Corona-Virus der neue „Schwarze Schwan“?13. April 2020 um 13:00 Ein Artikel von Thomas Trares | Verantwortlicher: Redaktion
Nassim Nicholas Talebs Bestseller aus dem Jahr 2007 ist heute aktueller denn je – ein Buch über die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse. Weltweite Ausgangssperren, verwaiste Innenstädte, Produktionsstopps, tiefster Sturz des Ölpreises seit dem Zweiten Weltkrieg, mehr als sechs Millionen Erstanträge auf Arbeitslosengeld innerhalb einer Woche, Hilfspakete in Billionenhöhe, Corona-Bonds, Helikoptergeld, schwarze Montage und Donnerstage an den Aktienmärkten. Selbst erfahrene Experten bekennen: „So etwas habe ich so noch nicht erlebt.“ – Wenn solch ein Szenario Wirklichkeit wird, dann ist klar: in der Welt geht derzeit nicht nur ein Virus um, sondern auch der „Schwarze Schwan“. Von Thomas Trares.
Der Begriff geht zurück auf das gleichnamige Buch des libanesisch-amerikanischen Autors Nassim Nicholas Taleb. [1] Ein Schwarzer Schwan ist demnach ein Ereignis, das weit außerhalb der regulären Erwartungen liegt und enorme Auswirkungen hat. Zudem neigt die menschliche Natur dazu, im Nachhinein nach Erklärungen für das Unerwartete zu suchen, nicht jedoch im Voraus. Beispiele sind der 11. September, der Fall der Berliner Mauer oder die Erfindung des Internets. Für viele hat Taleb auch die Finanzkrise vorausgesagt – und dies nicht nur, weil sein Buch am Vorabend der Krise erschienen ist, sondern auch weil er darin die Modellfixierung der Ökonomen, die für den Ausbruch der Krise mitverantwortlich war, auf die Schippe nimmt.
Geschichte wiederholt sichUnd nun wiederholt sich die Geschichte wieder: Die Wirtschaft bricht ein, die Ökonomen reagieren verdutzt. „Wir haben es hier mit etwas zu tun, was natürlich Finanzmärkte überhaupt nicht einschätzen können. Die Ursache der Krise liegt ja weit außerhalb der Realwirtschaft und außerhalb dessen, was Finanzmärkte irgendwie in ihren Modellen einpreisen können“, sagte beispielsweise Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Diba, im Deutschlandfunk. Und in der „Phoenix-Runde“ meinte Professor Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanz Zentrum: „Wenn man sich dieses Jahr anschaut, dann haben die Profis erstmal alle daneben gelegen.“
Was also sind die Modelle der Ökonomen dann wert, wenn „alle daneben“ liegen? Nichts. „Sie sind komplett wertlos“, meint Taleb, der selbst an der Wall Street als Finanzmathematiker und Fondsmanager gearbeitet hat und sich stets weigerte, Prognosen abzugeben. Heute ist Taleb Professor für Risikoanalyse an der Universität von New York, sein Spezialgebiet ist der Umgang mit Phänomenen wie Zufall, Unsicherheit und Nichtwissen. Den Ökonomen hält er vor, dass ihre Modelle statistische Ausreißer systematisch ignorieren. Sie verwenden Daten aus der Vergangenheit und wollen damit die Zukunft voraussagen. Und dann kommt der Crash, der Schwarze Schwan, den keiner auf dem Zettel hatte. „Große Ereignisse haben keine Vorgänger“, sagt Taleb.
Mediokristan und ExtremistanWas genau er damit meint, verdeutlicht er anhand der Welten von Mediokristan und Extremistan: Wählt man 100 Menschen zufällig aus und misst deren Körpergröße, so wird das Hinzutreten des größten Mannes der Welt, selbst wenn er drei Meter groß wäre, den gemessenen Durchschnitt kaum verzerren. Dies ist die Welt von Mediokristan. Die größte Beobachtung mag hier zwar beeindruckend sein, für die Gesamtsumme bleibt sie aber bedeutungslos. Beispiele sind die Körpergröße, das Gewicht oder die tägliche Kalorienaufnahme von Menschen.
Ganz anders Extremistan. Erfasst man beispielsweise das Vermögen dieser 100 zufällig ausgewählten Menschen und fügt nun zu der Stichprobe den reichsten Mann der Welt hinzu, dann wird der Durchschnitt explodieren. Das ist die Welt von Extremistan, in der die Schwarzen Schwäne lauern. „In Extremistan ist niemand sicher“, sagt Taleb. Dort kann ein einzelnes Ereignis alle anderen dominieren. Taleb meint nun, dass die Finanzmärkte den Gesetzen von Extremistan gehorchen, die Modelle der Ökonomen aber die heile Welt von Mediokristan abbilden. „Leute, die das Pech hatten, eine Ausbildung in der traditionellen Statistik durchzumachen, glauben, dass wir in Mediokristan leben.“
Taleb wendet die Metapher des Schwarzen Schwans aber nicht nur auf die Finanzmärkte an, sondern auf alle Ereignisse, die Regeln radikal verändern. „Eine kleine Zahl Schwarzer Schwäne erklärt so ziemlich alles in unserer Welt, vom Erfolg von Ideen und Religionen über die Dynamik geschichtlicher Ereignisse bis zu Elementen unseres persönlichen Lebens.“
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https://www.nachdenkseiten.de/?p=60143Euer Kompaniefeldwebel