Jason HD
In den USA sorgt der Fall Tyre Nichols derzeit für erhitzte Gemüter, nachdem Videoaufzeichnungen veröffentlicht wurden, die zeigen wie Nichols im Rahmen einer Polizeikontrolle von fünf beteiligten Polizisten festgesetzt und anschließend brutal zusammengeschlagen wurde.
Vorher hatte sich Nichols sichtbar der Maßnahme widersetzt und versucht zu fliehen, was allerdings keine Entschuldigung für die Brutalität sein darf, mit der auf das später wehrlose Opfer eingeschlagen wurde. Nichols erlag drei Tage später seinen Verletzungen.
Die fünf Polizisten wurden suspendiert und werden u.A. wegen "second degree murder" angeklagt.
Der Fall unterscheidet sich aber in einem wesentlichen Detail von anderen Todesfällen wie dem des George Floyd, weil die fünf genannten Polizisten ebenfalls schwarz sind. Das macht den Sachverhalt weder besser noch schlechter, doch ist (leider) entscheidend für die Dynamik und den Fokus der anschließenden öffentlichen Debatten.
Im Topkommentar unter dem entsprechenden Weltartikel zeigt sich der User bspw. betroffen darüber, dass er Erleichterung verspürt, dass es sich bei den Tätern nicht um Weiße handelt. Die Hautfarbe der Menschen sei ihm eigentlich immer egal gewesen, aber langsam scheine sie wieder relevant zu werden. Er fragt, ob er sich verändert oder ob es die Gesellschaft ist, die ihn verändert. Gute Frage, meine ich.
Auch wenn es etwas kaltherzig klingt, kann ich diesen Gedanken gut nachvollziehen.
Denn, wären es Weiße gewesen, wären die Zeitungen heute gefüllt mit Artikeln, die dem User vorwerfen ein schlechter Mensch, mitverantwortlich und mindestens unterbewusst rassistisch zu sein. Also ich meine, gefüllt mit noch mehr Artikeln als ohnehin schon.
Er würde unter Generalverdacht gestellt werden, der sich gesellschaftlich bereits durch Schlagworte wie "white privilege" fest in den Köpfen der Menschen etabliert hat, obwohl er anderer Stelle häufig angeprangert wird. Sein Statement spricht dafür, dass er wütend, enttäuscht, vielleicht auch nur müde ist, an den Pranger gestellt zu werden.
Von dem her kann ich diese Erleichterung nachvollziehen, auch wenn ich das für eine traurige Entwicklung halte. Es ist aber eine Entwicklung, die ich in ihrer Ursache denjenigen zuschreibe, die - man muss es so sagen - besessen sind von Rasse und jeden Aspekt des Lebens durch diese Brille betrachten wollen.
Also habe ich mir das Pressestatement von BLM zu dem Thema angeschaut und wieder einmal nicht schlecht gestaunt, denn dort sieht man Nichols als Opfer staatlich verordneter Gewalt und - Achtung! - als Opfer von White Supremacy. Nachdem er von fünf schwarzen Polizisten zu Tode geprügelt wurde! Das alleine ist schon sagenhaft, aber es geht weiter: Die Medien fokussieren sich darauf, dass die Polizisten schwarz gewesen seien, als ob das eine Rolle spiele, so BLM. Alle Polizisten repräsentieren ihnen zufolge den Kapitalismus. Alle, die innerhalb eines Systems arbeiten, das staatlich verordnete Gewalt vollzieht, würden sich der Aufrechterhaltung von White Supremacy schuldig machen.
Das betrifft dann wohl in der Logik von BLM auch Richter, Lehrer, selbst Doktoren, die allesamt einem rassistischen System dienen und dementsprechend Komplizen und damit Mittäter sind. Auch wenn es sich um einen Fall aus den USA handelt: Wenn ihr das Mindset sucht, mit dem an Silvester von einigen Menschen mit Migrationshintergrund gegen Polizei und Rettungskräfte randaliert wurde, genau das hier ist es: Gegen das rassistische System.
Die Aussage ist aber auch bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass das Police Department in Memphis von einer schwarzen Frau geleitet wird und 52%, also die Mehrheit der Polizisten dort, schwarz sind.
Alles egal, denn sie dienen einem rassistischen System, weswegen es ein Fall von White Supremacy darstellt, wenn fünf schwarze Polizisten einen anderen Schwarzen umbringen.
Es ist eine Ideologie, muss man klar so sagen. Und am Ende sind immer die Weißen schuld. In diese Richtung geht auch CNN, die in einem Meinungsartikel schreiben: "The police who killed Tyre Nichols were black. But they might still have been driven by racism."
Am Meisten werfe ich BLM aber vor, dass sie dafür verantwortlich sind, dass ich viele Wörter über alles Mögliche, aber nahezu keines über das eigentliche Thema verloren habe, dass in diesem Fall übergriffige Staatsorgane und verletzte Bürgerrechte sind.
Ein Thema, das ich bestimmt nicht bestreite und hinter dessen Bekämpfung man nahezu die gesamte Gesellschaft vereinigen könnte, wenn man von Seiten wie BLM nicht ständig anfangen würde, solche Themen durch die Rassenbrille zu betrachten, sondern allgemein feststellt, dass es ein Thema ist, das alle Menschen betreffen und auch von allen Arten von Menschen ausgeführt werden kann.