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Autor Thema: Vollendung in Bangkok  (Gelesen 12044 mal)

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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #15 am: 27. März 2022, 20:19:21 »

Es folgten ein paar Wochen voll glücklicher Zweisamkeit und seliger Leichtigkeit. Ich stieg wieder im Miami Hotel ab und gab dem Taxifahrer Hoods Adresse. Er hatte Schwierigkeiten, die kleine Straße an einem Kanal in Bangsue zu finden. Vor dem Holzhaus saßen die Eltern und ein paar Kinder. Ich weiß nicht mehr, wie die Kommunikation funktionierte, aber sie wollten Deng, das war und ist ihr wirklicher Spitzname, zu mir ins Hotel schicken, wenn sie käme.

Von der politischen Situation in diesen Tagen wusste ich nichts, aber ich denke das Leben war irgendwie genügsamer, einfacher. Es herrschte vielleicht eine Art Hippie-Feeling, jedenfalls was die Musik und die Mode betraf. Wir rauchten beide Zigaretten, Deng bis heute, und manchmal auch etwas Ganja. Zigaretten konnte man einzeln beim Straßenhändler kaufen, Cola trug man in der Tüte umher, der Kaffee war ungenießbar. Alkohol trank sie keinen, damit fing sie erst Jahre später an. Wir hielten uns gerne in den damaligen Kaufhäusern auf, besonders im Central Chidlom und dem Central Silom und sehr gerne im Thai Daimaru (sprich: thaidemalu). In allen gab es saubere Restaurants. Wir gingen auch in Massagesalons, wo die Mädchen mit Nummern hinter einer Scheibe auf Stufen saßen. Mit der gewählten Nummer ging man auf ein Zimmer, wo man gebadet und geknetet wurde. Es gab auch Sandwich-Massage, also zwischen zwei Mädchen liegend, oder "Because"-Massage, bei der man auf einer Luftmatratze kräftig eingeseift wurde. Wir sahen uns auch "Pink-Ponk-Shows" und dergleichen an. Wir verbrachten ein paar Tage in Pattaya im Sea View Hotel an der Beach Road, das einen Schwimmingpool hatte und einen Beo, der immer sagte, dass ihm das Herz wehtat.

Um das Geld für das Hotel zu sparen, zog ich bei der Familie ein. Die Haus war eigentlich nur ein großer Raum, in dem geduscht, gewaschen, gegessen und geschlafen wurde, zusammen mit den Hühnern. Durch die Bodenbretter fiel der Abfall in den Khlong. Die Eltern und Geschwister schliefen im Haus nebenan, das der Mia Noi zu gehören schien, die damals schon eine alte Frau war. Wir versuchten unter dem Moskitonetz keinen großen Lärm zu machen. Ich hatte einen Kassettenrecorder und vor dem Hinlegen hörten wir stets Paul Anka´s "I Don't Like to Sleep Alone", unser Lieblingssong bis heute. Manchmal schliefen wir eine Nacht in einem Stundenhotel.






Deng hatte einen älteren Bruder, dessen Frau und drei Kinder auch hier wohnten, und 4 jüngere Brüder, sowie eine Schwester. Eine Schwester war der Tante "geschenkt" worden, die bereits 2 Söhne hatte. Ein kleiner Junge von 3 Jahren wurde mir als Dengs Sohn vorgestellt, dann war er es mal wieder nicht. Dass sie noch einen zweiten Sohn hatte, erfuhr ich erst Jahre später. Ihre Frage beim Essen: "Aroi mai, Luk?" gehört zu meinen ersten Spracherfahrungen.



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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #16 am: 31. März 2022, 17:10:32 »

"I love you! Never mind you no love me!" Obwohl ich wusste, dass der häufig ausgesprochene Satz antrainiert war, wollte ich ihn nur zu gerne glauben. In der Tat entwickelte sich unsere Liebe mit den Jahren. Zuerst mag es Verliebtheit gewesen sein, wir passten zusammen, hatten die gleichen Gedanken und Interessen und doch verband jeder von uns seine eigenen Vorstellungen mit der Entscheidung, von nun an gemeinsam durchs Leben zu gehen. Deng wollte zur Versorgung der Familie beitragen und wie sie später gestand, einfach mal Deutschland kennenlernen. Für mich bedeutete es, nicht mit leeren Händen nach Hause zu kommen. Ich erkannte in ihr aber auch alles Weibliche, sie war mir Freundin und Schwester, Geliebte und Gattin, sie war spontan und fröhlich und auch fürsorgend wie eine Mutter.

Ich schrieb meinen Eltern, dass ich hier eine Frau kennengelernt hatte und sie heiraten wollte. Mein Vater schrieb zurück, dass es im Leben noch mehr gab als die Freuden der Liebe und mit der Ehe das süße Leben des Alleinseins enden würde. Es gäbe auch in Deutschland schöne Frauen, aber ich sei alt genug um zu wissen, was ich täte. Dengs Familie war mit mir und der Entscheidung einverstanden, nur der älteste Bruder behandelte mich etwas spöttisch herablassend. Für Dengs Vater war es nicht leicht, sie gehen zu lassen, wie er mir später in einem in Englisch geschriebenen Brief mitteilte. Sie war sein Lieblingskind. Davon gleich mehr. Zuerst noch eine Anekdote: wenige Tage nach unserer Eheschließung waren wir nochmal im Chao Phraya Massagesalon. Ich wählte die Nummer 333 und begann den Fehler, mich von ihr verführen zu lassen. Und diese hatte nichts Besseres zu tun, als meinen Fehltritt brühwarm meiner Gattin zu erzählen. Da herrschte Heulen und Zähneknirschen. Die ganze Kinderschar weinte laut den ganzen Abend. Nachdem mir Deng die Entscheidung des Vaters überbracht hatte: "One time never mind!", war alles wieder gut.

Was ich über Dengs Vergangenheit weiß, erfuhr ich nach und nach. Ihr Vater war einmal angesehen in der Nachbarschaft. Sie besaßen ein größeres Haus mit einem Garten, in dem sogar ein Gibbon an einem Baum angekettet war. Der Vater war Zimmermann und errichtete und reparierte die Holzhäuser. Durch Nachlässigkeit bei der Arbeit und wegen seinen Nebenfrauen verlor die Familie aber Status und Vermögen. Deng spielte die üblichen Spiele der Kinder auf der Straße, Steinchen hochwerfen und fangen, Puppenkleider aus Papier basteln und in Socken Tee filtern. Es gab einen Fernseher in der Nachbarschaft, wo die Kids Dick und Doof anschauen konnten.







In die Schule ging sie nicht gern, außer wenn Gärtnern, Einkaufen auf dem Markt und Kochen auf dem Plan standen. Sie lies manchmal die Schultasche aus dem Fenster fallen und kam vom Holen nicht mehr zurück. Ihre Mutter hängte ihr einmal Schild um den Hals, auf dem Schulschwänzerin stand. Vor dem Ende der 5. Klasse "entließ sie sich selber". Sie half ihrer Mutter auf dem Markt selbstgemachte Süßigkeiten zu verkaufen und fand eine Stelle als Fahrkartenverkäuferin in Militärbussen. Ihr Vater holte sie dabei oft ab und überraschte sie mit Geschenken, darunter auch mal eine Goldkette, die sie aber bei Pferdewetten wieder verlor.

Sie heiratete, bekam mit 20 den ersten Sohn, Pok, und 12 Monate danach den zweiten, Geo. Ihr Mann verließ sie mit einer Anderen und nahm Geo mit, der fortan bei der Schwiegermutter aufwuchs. Ich habe diesen Mann 13 Jahre später kennengelernt, als er in die Adoption einwilligen musste. Er besuchte uns auch einmal nach der Auswanderung. Er lebt in den Bergen bei Chiang Mai, Geo hat noch Kontakt zu ihm. Nach der Trennung half Deng wieder ihrer Mutter auf dem Markt. Die Exfrau ihres älteren Bruders zeigte ihr dann, wie man anders Geld verdienen kann und brachte ihr etwas Englisch bei. Kurz darauf begegneten wir uns.

Deng wuchs also in einfachen Verhältnissen im Nachkriegs Bangkok auf, bis 1968 konnte sie da übrigens noch mit der Straßenbahn fahren, Holzklasse natürlich. Sie hat zwar Mühe Texte schnell zu lesen, etwa im Fernsehen, aber sie besitzt eine natürliche Intelligenz, kann Menschen und Situationen schnell erfassen, ist vollständig über alles informiert, auch indem sie beim Arbeiten in der Küche mit einem Ohr die Nachrichten mithört. Sie kann nicht Deutsch lesen und schreiben, weiß sich aber mit den Buchstaben zu helfen. Sie hat ein unglaubliches Gedächtnis, sie vergisst nie, wo etwas gekauft wurde und was es gekostet hat. Sie hat die Fähigkeit, Menschen für sich zu gewinnen, hat überall Freunde, ist freigebig und liebt ihre Pflanzen über alles. Kochen ist ihre Leidenschaft und sie ist dabei und überhaupt immer bereit, Neues zu lernen und zu versuchen. Sie ist religiös, rennt aber nicht in die Tempel und gibt lieber Bedürftigen als den Mönchen. Sie glaubt auch an Jesus und Maria, wie sie es bei meiner Familie kennengelernt hat, und hält ein kleines Holzkreuz, das mein Vater aus der Kriegsgefangenschaft mitgebracht hat, in großen Ehren. Immer wenn ich ihr meine spirituellen Erkenntnisse mitteile, sagt sie, das weiß sie schon längst. Sie sei in der Schule des Lebens in der 3. Klasse, ich erst in der ersten. Ich widerspreche ihr da nicht.



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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #17 am: 01. April 2022, 16:01:29 »

Das letzte Bild ist auch das Bild in ihrem damaligen Pass. Der war 2 Jahre gültig, der in Bonn ausgestellte neue dann 5 Jahre. Wie an anderer Stelle gesagt, wir hatten einen Mann engagiert, der uns bei der Passbeschaffung half und der uns zum Standesamt brachte, ohne dass wir davor von dem Hochzeitstermin wussten. Visum war nicht nötig, die Eheschließung wurde von der Deutschen Botschaft weiter gemeldet. Aber irgendeine Impfung musste sie noch haben.

Wir kauften in einem Kaufhaus in Banglampoo einen stabilen Koffer und ließen in Pratunam ein paar Kleider nähen. Das war damals üblich, auch in den ersten Urlauben nahmen wir Seiten aus Katalogen mit und ließen danach schneidern. In ihrem dünnen, blauen Kleidchen fror sie ein wenig beim Umsteigen vom Zug aus Frankfurt ins Allgäu. Auf dem Flug über Moskau mit der Aeroflot hatten stämmige Stewardessen Äpfel als Nachtisch ausgeteilt. Mein Vater holte uns mit dem Auto eines Nachbarn am Bahnhof ab. Als er sich von diesem verabschiedete, wusste Deng, dass ihr Schwiegervater nicht mit seinem Chauffeur vorgefahren war.

Die Anfänge in der alten Heimat waren natürlich bescheiden. Wir wohnten in einem kleinen Zimmer bei meinen Eltern und schliefen in einem kleinen Bett. Ich hatte ja weder Beruf noch Ausbildung. Bei uns um die Ecke gab es ein privates, von einem Ehepaar geleitetes Altenheim, wo wir zunächst Beschäftigung fanden, ich in der Pflege und Deng in der Küche. Sie weinte, als sie den Auftrag erhielt, da die Straße zu kehren. Das hatte noch niemand von ihr verlangt. Aber es machte ihr Freude beim Kochen zu helfen und die Chefin, die Beziehungen in die Politik hatte, wollte, dass ich Altenpflege erlerne. Dazu hätte ich aber nach Freiburg müssen. Siebzehn Jahre später begann ich die Ausbildung dazu im Städtle selber. Das Ehepaar half uns aber Arbeit zu finden. Wir begaben uns dazu nach Hinterstein bei Hindelang.





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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #18 am: 10. April 2022, 16:50:50 »

Hoffentlich langweile ich nicht mit diesen Geschichten aus längst vergangenen Zeiten und den vielen privaten Details. Sollte dies nicht zum Stil und Geist des Forums passen, bin bereit ohne weitere Diskussion damit aufzuhören.

Bevor ich aber beschreibe, wie es uns bei der Arbeit im Kurhotel in Hinterstein erging, wie sich unsere Beziehung entwickelte und was wir sonst noch in den nächsten 32 Jahren bis zu unserer Auswanderung erlebten, muss ich zum besseren Verständnis ganz offen über mich selbst schreiben.

Wenn ich zurückblicke, so sind es zwei Geschehnisse, die meinem Leben Richtung und Antrieb gaben. Mein Vater sagte manchmal halb im Scherz: "Das Leben ist ein Schwindel." Dass dieser gestandene Mann sich auf gewisse Dinge keinen Reim machen konnte und an der Sinnhaftigkeit des Ganzen zweifelte, ließ mich nicht mehr los. Ich begann mich zu fragen: Was hat das Leben für einen Sinn? Welchen Sinn machte es, mühsam eine Ausbildung zu machen, um dann nach einem mühsamen Arbeitsleben alt und krank zu werden und dahinzuscheiden?

Auf die oft gestellte Frage: "Was willst du mal werden?" wusste ich keine Antwort. Dass die richtige Antwort: "Glücklich!" war, hatte mir niemand beigebracht. Aber dem alten Lehrer machte ich eine Freude und sagte, was er hören wollte: "Pfarrer!" Es war auch der Wunsch meiner Großmutter. Obwohl dieser Beruf nicht meiner Absicht entsprach, verließ ich nicht ungern das Elternhaus und zog ein ins Internat, ins Heimgymnasium eines katholischen Ordens. Damals gab es in der Stadt noch keine Möglichkeit der weiteren Schulbildung. Dabei hatte ich beim Aufnahmetest die falsche Antwort nach dem größten christlichen Fest gegeben. Nicht Weihnachten, wo es die meisten Geschenke gab, sondern Ostern war es. Wer kommt aber auch auf sowas?



So begannen neun Jahre unter der Aufsicht von Patres. Schlafen in großen Schlafsälen, Lernen in Studiensälen, anfangs fünf Mal am Tag in die Kirche, ein vorgegebener Tagesablauf, Belohnungen und Strafen. Ich verhielt mich ruhig, suchte mehr Stille und Orte abseits der Menge. Als Klassensprecher und dann Mittelstufensprecher lernte ich die Obrigkeit kennen. "Weil ich dein Vorgesetzter bin!" wurde mir entgegengeschleudert. Ich wurde rebellisch. "LBJ (Lyndon B. Johnson), how many kids did you kill today?!" stand auf der Innenseite meines Pultes. Ich war gegen den Vietnamkrieg, verfolgte die Studentenaufstände, ließ mir zum Entsetzen der Leitung mit wenigen Anderen Bart und Haare wachsen. Ich liebte die Musik und das Auftreten der Hippies. Heimlich rauchten wir Pfeife, gingen heimlich in Kneipen. Das Poster von Che Guevara hing über meinem Bett, ich kannte die Namen der Führer der Black Panther und der amerikanischen Studentengruppen. Ich besuchte die Versammlungen der Kommunistischen Partei in der Stadt, bis es mir von der Heimleitung untersagt wurde.







Als ich bei den jährlichen Sportspielen nicht zum Sprung in das Schwimmbecken antrat und ich auf dem Schulhof vom Oberstudienleiter darauf angesprochen wurde, sagte ich, dass ich mich nicht wohl gefühlt hätte. "Und im Übrigen geht mir das Ganze gegen den Strich!" Als er sich gefasst hatte, schrie er mich an: "Du gehst uns auch gegen den Strich!" Die Quittung bekam ich mit dem Abiturzeugnis, eine 5 im Sport. Zuvor hatte ich eine 4 in Deutsch noch im Mündlichen, als Thema wählte ich Bert Brecht, in eine 3 abwandeln können. Im Deutschaufsatz ging es um staatliche Gewalt, die bei mir natürlich zivile Gewalt hervorruft. Eindeutig eine politische, strafende Bewertung gegen mich. Dabei hatte mir derselbe Oberstudienleiter zuvor noch vor der Klasse bescheinigt, dass "was Gedankenfülle und sprachliche Ausdruckskraft anbelangt", ich überragend der Beste sei. Aber die Noten im Zeugnis der Reife waren mir egal, auch dass die Noten für Musik und Kunst vertauscht waren. Soweit zu: "Du sollst kein falsches Zeugnis geben!", dachte ich bei mir. Ich hatte mich ja längst entschieden, dieses Land zu verlassen. Vier Jahre zuvor hatte sich nämlich etwas ereignet.

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Suksabai

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #19 am: 10. April 2022, 17:31:19 »


Zitat
Hoffentlich langweile ich nicht mit diesen Geschichten aus längst vergangenen Zeiten und den vielen privaten Details. Sollte dies nicht zum Stil und Geist des Forums passen, bin bereit ohne weitere Diskussion damit aufzuhören.

Traue dich ja nicht, aufzuhören!  ;]
Ist  - zumindest für mich - hoch interessant und unterhaltsam, auch ein paar wenige Parallelen haben wir gemeinsam...
In diesem Sinne

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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #20 am: 10. April 2022, 18:14:00 »

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #21 am: 10. April 2022, 18:48:29 »



d'accord!  ;] ;] ;] ;]

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #22 am: 13. April 2022, 10:20:17 »

...mach mal weiter,mir gefällt es  ;} {*
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #23 am: 13. April 2022, 17:24:29 »

Danke für die Ermunterungen! Ich weiß zwar in etwa, was ich als Nächstes schreiben will, aber dann bleibe ich an Formulierungen hängen und muss auch wieder frische Luft an mein Gehirn lassen. Ein Schriftsteller wird es nicht leichter haben.

Zum Verständnis: ich schreibe nicht zur Selbstdarstellung. Da gibt das einfache Leben als Arbeiter und Altenpfleger auch nichts her. Es ist mehr Selbstreflexion und wenn der geneigte Leser neben der Unterhaltung auch zur selbigen gelangt, so ist das gut so.

Also, das Zeugnis hatte für mich keinen Wert, ich wollte nicht studieren und keinen Beruf ergreifen. Ich wollte mein weiteres Leben irgendwo in Indien verbringen. Für die Lehrer und das System empfand ich nur Verachtung. Dabei waren diese ja auch selbst in einem Hamsterrad gefangen, wie ich später erkannte. Ich jedenfalls wollte nach neun Jahren hinter Klostermauern das Leben kennenlernen, hinaus in die Welt ziehen.

Mein Vater weinte sich die Augen aus und versuchte im Gespräch mit anderen meine Entscheidung zu verstehen. Mein Entschluss stand lange fest. Dabei dachte ich auch an Markus 10:29 ("Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat,..."). Sechs Monate arbeitete ich noch bei einer Gartenbaufirma, dann fuhr ich nach Amsterdam und flog mit Air India mit einem One-Way-Ticket nach Neu-Delhi. Ein paar Monate vor meinem 21. Geburtstag.





An dieser Stelle über mein Jahr in Indien zu berichten, welche Orte ich besuchte, welche Menschen ich traf und welche Erfahrungen ich machte, würde den Rahmen sprengen. Vielleicht tue ich das mal in einem eigenen Thread. Nach meiner Rückkehr arbeitete ich als Hilfsmesner bei der katholischen Pfarrgemeinde, bevor es mich nach etwas über einem Jahr wieder nach Indien zog. Von dort flog ich nach drei Monaten über Bangkok nach Japan. Wobei wir wieder am Anfang der Geschichte sind.

Aber ich will noch erklären, was mich zur Entscheidung, nach Indien zu gehen, veranlasst hat. Wie gesagt, gab es neben dem Satz meines Vaters noch ein Geschehen, das für mein Leben Richtung gebend war. Es war kein Erleuchtungserlebnis und keine außerkörperliche Erfahrung, aber etwas Ähnliches. Zum Tagesablauf im Internat gehörte es, dass um 16 Uhr der Rosenkranz gebetet wurde, oft in Gruppen über den Hof marschierend. Ich war damals vielleicht 16 Jahre alt und ich hatte mich für diese Viertelstunde in einen kleinen Raum auf der Orgelempore der barocken Kirche zurückgezogen, als mich das Verlangen überkam, Gott sehen zu wollen. Wenn es einen Gott gibt, so will ich ihn jetzt sehen. Nicht erst nach diesem Leben. Meine Seele schrie und flehte und weinte. Nichts auf der Welt erschien mir wichtiger. In den nächsten Tagen zog ich mich immer wieder in diesen Raum zurück, kniete auf dem Betstuhl vor dem kleinen Nebenaltar dort und wünschte mir nichts sehnlicher. In Memmingen besorgte ich mir Räucherkerzen und der Rauch stimulierte meine Sehnsucht noch mehr. Mir wurde bewusst, dass es keinen Sinn machte, irgendetwas zu studieren oder weitere Schritte in diesem Leben zu unternehmen, bevor ich nicht Antworten auf die Frage nach dem Woher und Wohin des Menschen und der Existenz Gottes hatte. Nach einigen Tagen schließlich empfand ich die Gewissheit, dass mein Flehen irgendwann und irgendwie erhört werden wird. Heute weiß ich, dass wir Gott als Menschen nicht sehen, wohl aber hören können.

Die Antworten auf die Sinnfragen des Lebens, die die Kirche gab, waren für mich nicht befriedigend. "Geheimnis Gottes" und "Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen." beleidigten meinen Verstand. Ich besorgte mir Literatur, las die Geschichte der Philosophie von der Antike bis zur Neuzeit. Beim Verlag Zweitausendeins bestellte ich mir viele Bücher und ging in Buchläden auf die Suche. Ich las neben Büchern über die indischen Religionen von Glasenapp einige Biographien von indischen Heiligen, wie Autobiographie eines Yogi von Yogananda und den Integralen Yoga von Sri Aurobindo. Der Ashram von Sri Aurobindo in Pondicherry dann auch die Hauptanlaufstelle meiner Morgenlandfahrt.



Ich lernte begeistert Leben und Lehren von Ramakrishna, Ramana Maharshi und Vivekananda kennen und die Wiedergeburt erschien mir logisch und die Einheit allen Seins als die einzig richtige Erklärung. Wenn Gott nicht in dieser Pfütze sein kann, dann ist er nicht vollkommen. Wenn es etwas neben Gott geben kann, dann ist er nicht vollkommen. So sagte ich mir, doch zur Verwirklichung des Erkannten kann oft ein ganzes Leben notwendig sein.

In Winterthur wirkte Swami Omkarananda im Divine Light Zentrum und ich besuchte ihn ein paar mal mit Klassenkameraden. Alles zu einer Zeit als es kein Internet gab und wir kein eigenes Auto hatten. Er hinterließ einen sehr positiven Eindruck, aber erst als ich eines Abends den Fernsehfilm "Die Reise nach Kathmandu" sah, fiel in dieser Nacht die Entscheidung, die Reise anzutreten zum Mittelpunkt des Lebens.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #24 am: 17. April 2022, 14:21:53 »

Das Ehepaar, dem das private Altersheim gehörte, hatte uns die Stellung vermittelt und uns auch dorthin hoch in die Berge gefahren. Für jeweils 500 DM bei freier Kost und Logis begannen wir am 1. November unsere Arbeit im Kurhotel in Hinterstein als Zimmermädchen und Küchenhilfe, bzw. als Kofferträger, Schneeräumer und Mädchen für alles. Wir hatten ein geräumiges Zimmer unter dem Dach, besaßen einen kleinen Fernseher und waren eigentlich zufrieden. Mit dem übrigen Personal kamen wir gut aus. Deng hat die Gabe, mit allen schnell Freundschaften zu schließen. Sie zickt nicht herum und stellt sich nicht in den Mittelpunkt, sie hört zu und reagiert auf jeden Menschen in der ihm entsprechenden Weise. Hier in Thailand wundert sie sich oft, dass alle Leute gern mit ihr anfangen zu reden, seien es Taxifahrer oder fremde Menschen auf der Straße. "Ich habe viele Freundschaften.", sagt sie.

An den freien Tagen erkundeten wir den winterlichen Ort oder fuhren mit dem Bus nach Hindelang oder bis nach Oberstdorf. Der Arbeitgeber schien ebenfalls mit uns zufrieden, denn wir erhielten sogar ein Weihnachtsgeld. Es war nicht schlimm, dass Deng mal beim Bügeln das Hemd des Chefs ruinierte. Ich durfte auch in der Bar aushelfen, wobei die Gäste jedoch bemerkten, dass ich das nicht erlernt hatte. Als aber Zimmermädchen ausfielen und die Arbeit für die einzelnen zuviel wurde und die Mutter des Chefs anscheinend sogar handgreiflich wurde, entschlossen wir uns zum 1. Februar zu kündigen. Samstags abends die Treppen nass runter zu wischen, war nicht gerade meine Vorstellung von einem erholsamen Wochenende.



Mein Bruder holte uns ab. Unser anfangs kleines Gepäck hatte sich vermehrt, einige Handtücher aus dem Hotel bildeten unser Andenken. Von dem Lohn haben wir übrigens monatlich 300 DM an die Mutter geschickt, und das für die nächsten 20 Jahre. Ich hatte die idealistische Vorstellung, dass mit dem Geld die Geschwister eine gute Ausbildung erhalten würden. Das war natürlich nicht der Fall, das meiste wurde wohl beim Kartenspiel verzockt.

Bald darauf nahm ich in einer Kunststofffabrik in unserer Stadt Arbeit an. Es kommt nicht darauf an, was ich mache, sondern wie ich etwas mache, dachte ich bei mir. Als Packer sei ich wohl überqualifiziert, meinte der Personalchef bei der Einstellung. Es dauerte nicht lang, bis ich zum Maschineneinsteller und zum Schichtführer hoch rutschte, ich konnte das Betriebsverfassungsgesetz lesen, machte Schulungen bei der Gewerkschaft und wurde Betriebsratsvorsitzender, in den letzten Jahren dann dafür von der Arbeit freigestellt. Ich blieb 17 Jahre in der Firma, bevor ich endlich eine Berufsausbildung machte. Deng blieb 20 Jahre. Zunächst arbeite sie in einem anderen kleinen Betrieb, aber als sie mich mal von der Arbeit abholte, bot ihr der Abteilungsleiter an, auch als Packerin zu arbeiten, für 8.50 DM statt für 6.50 DM wie im alten Betrieb.







Mein Vater hatte sie immer mit seinem Roller dorthin gefahren und abgeholt. Bis meine Oma ihr ein eigenes Fahrrad versprach, wenn sie das Radfahren lernen würde. Es dauerte 2 Stunden und es brachte ihr viele blaue Flecken ein, bis sie es konnte. Statt zwischen den Bäumen auf dem sonst freien Platz hindurch zu fahren, kollidierte sie oft mit diesen. Aber nun konnten wir zur Arbeit und zum Einkaufen mit den Rädern fahren, zuweilen in Gummistiefeln und Friesennerz.

Bald darauf bezogen wir mitten in der Stadt eine Wohnung, die wir mit neuen Möbeln aus dem örtlichen Möbelhaus ausstatteten. Zur Firma war es nur noch ein kurzer Fußweg und bequem erreichten wir nun Geschäfte, Kino und Restaurants. Doch wir reisten auch gern und häufig.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #25 am: 18. April 2022, 20:28:05 »

Anstatt chronologisch die weitere 31 Jahre in Deutschland und die 15 Jahre als Auswanderer durchzugehen, halte ich es für sinnvoller, die Berichte in Themen zusammenzufassen, also z.B. Reisen in In- und Ausland, Aufenthaltsbelange, Haus und Garten, Freunde und Familie, und davon dann Geschichten und Anekdoten zu erzählen. Ich fange mal mit den Freizeitbeschäftigungen an und, um der Sache etwas Würze geben, mit einer bestimmten.

Ich habe natürlich auch einige Bilder dazu. Die beigefügten Fotos hatte ich retten können, weitere müssen eingescannt werden, was aber mit der Handy-App nicht so gut gelingt. Erst heute ist mir eingefallen, dass ich auch ein altes Notebook mit Ashampoo durchforsten lassen kann. Der Vorgang läuft noch. Mal sehen, was rauskommt. Es wird jedenfalls Arbeit machen.



Vor 30 Jahren waren wir das erste Mal in London, weitere Reisen dorthin folgten. Aber gleich beim ersten Mal kaufte Deng sich ein Gummikleid, den Grundstock für eine ganze Garderobe an Latexsachen. Schon zuvor hatten wir in Thailand aus Glanzstoffen Kleider schneiden lassen und sind damit auf Fetischpartys gegangen. Wir gingen auch mit Freunden aus in normale Restaurants, ja wir knüpften viele Freundschaften in diesem Milieu.

Eine Thai und ihr Mann kamen aus Italien zu uns.











Deng ging ganz natürlich und offen mit diesem Vergnügen um, sie weihte nicht nur ihre Schwester und Freundinnen ein, sie nahm sie und deren Anhängsel auch mit auf die Partys. Auf einer Thaihochzeit trug sie ein langes, grünes Latexkleid, das sie sich in England hatte anfertigen lassen. Wir besuchten größere Events in deutschen Städten, fuhren auf dem Bodensee mit dem Torture Ship und verbrachten Wochenenden in den Schweizer Bergen. Die Dorfbewohner wussten schon, wann die "Ledernen" wieder kamen. Mit der Seilbahn hoch zu einem Restaurant zum Raclette-Essen, alle in Latex, das machte schon Spaß.





Es gab auch in unserer Nähe Bars, in denen sich Freunde des Besonderen trafen und wir waren häufig Gäste dort. Deng trank gelegentlich einen über den Durst und war kaum zur Heimfahrt zu bewegen. "Wo ist meine Peitsche?" fragte sie dann immer wieder.

Eines Tages aber kam sie zu mir und sagte, dass in Thailand ab einem bestimmten Alter - ich nenne jetzt keine Zahl - die Ehepaare sich nicht mehr mit einander vergnügen. Ich war einverstanden, die Bettgymnastik wurde mit der Zeit dann doch zu anstrengend. Wir gaben uns noch 2 Abschiedsvorstellungen und leben seither wie Bruder und Schwester.
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #26 am: 19. April 2022, 01:27:43 »

es wird jetzt doch etwas merkwürdig...
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #27 am: 19. April 2022, 21:04:16 »

@Khun Han
Sehr interessanter Bericht und Respekt für deine Offenheit. ;}
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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #28 am: 19. April 2022, 22:46:26 »

Merwürdig oder nicht - ab einem gewissen Alter
sind Meinungen nicht mehr so wichtig,
sind Erinnerungen Dinge, über die man schmunzelt,
sind solche Geschichten Lehre und Unterhaltung für die folgenden Generationen.

Neben Shoppen und Reisen gehörte der Garten zur Freizeitbeschäftigung meiner Frau. Bei mir kam erst in den letzten Jahren die Freude am Japangarten auf. Ich muss dazu sagen, dass wir ein großes Grundstück unser eigen nennen konnten. Die Eltern meines Vaters hatten die Doppelhaushälfte Ende der 50 Jahre mit Mitteln des Lastenausgleichs gebaut, nachdem sie als Donauschwaben aus Ungarn zugezogen waren. Meine Mutter war mit ihrer Mutter und mit meinem Bruder Jahre zuvor über Österreich hierher geflohen. Damals sprachen die Kinder übrigens die Eltern noch in der 3. Person an. Alle Häuser in der Siedlung gehörten Flüchtlingen aus verschiedenen Gebieten und man nannte es Nebenerwerbssiedlung, da die Grundstücke nahezu Ackerflächen waren und zu jedem Haus ein Stall für Schweine und Hühner gehörte. Hinter den Grundstücken lag ein Naturschutzgebiet vor einem Wald. Mein Vater hat dann noch eine Haushälfte angebaut, als wir von unserem Haus eine Straße weiter, in dem ich auch geboren wurde, zu den Großeltern zogen. Er errichtete dann noch einen großen Stall am anderen Ende des Gartens, in dem er eine Hühnerfarm betreiben wollte, was aber den Nachbarn nicht gefiel. Dort habe ich dann eine Toilette und eine Küche eingebaut und einen Außenkamin errichten lassen, so dass wir da Partys feiern konnten. Davor legte ich den Japangarten an mit einer Mauer drum rum, mit einem Koiteich und Steinlaternen. Ein Gewächshaus wurde zum Teehaus, ausgelegt mit Tatami-Matten.







Deng hat viel von meinem Vater abgeschaut. Die beiden hatten sich sehr gerne. Die anfängliche Skepsis einer "dunkelhäutigen" Frau aus der Ferne gegenüber wich bald Respekt und Zuneigung. Damals gab es nur noch eine Dunkelhäutige in der Stadt, eine Marokkanerin, mit der wir uns auch anfreundeten und gemeinsam zu Diskotheken fuhren. Jedenfalls lobte mein Vater seine Schwiegertochter bei anderen in den höchsten Tönen. Als er sah, wie sie meiner Oma im Krankenhaus die Füße wusch, wusste er, dass auch er im Alter gepflegt werden würde. Oder er kaufte uns einfach einen großen Fernseher und steckte ihr Geld zu, wenn sie für die Familie und Gäste kochte. Sie lernte von ihm über Gartenarbeit und Pflanzen und dass man die Werkzeuge sauber halten muss. Sie sorgte u.a. für Kartoffeln, Erdbeeren, Himbeeren, Thaipetersilie und Pfefferminz. Dreimal im Jahr grub die den ganzen Garten um. Und sie bepflanzte Schalen mit Kakteen und anderen Pflanzen.
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Khun Han

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Re: Vollendung in Bangkok
« Antwort #29 am: 21. April 2022, 20:55:11 »

Beim Überlegen was ich schreibe und wie ich es formuliere, merke ich, dass ich dabei bin, mich von der Vergangenheit zu verabschieden. Das ist gut, das macht mich frei. Ich bin näher an der Gegenwart und näher an den Menschen, die mir begegnen oder an die ich denke. Was tragen wir doch für einen Sack mit uns herum, gefüllt mit: Das bin Ich, das ist meine Meinung, das sind meine Wünsche, das sind meine Sprüche!

Habe ich schon gesagt, dass es esoterisch werden kann? Schließlich soll alles in irgendeiner Art von Vollendung enden. Dass ich vorübergehend Leiter einer Kirche war, werde ich noch berichten. Doch hier nur ein Gedanke zum Thema Offenheit: Ich bin überzeugt, dass für unser wahres, ewiges Selbst alle Gedanken und Taten, die jemals gedacht und ausgeführt wurden, und seien sie noch so geheim, zur Erinnerung gehören. Und wir werden als vollkommen geschaffene Söhne und Töchter Gottes nicht mehr das Bedürfnis haben, die uns geschenkte Freiheit in der Gottferne auszuleben. Ich nehme da nur etwas Offen-Sein vorweg.

Heute will ich über Ehen schreiben, über die unsere und über solche, an denen wir mitgewirkt haben. Meine Gattin ist zwar immer freundlich und heiter zu anderen und auch in der Regel zu mir. Aber sie ist Schütze und verschießt gerne Pfeile. Und wenn sie ihren Ärger und ihren Frust nicht ausdrücken kann, dann bin ich das Opfer. Ihre Eifersucht war in den ersten Jahre ein Problem, besonders wenn es zu öffentlichen Ausbrüchen kam. Eine Frau hat von Natur aus einen unruhigeren Geist als ein Mann, heißt es. Aber der Wechsel von: "Ich liebe dich!" und "Ich liebe dich nicht!" machte mir anfangs schwer zu schaffen. Einmal holte ich 10 000 DM von der Bank, brachte sie ihr - sie war bei ihrer Freundin in München - und bot ihr die Trennung an. Seitdem ging manches ohne großes Theater vonstatten. Ich habe gelernt, dass es manchmal besser ist zu schweigen und abzuwarten, anstatt Öl ins Feuer zu gießen. Jeder hat das Recht, mal einen schlechten Tag zu haben, sage ich mir. Ich weiß dann, wann der Moment gekommen ist, sie mit etwas Erfreulichem aufzumuntern. Ganz selten treten auch heute noch Meinungsverschiedenheiten auf, aber wir beide wechseln dann schnell das Thema.



Zuerst zu einer Ehe, an der wir unschuldig sind. Weniger als 2 Jahre nach uns heiratete mein 10 Jahre älterer Bruder. Die Schwägerin brachte zwei Söhne von verschiedenen Vätern mit in die Ehe und sie war, sagen wir mal recht unflexibel und bestimmend. Sie wohnten in der Kreisstadt und wir trafen uns nur mehr gelegentlich bei gegenseitigen Besuchen. Heute ist sie mit Parkinson und nach Schlaganfällen in einem Pflegeheim. Mein Bruder hat Pflegestufe 2 und bewohnt ein Zimmer in einem Heim in einem anderen Dorf. Er freut sich über die Abwechslung, wenn ich ihn dreimal in der Woche über WhatsApp anrufe.





Bei unserem 2. Thailand Urlaub nahmen wir einen Arbeitskollegen mit, um ihn an Ort und Stelle zu verheiraten. Die Cousine nahm ihn trotz seines Contergan-Handicaps. Allerdings ist er vom Typ "Mit dem Kopf durch die Wand" und sie verließ ihn nach ein paar Jahren für seinen Freund, der im gleichen Haus wohnte. Sie heirateten und eröffneten in einer nahen bayrischen Stadt ein Thairestaurant. Ihre Schwester, die sie nachholte und verheiratete, starb bald an Krebs. Sie selbst starb auch wenig später, vielleicht an gebrochenem Herzen, denn ihre nach Deutschland gebrachte Tochter machte ihr keine Freude.

Der Arbeitskollege holte sich seine 2. Thaifrau. Mit ihr wanderte er dann nach Thailand aus mit der Absicht ein Internetcafé zu eröffnen. Als sich die Aufenthaltsbestimmungen änderten, kam er allein zurück. Während er sie besuchte, verstarb sie im Bett neben ihm. Er versuchte es ein drittes Mal, aber die Neue schämte sich mit ihm und wollte nur sein Geld und sie ließen sich wieder scheiden. Heute lebt er in Chiang Mai mit seiner 4. Thaifrau, der Witwe eines Missionars.

Soweit in kurzen Sätzen Dramen aus 4 Jahrzehnten. Wir haben noch zwei weitere Ehen arrangiert. Darüber das nächste Mal.
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