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Die Zuckerkrankheit - Ein Überlick

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drwkempf:
Der Gesamtartikel wird aus Gründe der besseren Übersichtslichkeit in mehrere Abschnitte aufgeteilt

Abschnitt I



Diabetes Mellitus  -  Die Zuckerkrankheit

Der Anteil der Menschen, die an der Zuckerkrankheit erkranken, steigt seit Jahren stetig an. So sind zum Beispiel in Deutschland bereits mehr als 13% der Bevölkerung zuckerkrank, im übrigen Westeuropa ist der prozentuale Anteil zwar noch etwas geringer, die Steigerungsraten sind allerdings vergleichbar.
Damit ist der Diabetes mellitus eine echte Volkskrankheit.

Wir unterscheiden dabei (vereinfacht) zwei Krankheitstypen, den Diabetes mellitus Typ 1 und den Diabetes mellitus Typ 2.
Der Diabetes mellitus Typ 1 ist weit seltener als der Diabetes mellitus Typ 2, etwa 5% aller Zuckerkranken Patienten leiden unter dieser Art der Zuckerkrankheit.
Den Löwenanteil machen also die Typ 2 –Diabetiker aus.

Der Ausdruck „Diabetes mellitus ist ein altgriechisch-lateinisches Wortgebilde, das man mit „süßem Durchfluss“ übersetzen kann. Schon unseren Vorfahren war aufgefallen, dass Zuckerkranke Menschen mehr und häufiger Wasser lassen mussten und dass der Urin merkwürdig süß schmeckte – honigsüß sagten die alten Griechen, Honig war im Altertum das einzige bekannte Süßungsmittel, Zucker in seiner heutigen bekannten Form war im Altertum unbekannt.
Die Ärzte des Altertums steckten also bei gegebenem Verdacht den Finger in den Urin des Erkrankten. Schmeckte der Urin süß, dann war alles klar, der Erkrankte musste mit seinem baldigen Ableben rechnen!
Schon früh wurde erkannt, dass es zwei unterschiedliche Arten derselben Erkrankung geben musste. Junge Menschen verstarben nach Erkrankung in kürzester Zeit, bei Patienten, die erst weit jenseits der Pubertät erkrankt waren, war die Überlebenszeit noch etwas länger.
Eine Therapie existierte bis in die Neuzeit hinein nicht, wenngleich man zugeben musste, dass es bereits im Mittelalter Kräuterweiblein gab, die durch Brauen von Kräutertees die Überlebenszeit etwas verlängern konnten.

Allerdings muss man berücksichtigen, dass in früheren Zeiten nur wenige Menschen zuckerkrank wurden.
Das hat zwei Gründe:
Zum einen verstarben früher viele Menschen vor Erreichen des kritischen Lebensalters von 40Jahren, zum anderen war eine der Hauptursachen des Typ 2-Diabetes eher selten: es gab wesentlich weniger übergewichtige Menschen.

Der englische Arzt Thomas Willis beschrieb als erster Mediziner der Neuzeit die Zuckerkrankheit, es sollten jedoch gut weitere zweihundert Jahre vergehen, ehe der Anatom Paul Langerhanss 1889 die nach ihm benannten Zellen in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) entdeckte. Im gleichen Jahr erkannten die Internisten von Mering und Minkowski den Zusammenhang zwischen einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse und der Zuckerkrankheit.
32Jahre später konnten die kanadischen Ärzte Frederick Banting und Charles Best Insulin aus Bauchspeicheldrüsengewebe gewinnen und im Tierversuch nachweisen, dass sich mit dieser Substanz hohe Blutzuckerwerte senken ließen.
Ein Jahr später wurde der zum ersten Mal ein Mensch erfolgreich mit Insulin behandelt.
In den letzten 50Jahren hat die Behandlung der Zuckerkrankheit stürmische Fortschritte gemacht. Nach Insulin aus dem Schweine- und Rinderpankreas (Insulin B – Bovis=Rind; Insulin S – Sus=Schwein) wurde durch Umwandeln von Schweine-Insulin Humaninsulin, also menschliches Insulin hergestellt, seit 1979 gelingt die Insulinsynthese vollsynthetisch.

In den letzten Jahrzehnten gelang es aber mit erweitertem Kenntnisstand auch, viele Medikamente zu entwickeln, die entweder die Bauchspeicheldrüse zur verstärkten Produktion von Insulin anregen sollen oder die durch Eingreifen in die Glukoseverwertung im Körper oder durch Verlangsamung der Zuckeraufnahme und durch viele andere Mechanismen den Blutzucker im Blutserum senken können. Darüber werde ich später bei der Besprechung der „Zuckertabletten“ etwas detaillierter eingehen.

Auch heute macht die Gruppe der über 40-Jährigen den Löwenanteil der Typ 2-Diabetiker aus, dieser Tatsache verdankt der Typ 2-Diabetes den Beinahmen „Erwachsenendiabetes“. Die allermeisten dieser Patienten sind übergewichtig oder übergewichtig gewesen. Über die heute lange Zeit der Erkrankungsdauer sind Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen.

drwkempf:
Abschnitt II


Ursachen der Zuckerkrankheit
Hier müssen wir die beiden Typen der Zuckerkrankheit streng voneinander trennen.

Der Typ 1-Diabetes – oft auch „juveniler oder Jugendlicher Diabetes genannt -  hat eine ganz andere Ursache als der „Erwachsenendiabetes.
Beim Typ 1-Diabetes liegt eine so genannte Autoimmunerkrankung vor, wobei Erbfaktoren und Viruserkrankungen eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Oft tritt der Typ 1-Diabets bei Jugendlichen nach einem sonst harmlosen Virusinfekt erstmal in Erscheinung. Die Virengruppen der Grippe-, Masern- und Mumpsviren scheinen die „Hauptschuldigen“ zu sein.
Sie lösen bei gegebener erblicher Veranlagung eine Autoimmunreaktion gegen die Langerhanss’schen Inselzellen im Pankreas aus, zerstören auf diese Weise die insulinproduzierenden Zellen, sodass die Patienten meist fast schlagartig schwer krank werden uns von Anfang an abenteuerlich hohe Blutzuckerwerte aufweisen. Selten vergehen einige Monate bis zum Ausbruch der Typ 1-Zuckerkrankheit.

Es ist logisch, dass der Typ 1-Diabetes familiär gehäuft beobachtet wird, sind gar beide Eltern Typ 1-Diabetiker, so werden die Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20% auch an dieser Art der Zuckerkrankheit erkranken.

Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Typ 2-Diabetes.
Hier wird entweder von der Bauchspeicheldrüse zuwenig Insulin produziert oder die Zellen des Körpers reagieren nicht mehr ausreichen auf das eigentlich reichlich vorhandene Insulin. Diese „Reaktionsschwäche“ bezeichnet man als „Insulinresistenz“.
Man stellt sich dabei vor, dass durch ein lang anhaltendes Überangebot an „zuckerhaltigen Nahrungsmitteln“, also an Kohlehydraten der Insulinspiegel im Blut solange überhöht wird, dass der Körper sozusagen als Vorbeugung gegen einen drohenden insulinbedingten Unterzucker Insulinrezeptoren in ihrer Empfindlichkeit abschwächt, sodass die Körperzellen nicht mehr in der vormals gesunden Art auf das immer noch vorhanden Insulin reagieren können.
Die Bauchspeicheldrüse wird durch die blutzuckerbedingte Forderung nach immer mehr Insulin schließlich überlastet, die Inselzellen „ermüden“ und sind schließlich nicht mehr von selbst in der Lage, genügend Insulin bereitzustellen, der Blutzuckerwert steigt und steigt und steigt…

Es nimmt nicht Wunder, dass die allermeisten Typ 2-Diabetiker übergewichtig sind, hat doch das zwischenzeitlich allzu reichlich vorhandene Insulin zusammen mit dem Nahrungsüberangebot dazu geführt, dass reichlich Fett aufgebaut wurde! Die Ursache des Übels ist also unser Wohlstand in Tateinheit mit unseren falschen Ernährungsgewohnheiten.
Dazu passt, dass es in den Hungerjahren nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland und Österreich kaum Typ 2-Diabetiker gab, während in Schweden und in der Schweiz keine Veränderung in der prozentualen Anzahl der Erkrankten zu verzeichnen war.

Auch beim Typ 2-Diabetes beobachten wir eine familiäre Häufung:
Kinder von Typ2-Diabetikern erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%!

Außer den oben schon aufgeführten Hauptarten der Zuckerkrankheit gibt es  einige Unterarten, die anderen Gesetzmäßigkeiten folgen. Diese Unterarten sind aber so selten, dass ich hier nicht auf sie eingehen will, um unnötige Verwirrungen zu vermeiden. Auf „LADA-Diabetes“ und „Mody-Diabetes“ und andere selten auftretende Diabetesformen gehe ich auf direkten Wunsch per PN aber gern ein.


Symptome der Zuckerkrankheit
Jedes Mal, wenn Erkrankungszustände auftreten, deren Ursache ungewiss sind und die sich daher zunächst nicht eindeutig zuordnen lassen, muss der Arzt an das Vorliegen einer Zuckerkrankheit denken. Beim Typ 1-Diabetes fällt das nicht sonderlich schwer, weil diese Erkrankung praktisch schlagartig auftritt und in kurzem Abstand auf eine durchgemachte Virusinfektion folgt.
Beim „Alterszucker“ ist das schon schwieriger. Dieser Erkrankungstyp schleicht sich meist auf leisen Sohlen ein, die Veränderungen sind kaum spürbar, die Erkrankung schreitet also unbemerkt weit fort, ehe erstmals die Diagnose gestellt wird.
In Kenntnis dieses Umstands führen wir heute bei nahezu jeder Blutuntersuchung eine Untersuchung auf den aktuellen Blutzuckerwert mit durch, um auch den (noch) verborgenen, den „latenten“ Diabetes zu entlarven.
Nicht wenige Patienten erfahren also zum Beispiel bei der Behandlung eines Beinbruchs im Krankenhaus mal so ganz nebenbei, dass sie zuckerkrank sind. Wie lange diese Krankheit schon besteht, lässt sich allerdings dann nicht erkennen. Aber gerade die Erkrankungsdauer ist beim Diabetes mellitus von herausragender Bedeutung, wie wir noch lernen werden.

Aufmerksam werden muss man aber, wenn

- unerklärliche Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Hungerattacken
- Sehstörungen
- starkes Durstgefühl
- vermehrter Harndrang mit vergrößerter Harnmenge

auftreten.

Bei sehr hohen Blutzuckerwerten ist auch gelegentlich ein ganz besonderer Mundgeruch zu bemerken, die Patienten riechen „irgendwie sauer“ und nach Nagellackentferner.
(Für die ganz interessierten Leser: Es handelt sich um 5-Hydroxibuttersäure, Acetessigsäure und um Aceton.)

Höchst verdächtig sind plötzliche Ohnmachtsanfälle. Sie müssen an das Vorliegen eines diabetischen Komas, also eines Blutzuckerkomas denken lassen.
Hier droht unmittelbare Lebensgefahr, wobei neben dem Koma durch weit überhöhten Blutzucker auch ein Koma durch stark erniedrigten Blutzucker möglich ist.

drwkempf:
Abschnitt III


Diagnosestellung der Zuckerkrankheit
Man bestimmt aus dem abgenommenen Blut den aktuellen Blutzuckerwert. Dazuhin untersucht man den Urin (Morgenurin) auf Zucker und Aceton. Beide Untersuchungen kann man schon recht aussagekräftig mit einem Teststreifen durchführen, exaktere Werte liefern die inzwischen weit verbreiteten Blutzuckermessgeräte. Misst man Zucker im Urin, so ist das immer hochverdächtig, da die Nieren erst bei Blutzuckerwerten über 180mg/dl „Zucker durchlassen“. Ketone findet man, wenn die Zellen Zucker nicht verwerten können, wenn also zu wenig Insulin vorhanden ist oder wenn die Insulinrezeptoren der Zellen „schwächeln“.

Ist erst einmal eine Verdachtsdiagnose im Ansatz bestätigt, muss man die erkannte Zuckerkrankheit genauer unter die Lupe nehmen.
Man bestimmt dann den Verlauf der Blutzuckerwerte, erstellt also ein so genanntes Tagesprofil.
Dazuhin kann man einen Glukosetoleranztest durchführen, bei dem man zwei Stunden nach Trinken einer Zuckerlösung nachmisst, wie hoch der Blutzuckerspiegel ist. Misst man mehr als 200mg/dl, dann ist von einer manifesten Zuckerkrankheit auszugehen, auch wenn der Nüchternwert noch im Normalbereich lag.
Dasselbe gilt natürlich auch schon, wenn der „Nüchternwert“ über 110mg/dl lag.

Der heutzutage zusätzlich oft bestimmte HbA1c-Wert macht dagegen Aussagen über den durchschnittlichen Blutzuckerlangzeitwert, er entlarvt die Diätsünder, die meinen, dass es ausreichend sei, nur am Tag vor der nächsten fälligen Blutzuckerkontrolle beim Hausarzt sein Diät einzuhalten. Außerdem macht er eine Aussage darüber, wie ausreichend eine Zuckerkrankheit medikamentös eingestellt ist.


Behandlung des Diabetes mellitus

In der Regel ist beim Vorliegen eines Diabetes mellitus davon auszugehen, dass eine Dauererkrankung vorliegt, dass man also nie mehr „zuckergesund“ wird.
Ausnahmen sind selten und bestätigen lediglich die Regel.

Typ 1-Diabetes
Hier ist der Insulinmangel Ursache der Erkrankung, die Therapie ist also prinzipiell einfach: das fehlende Insulin muss dem Bedarf gemäß zugeführt werden.
Insulin muss immer gespritzt werden, Insulin in Tablettenform einzunehmen macht keinen Sinn, da das Insulin in unserem Verdauungstrakt unverzüglich zerstört würde.
Auch jede andere Form einer Einnahme von Diabetesmedikamenten ist absolut sinnlos, da die Bauchspeicheldrüse ja gar kein Insulin mehr produziert.
Idealerweise sollte jeweils nur die aktuell tatsächlich erforderliche Insulinmenge gespritzt werden, dieser Forderung versuchen die modernen in den Körper eingepflanzten Insulinpumpen nachzukommen, leider funktionieren diese Apparate meist noch keineswegs wie gewünscht. Eine lückenlos fehlerfrei arbeitende Insulinpumpe wäre ein bedeutender Durchbruch in der Behandlung der Zuckerkrankheit!
Meist bleibt es aktuell dabei, dass die Typ 1-Diabetiker während des Tages immer wieder mit einem kleinen Blutzuckermessgerät ihren aktuellen Blutzuckerwert bestimmen, um dann die erforderliche Insulinmenge zu spritzen. Durch Erfahrungswerte wissen diese Patienten auch, wie viel Insulin sie einer aktuellen Nahrungsart und –menge zugeben müssen.

Verhalten sich Typ 1-Diabetiker diszipliniert, so können sie ein weitestgehend normales Leben führen. Sie haben auch keine Minderung in ihrer Lebenserwartung. Von manchen Berufen bleiben sie aber zum Beispiel vorerst ausgeschlossen, eine Pilotenlizenz ist mit einem Typ 1-Diabetes unerreichbar, erkrankt ein Pilot an diesem Diabetestyp, verliert er seine Lizenz! Ähnliches gilt für einige andere Berufe.


Typ 2-Diabetes
Hier ist die Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten weit größer.
Zunächst muss man versuchen, dem „Auslöser“ der Erkrankung zu Leibe zu rücken. Man muss die Ernährung umstellen, vorhandenes übergewicht abbauen und sich ausreichend bewegen.
Erst wenn diese Maßnahmen keinen ausreichenden Effekt zeitigen, ist der Einsatz von so genannten „Antidiabetika“ – in der Regel in Tablettenform -  unerlässlich.
Erst wenn die Bauchspeicheldrüse weitestgehend oder endgültig erschöpft ist, müssen auch die Typ 2-Diabetiker Insulin spritzen.

Zur Therapie des Typ 2-Diabetes gibt es ein Fünfstufen-Modell:

Stufe 1: Diät und Gewichtsreduktion reichen aus, Medikamente sind nicht erforderlich.

Stufe 2: Dicke Diabetiker bekommen Metforminin Tablettenform, schlanke Diabetiker erhalten ein so genanntes Sulfonylharnstoffpräparat. (Euglucon o.ä.)

Stufe 3: Reicht der Einsatz der unter Stufe 2 genannten Medikamente nicht aus, so können andere Antidiabetika (blutzuckersenkende Arzneimittel) dazukombiniert werden.

Stufe 4: Mit Tabletten allein lässt sich der Blutzucker nicht mehr ausreichen senken, der Patient erhält zusätzlich zu seinen Tabletten Insulin.

Stufe 5: Die Insulinproduktion ist völlig erschöpft, eine Tabletteneinnahme daher völlig sinnlos, der Patient erhält ein Insulinpräparat.


Bei den Insulinen unterscheidet man ganz grob 2 Insulinarten:

Altinsulin: (das zuerst entdeckte Insulin) wirkt sofort, wird allerdings auch blitzschnell verbraucht und muss daher oft nachgespritzt werden.

Langzeit-Insuline: sind so genannte retardierte Insuline, der Wirkstoff wird über längere Zeit in kleiner Dosis aus dem Medikament freigesetzt.

In der Humanmedizin sind heutzutage fast ausschließlich Humaninsuline oder synthetische Insuline in Gebrauch.

Detailfragen zur Insulintherapie beantworte ich auf Wunsch gern im Tip Forum www.forum.thailandtip.de unter der Rubrik „Sonstiges“.


Orale Antidiabetika – umgangssprachlich „Zuckertabletten“
Hier haben wir ganz unterschiedlich angreifende Medikamente zur Auswahl.

Die Sulphonylharnstoffpräparate regen die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse zu einer verstärkten Insulinproduktion an. Sie wirken so lange, wie die Inselzellen noch nicht zu sehr erschöpft sind. Hauptsächliche Nebenwirkung ist die Gewichtszunahme.
Vorsicht! Bei unregelmäßiger Nahrungszufuhr kann der Blutzucker gefährlich absinken.

Biguanide: steigern die Zuckerverwertung in den Muskelzellen, außerdem bremsen sie den Umbau aus Eiweiß zu Zucker. Der Wirkstoff heißt Metformin.
Nebenwirkungen sind gelegentlich Übelkeit, Durchfall und (eher selten) Appetitlosigkeit.
Vorsicht: Wer schwer nierenkrank ist, darf keine Biguanide bekommen.


Diese beiden Präparatesorten sind derzeit die gängigsten eingenommenen Antidiabetika.

Noch relativ neu und bisher eher selten eingesetzt sind

Glinide: wirken ähnlich wie die Sulphonylharnstoffpräparate, setzen in ihrer Wirkung allerdings sehr schnell ein. Sie werden zu den Mahlzeiten eingenommen und sorgen dafür, dass es nach einer Mahlzeit gar nicht zu einem erheblichen Blutzuckeranstieg kommt. Die Dosis richtet sich nach der Größe der Mahlzeit. Wer sich dabei verschätzt, riskiert gefährlich niedrige Blutzuckerkonzentrationen.

Alphaglukosidasehemmer: sollen die Aufspaltung von Nahrungsmitteln im Darm in Zucker verhindern oder wenigstens verlangsamen. Auch dadurch steigt der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit nicht so stark an.
Nebenwirkung sind Blähungen!

Glitazone: können in der Frühphase eines Typ 2-Diabetes zum Einsatz kommen. Sie steigern die Insulinempfindlichkeit im Gewebe und senken so den Blutzuckerspiegel. Sie sollen also die Bauchspeicheldrüse vor einer Überlastung durch permanenten hohen Insulinbedarf schützen.
Nebenwirkung: Hauptsächlich Gewichtszunahme, selten Unterschenkelödeme und allgemeine Störung des Gewebewasserhaushaltes.

Weitere neue Medikamente, die Einfluss auf den Zuckerhaushalt nehmen, sind in der Warteschleife oder auch schon im Handel. Langzeiterfahrungen gibt es allerdings noch kaum, ein ganz entscheidender Durchbruch scheint nicht dabei zu sein. Aber die Entwicklung geht weiter!

drwkempf:
Abschnitt IV:



Therapiebegleitende Maßnahmen
(gilt maßgeblich für Typ 2-Diabetiker)

Fast alle Diabetiker benötigen eine intensive Schulung, in der sie lernen, mit ihrem Diabetes umzugehen.
In Europa bieten üblicherweise Krankenkassen und Selbsthilfegruppen Kurse an, in denen das erforderliche Wissen vermittelt wird.

Hier wird den Patienten auch das ideale Therapieziel erläutert. Erreicht werden sollen:

-   Gewichtsabnahme bis zum Erreichen des Normalgewichts
-   Verzicht auf Nikotin
-   Einstellen der Blutdruckwerte auf Normalwerte
-   Nüchtern-Blutzucker auf Werte unter 110mg/dl
-   LDL-Cholesterin im Serum <100mg/dl  (2,6mmol/l)
-   HDL-Cholesterin >45mg/dl  (1,2mmol/l)
-   Trigliceride im Serum <150mg/dl  (1.7mmol/l)
-   Gesamtcholesterin <180mg/dl  (4,7mmol/l)   
Ziel ist nicht nur, die Blutzuckerwerte in den Normbereich oder wenigstens in die Nähe des Normbereichs zu bringen. Ebenso wichtig ist es, den typischen Langzeitschädigungen einer Zuckerkrankheit vorzubeugen um so Erkrankungen wie einer Arterienverkalkung mit allen ihren Folgen, Schlaganfall und Herzinfarkt zuvorzukommen.


Bei der Diabetikerschulung lernen die Patienten aber auch, die typischen Zeichen einer drohenden oder eingetretenen Unterzuckerung zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Zur Unterzuckerung (Hypoglykämie) kommt es z.B. bei absichtlich oder versehentlich erfolgter Überdosierung von Blutzuckersenkern, aber auch dann, wenn Mahlzeiten ausgelassen werden oder wenn man zu viel und zu lange schwer körperlich gearbeitet hat. Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass auch Alkoholexzesse und schwere Erkrankungen unseren Blutzuckerhaushalt empfindlich stören können.

Der hypoglykämische Schock tritt ein, wenn der Blutzuckerwert eine kritische Grenze unterschreitet, die bei Diabetikern schon bei 60mg/dl liegen kann.  Dieser Zustand ist unmittelbar lebensbedrohlich, da das Gehirn nur kurze Zeit ohne ausreichende Blutzuckerzufuhr überleben kann. ohne schwersten Schaden zu nehmen.

Dem hypoglykämischen Schock gehen aber meist Warnsymptome voraus, die genug Zeit zur rechtzeitigen Intervention lassen.
An eine bedrohliche Hypoglykämie (Unterzucker) muss man denken, wenn

-   Unruhe
-   Schwitzen
-   Kopfschmerzen
-   Konzentrationsschwäche
-   Abnorme Müdigkeit
-   plötzlicher Heißhunger

 und andere Warnzeichen auftreten.
Meistens beobachtet man dabei unnatürlich weitgestellte Pupillen, nicht selten ist der Puls erheblich beschleunigt.

Was ist zu tun?
Noch vor einer Blutzuckermessung sollte der Patient Zucker, am besten in gelöster Form, z.B. als Limonade oder gezuckerten Obstsaft zu trinken bekommen.
Natürlich kann auch alternativ ein weit überhöhter Blutzucker vergleichbare Signale aussenden. Eine Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker), auch wenn sie massiv ausgeprägt ist, lässt uns viel mehr Zeit zum Handeln, und das bisschen  zusätzlich zugeführte Zucker spielt für den weiteren Verlauf keine Rolle.




drwkempf:
Abschnitt V:


Leben mit der Zuckerkrankheit

Wie nun schon mehrfach erwähnt, spielen Art und Menge der aufgenommenen Nahrungsmittel eine ganz hervorragende Rolle, nicht weniger wichtig ist  es,  darauf zu achten, dass man sich ausreichend bewegt. Ein Hund, der einen zum regelmäßigen Spazierengehen zwingt, kann eine große Therapiehilfe sein.
Dabei kommt es bei der Auswahl der Nahrungsmittel nicht so sehr darauf an, sich alles, was irgend gut schmeckt, zu verkneifen. Vielmehr spielt die Menge der Nahrungsmittel eine ganz herausragende Rolle.
Von Süßigkeiten darf man zum Beispiel nur ganz wenig zu sich nehmen, meist muss man zum Ausgleich auch noch auf andere Nahrungsmittel verzichten, um seine ausgewogenen Bilanz nicht zu gefährden.
   
Wer über den Tag verteilt mehrere kleine Mahlzeiten zu sich nimmt, gibt seinem Körper besser Gelegenheit, mit der angebotenen Zuckermenge fertig zu werden.
Wer es sich leicht machen will, verzichtet weitestgehend auf Kohlehydrate und ernährt sich bevorzugt von Gemüse und fettarmem Fleisch. Nierenkranke müssen leider auch noch beim Fleisch (Eiweiß)-Verzehr Abstriche machen.
Es ist unheimlich wichtig, regelmäßig reichlich zu trinken, mindestens 1,5Liter Flüssigkeit sollten es pro Tag schon sein, in den Tropen auch erheblich mehr. Dass dabei nicht an Bier oder andere alkoholhaltige Getränke zu denken ist, erklärt sich schon allein aus der Tatsache, dass Alkohol pure Kohlehydrat ist und schon deshalb meist gemieden werden sollte.

In geringen Mengen ist Alkohol im großen Ganzen unschädlich, bei Einhaltung der täglichen Kohlehydratbilanz schadet ein Bier keinem, es darf auch ruhig ein großes sein.

Bewegung – haben wir schon gesagt.
Wer sich bewegt, verbrennt Zucker, der so aus dem Blutkreislauf verschwindet. Des Weiteren hilft er dabei, sein Körpergewicht auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Nicht zuletzt führt nicht übertriebene Bewegung zu einer Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, regt die  (beim Diabetiker meist ohnehin geschädigte) Durchblutung an und fördert so das Allgemeinbefinden.
Dabei ist vor übertriebener Kraftmeierei Abstand zu nehmen. Wie so oft im Leben ist auch hier allzu viel nur schädlich.
Wer sich zeitig ausreichend bewegt, sensibilisiert seine Muskelzellen für Insulin und beugt so der gefürchteten Insulinresistenz wirksam vor.




Vorbeugemaßnahmen

Einem Diabetes Typ 1 kann man nicht vorbeugen. Diese Erkrankung ereilt die Patienten schicksalhaft.

Anders verhält es sich beim Typ 2-Diabetes.
Wir haben weiter oben gelesen, dass jeder, bei dem ein Elternteil zuckerkrank war (Typ 2-Diabetes), mit 50%iger Wahrscheinlichkeit ebenfalls zuckerkrank werden kann.
Da die meisten Menschen die Erkrankungen ihrer Eltern kennen, ist erst einmal in der Familienkrankengeschichte nachzuschauen.
Ist ein Elternteil zuckerkrank, so sollte man spätestens ab dem 40.Lebensjahr regelmäßig seine Blutzuckerwerte kontrollieren lassen. Beim geringsten Verdacht muss das Körpergewicht normalisiert werden, engmaschigere Kontrollen sind dann unerlässlich.


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