7. Teil (Mittwoch)
Die Zeit verging wie im Fluge. Es war bereits Mittwoch und heute stand eine Tour zum “Grand Palace” dem grossen Koenigspalast mit Wat Phra Keo und dem Tempel mit dem Smaragdbuddha auf dem Plan. Anschliessend dann das Wat Pho, welches eine traditionelle Thai-Massage Schule beherbergte.
Obwohl dies alles sehr interessant and herrlich anzusehen war, fuehlte ich mich in diesen Reisegruppen, begleitet von Fuehrern, denen man anmerkte, dass sie ihr Programm nur auswendig gelernt hatten, nicht sonderlich wohl. Es war auch nur eine Pflichttour die nicht so lange Zeit in Anspruch nahm.
Ich war vielmehr ein Einzelgaenger der lieber auf eigene Faust etwas unternahm. Der selbst etwas erforschen wollte, vor allem in Gebieten, wo normalerweise keine Touristen anzutreffen waren. Irgendwelchen Geheimtips nachgehen um selbst zu erfahren, selbst zu lernen, Dinge auf sich einwirken lassen in Gegenden wo Fremde sich nicht hinwagen, weil es dort angeblich gefaehrlich ist.
Ein gutes Selbstvertrauen, gepaart mit Neugierde und Forschergeist und ausgestattet mit einer guten Kondition um bei dieser Hitze und den kilometerlangen Touren nicht schlapp zu machen, brachte mich auch in Bangkok in Gegenden, wo ich ploetzlich denken musste, mich in einer anderen Welt zu befinden. Hier das brodelnde, geschaeftige und irgendwie strahlende Bangkok und dann stand man ploetzlich in duesteren, unfreundlichen und schmutzigen Slums, wo man den Menschen foermlich ansah, dass sie sich hier nicht wohlfuehlten, das sie wirklich arm waren und sich selbst nicht aus diesem Sumpf retten konnten. Solche Gegensaetze sind in Staedten wie Bangkok als ganz normal zu betrachten. Doch mich stimmten solche Erlebnisse immer sehr nachdenklich um nicht zu sagen traurig, denn der normale Tourist bekommt diese Schattenseiten nicht zu sehen. Er wird vorbeigelenkt, geblendet von prachtvollen Hotels, Tempeln und sonstigen aufregenden Sehenswuerdigkeiten und man wird oft getaeuscht von den Erzaehlungen der Reiseleiter, die Thailand nur im schoensten Gewand vorstellen.
Nes treffe ich heute Abend wieder um die gewohnte Zeit. In mir ist auch ein Gefuehl als koennte ich mich an diesen Zustand gewoehnen. Ich dachte an den Thaiunterricht von Nes und versuchte mich an einige Woerter zu erinnern, aber die Worte waren nur noch schemenhaft im Gedaechtnis. Nur zwei Woerter waren haften geblieben, Nabel und Mund, sadueh und bahg.
Waehrend ich am Spaetnachmittag durch eine von Touristen nicht so frequentierte Strasse schlenderte, machte ich mir so meine Gedanken ueber Nes und mich. Wie geht es weiter? Ich durfte mich doch in dieses zauberhafte Wesen nicht verlieben! Oder war ich bereits beim gefuehlsmaessigen Einstieg? Es war wirklich alles zu verzwickt und ich musste dabei an meine Frau zu Hause im kalten Deutschland denken. An meine Frau, die mir bloedsinniger Weise diesen Urlaub zu meinem Geburtstag geschenkt hatte. Wirklich zum Geburtstag geschenkt! Eine Reise nach Thailand!!
Bei diesen Gedanken hoerte ich im Unterbewusstsein hinter mir schneller werdende Schritte, so als sprintet jemand auf mich zu. Wie immer, wenn ich durch nicht so geheuere Gegenden spaziere, ist meine rechte Hand automatisch in der naehe meines Geldbeutels platziert und die Schritte hinter mir loesten meine Selbstverteidigungsautomatik aus. Ich war gespannt und blickte zurueck auf einen jungen Thai der mich mit einer hocherhobenen Bildermappe auf sich aufmerksam machen wollte. Fehlalarm! Er zeigte mir Fotos von Thaimaedchen und fragte mich in englisch, ob ich eine Lady haben moechte. Dankend lehnte ich ab und erwiderte ihm, dass ich bereits eine huebsche Lady habe.
Sogar eine sehr huebsche und junge Lady. Nes war fuer mich einfach eine zweiundzwanzigjaehrige junge Traumfrau. Meine Frau war aber doch auch huebsch, wieso denke ich eigentlich andauernd solche Gedankenspielereien? Kann man eigentlich nach so einer Thaischoenheit suechtig werden? Welchen Zauber ueben diese Thaimaedchen auf uns Maenner aus? Auf jeden Fall freute ich mich schon wieder auf heute Abend, auf meine Nes.
Deutsche Bekannte aus dem Hotel sprachen mich schon einige Male an, doch auch einmal eine Nachttour durch “Patpong” zu machen und schwaermten mir ueber die vielen huebschen Maedchen vor, die dort in den Bars und Vergnuegungsstaetten nur darauf warten sollen, Touristen zu verwoehnen.
Natuerlich kannte ich von Erzaehlungen meiner Freunde zu Hause dieses Vergnuegungsviertel in Bangkok. Doch meine Fantasie reichte nicht aus, diesen unglaublichen Stories zu folgen. Meine Neugierde war jedoch geweckt und fuer das Wochenende plante ich schon einen Abstecher zu diesem “Patpong” ein. Meiner Nes musste ich eben einmal frei geben. Eine passende Ausrede dafuer wuerde mir schon noch einfallen.
Am Abend loeste sich jedoch das Problem “Patpong” von selbst. Nes teilte mir naemlich etwas betruebt mit, dass sie morgen frei hat und auch am Abend nicht mit mir zusammen sein kann. Sie geht morgen nach Hause zu ihren Eltern, die in einem Vorort von Bangkok wohnen. Doch irgendwie war mir doch komisch zumute ueber diesen dann auch freien Tag beziehungsweise freien Abend fuer mich. So richtig freuen konnte ich mich nicht, obwohl im Hinterkopf “Patpong” mir lockend zurief.
8. Teil (Donnerstag)
Am anderen Morgen traf ich einen bereits bekannten Deutschen im Hotel und vereinbarte mit ihm eine abendliche Patpong-Tour. Er kannte sich angeblich schon sehr gut aus, was mir nur Recht sein konnte, denn ich musste dann nach den sogenannten Geheimtips nicht erst selbst suchen. Mit dem minimalsten Aufwand den maximalsten Erfolg haben, war schon immer mein Wahlspruch.
Tagsueber war fuer mich heute auch minimalste Action angesagt. Ich machte es mir am Swimmingpool bequem und las in einem Reisefuehrer ueber Thailand, waehrend mich eine Bedienung mit kuehlen Drinks verwoehnte. Es war heiss und ein klarer, blauer Himmel liess die Sonne intensiv strahlen. Unter einem Sonnenschirm, ab und zu ein Sprung in den Pool und den herrlich schmeckenden Saeften aus hier in Thailand wachsenden tropischen Fruechten, mit ein wenig Eis gekuehlt, liess ich es mir gut gehen.
Gegen sechzehn Uhr begab ich mich auf mein Zimmer um mich in Ruhe fit fuer den kommenden Abend zu machen. Ich lag gemuetlich auf meinem Bett, zu gemuetlich, denn ich war gerade am einschlafen, als das Klingeln des Telefons mich wieder zurueckholte. Ganz erstaunt dachte ich, wer mich wohl sprechen wollte. Vielleicht mein Bekannter?
Ich nahm den Hoerer ab, meldete mich mit “Hallo” und ich hoerte eine weibliche Stimme, die irgend etwas versuchte in Englisch zu formulieren, was ich erst nicht verstand. Beim zweiten Anlauf verstand ich etwas besser. Die Stimme fragte mich, ob ich eine Massage haben moechte und sie nannte mich sogar bei meinem Namen. Im ersten Moment war ich etwas ueberrascht, aber als ich mich wieder gefangen hatte, dankte ich hoeflich fuer den Anruf und sagte, dass ich bereits in sehr guten Haenden bin und ich kein Schmetterling sei.
Jetzt erinnerte ich mich auch an diese Kollegin, die mir Nes vorstellte, als ich gestern kurz im Salon vorbeischaute, um ein wenig mit Nes zu reden. Eine etwas aeltere, attraktive und sehr aufgeschlossene Lady mit einer unverkennbaren, etwas rauchigen Stimme.
Nette Kollegin dachte ich mir, als ich den Hoerer wieder aufgelegt hatte.
Um achtzehn Uhr trafen wir uns in der Lobby, wo mich mein Bekannter erst fragte, ob ich Lust haette etwas thailaendisches zu essen, denn er kannte ein sehr gutes Thai-Restaurant. Also erst einmal staerken fuer die heisse Nacht im Suendenbabel von Bangkok “Patpong”.
Unser Taxi liessen wir etwa dreihundert Meter vor dem Vergnuegungsviertel anhalten, denn wir wollten noch ein wenig laufen um unser vorzuegliches Abendessen zu verdauen und wir wollten auch nicht zu frueh in Patpong einlaufen.
Wir standen gerade an einer grossen Kreuzung, beobachteten den wirren Verkehr und dachten nach wie wir am sichersten ueber die Strasse auf die Patpong Seite kommen, als mich ein kleines Maedchen an meiner Hand anfasste. Sie schaute mich mit grossen, dunklen Kinderaugen an und hielt mir einige kleine Paeckchen Kaugummi entgegen. Ihr kleines Haendchen liess nicht los und ihre Augen blickten bittend “kaufe doch Kaugummi von mir”. Die Kleine war vielleicht fuenf oder sechs Jahre alt und diesem Blick von ihr konnte ich nicht widerstehen. Ich zueckte meinen Geldbeutel, drueckte diesem kleinen Maedchen einen zwanzigbaht-Schein in ihre kleine Hand und machte ihr deutlich, dass ich keinen Kaugummi dafuer haben will. Die Kleine machte einen schnellen Wai und lief flink zu einem etliche Meter abseits stehenden Mann und zeigte ihm hocherfreut ihren Verdienst. Der Mann, wahrscheinlich ihr Vater, blickte zu mir und bedankte sich ebenfalls mit einem sehr hohen Wai.
Solche Eindruecke praegten sich bei mir ein. Unvergesslich diese bittenden Kinderaugen, die Freude ueber dieses kleine Geschenk und auch bei mir wieder dieses Gluecksgefuehl, so als haette ich etwas verstanden, was eigentlich unverstaendlich ist.
9. Teil (Donnerstag)
Wir kamen unversehrt ueber die Strasse. Die gleissenden, blinkenden, glimmernden und vielfarbigen Lichter von Patpong zeigten uns den Weg unfehlbar in die belebten Gassen des pulsierenden Nachtlebens. Auslaender jeder Nationalitaet und jeder Altersgruppe schoben sich an den aufgereihten Bars, Nachtlokalen und Pubs vorbei und wir liessen uns mitziehen. Von ueberall lockten, laechelten und winkten die Lady Night uns zu, aber mein Bekannter hatte ein bestimmtes Lokal im Visier, welches er bereits kannte. Mit vielen huebschen Maedchen und einer sehr guten Rock-Musik, schwaermte er mir vor. Von weitem droehnte uns schon die Rock’n Roll Musik aus diesem Laden entgegen und die Lautstaerke wurde noch viel intensiver, als uns einige lustige Maedchen einladend die Tuere zu diesem Schuppen oeffneten. Automatisch fing ich an mich zu meiner geliebten Rock-Musik rythmisch mit zu bewegen und ich wurde mit einem Schlag richtig lustig und uebermuetig. Die Bar war fast voll und an einer langen Theke sassen Maennlein und Weiblein aufgereiht auf Hockern, waehrend auf einer kleineren Tanzflaeche einige zierliche, huebsche Thaimaedchen Rock’n Roll zusammen tanzten. Sie tanzten wirklich Rock’n Roll oder Boogie, sehr schoen anzusehen und auch rythmisch gut. Staunend musste ich denken “Wahnsinn was es alles gibt, guter Ami-Rock, getanzt von kleinen Thaimaedchen!” Mein Bekannter zupfte mich am Hemd, denn er hatte einen freien Platz an der Theke fuer uns gefunden. Nachdem wir Platz genommen hatten, stand in Kuerze auch unser bestelltes Bier vor uns und neben uns standen einige huebsche Maedchen die uns lachend ansahen.
Vorerst interessierten mich aber nur die Boogie tanzenden Girls, denn als begeisterter und guter Rock-Taenzer musste ich da unbedingt mitmischen. Meinem Bekannten rief ich kurz zu “ich geh mal da hin” und schon war ich auf der Tanzflaeche und holte mir eine kleine huebsche, die mir bereits aufgefallen war, zum Tanzen. Ich war richtig aufgetaut und es machte riesigen Spass mit dieser kleinen Thai wie ein eingespieltes Paar Rock’n Roll zu tanzen. Auch der Kleinen schien es zu gefallen, denn sie strahlte mich reizend an. Bei der lauten Musik konnte ich aber waehrend der Tanzerei kein Wort von dem verstehen, was mir die Kleine immer wieder zurief und ich machte ihr deutlich, dass wir uns an der Theke besser unterhalten koennen. Als ich dann wieder vor meinem Bier sass und neben mir meine kleine Rock’n Roll Taenzerin, fuehlte ich mich so richtig zufrieden. Nie haette ich mir traeumen lassen, dass ich in Thailand Boogie tanzen wuerde und dazu noch mit einer Thai. Meine kleine Taenzerin hiess “Oi”. So kurz und suess ihr Name, so klein und so suess war sie auch anzusehen. Ihre Hautfarbe war relativ dunkel und verlieh ihr ein exotisches Aussehen. Kontrastreich stachen ihre strahlend weissen Zaehne hervor und wenn sie lachte erinnerte sie mich an eine kleine Raubkatze.
Ihr Englisch war nicht ganz so astrein, aber wir konnten uns verstaendigen und immer wieder schmeichelte sie mir, dass ich so ein gut aussehender Mann waere. Dabei dachte ich, “du siehst ja auch sehr gut aus, aber mehr ist heute nicht moeglich,” denn ich war doch kein Schmetterling. Hinter mir stand “Nes” mit erhobenen Zeigefinger!
In Wirklichkeit stand ploetzlich eine Thai neben mir und wollte sich bei mir auch einschmeicheln, wollte auch von mir eingeladen werden. Doch meiner “Oi” gefiel dies anscheinend ueberhaupt nicht, denn sie sprach einige nicht so liebevoll klingende Worte in Thai zu dieser Rivalin. Und ehe ich mich versah, war der schoenste Streit zwischen den Beiden im Gange. Ich musste wirklich lachen ueber diese Situation. In Deutschland hatten sich noch nie Frauen so offensichtlich um mich gestritten.
Der neu hinzugekommenen Lady machte ich dann als Streitschlichter klar, dass “Oi” bereits meine Auserwaehlte sei und dass sie sich vielleicht um meinen Bekannten etwas kuemmern sollte. Aber irgendwie war mein Bekannter nicht ihr Typ und sie verzog sich schmollend. Mein Bekannter hatte auch wirklich nich so den gewuenschten Erfolg und nach noch einer Tanzrunde mit meinem kleinen Raubkaetzchen fragte er mich, ob wir weiterziehen koennten.
Natuerlich konnten wir weiterziehen und wir zogen weiter. Alleine, denn Oi fragte mich noch, ob sie nicht mit mir kommen koennte. In solchen Situationen ist es fuer mich immer schwer auch Nein zu sagen, denn einerseits tat es mir leid, dass ich mich von Oi verabschieden musste, aber andererseits hatte es sowieso weiter keinen Sinn mich mehr zu arrangieren als noetig.
Es war ein netter, lustiger und ausgelassener Abend. Was wollte ich mehr? Ein wenig hatte ich das Nachtleben von Patpong kennen gelernt und meine Neugierde war befriedigt. Die kleine, suesse Oi konnte trotz des netten Abends Nes nicht verdraengen. Ausserdem war die Zeit die ich hatte und mir noch verblieb viel zu kurz um alle gebotenen Moeglichkeiten hier in Bangkok wirklich genussvoll auszukosten. Ich musste daran denken, dass mir nur noch zwei Tage Zeit blieben. Schon am Sonntag frueh ging es weiter nach Pattaya. Nur noch zwei sehr kurze Tage mit meiner Nes, denn ich war ja eigentlich nur Nachts mit ihr zusammen.
Bei diesen Gedankengaengen kam ich nun wirklich ins Schleudern, denn ich durchdachte alle Moeglichkeiten die ich mir vorstellen konnte. Was waere eigentlich, wenn ich Nes nach Pattaya mitnehme? Wuerde sie ueberhaupt zustimmen? Und was waere, wenn Nes sich irgendwelche, gefuehlsmaessige Hoffnungen machen wuerde, die ich doch nie erfuellen koennte? Verdammt noch mal, ich war verheiratet! “Hallo Peter, was ist los mit dir, bist du noch da?” Mein Bekannter fuchtelte mit seiner Hand vor meinen Augen. “Entschuldige, ich bin noch da, aber ich war gerade mit meinen Gedanken ganz weit weg.” Ich leerte mein Glas mit Orangensaft und rutschte von meinem Barhocker und sprach zu meinem Bekannten, der an dieser Bar jetzt sichtlich mehr Erfolg mit der huebschen Weiblichkeit hatte, dass es heute fuer mich genug ist.