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Autor Thema: Briefe aus Indien  (Gelesen 1449 mal)

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Khun Han

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Re: Briefe aus Indien
« Antwort #15 am: 09. Januar 2025, 20:26:33 »

Bis zu meiner Rückkehr im Dezember schrieb ich noch viele Briefe, traf viele Menschen und erlebte einige Abenteuer. Deshalb will ich hier nur kurz etwas zu dem Vipassana Meditationskurs unter Goenka einfügen. Ich empfehle wieder kurz dazu zu googeln.

Zu jener Zeit gab es ja kein Internet, kein E-Mail und kein Handy. Man bekam Tipps von anderen Reisenden und man schrieb Briefe. Ich ließ mir eine Liste kommen mit Orten und Kursterminen, auf der dann auch Voraussetzungen und Verhaltensweisen genannt wurden. Ich meldete mich für einen Kurs in Madras an und bekam die Zusage.



Wir schliefen in diesen 10 Tagen alle in einem Raum, saßen tagsüber lange in einem anderen, folgten dabei der Aufmerksamkeit den Körper auf und ab und sollten dann über unsere Erfahrungen sprechen. Sonst war Schweigen angesagt, nur während der Nachmittagspause konnten wir uns unterhalten. Das Sitzen fiel mir schwer, ich musste mich anlehnen.





Sonst weiß ich nicht viel zu berichten, Durchbruch hatte ich keinen. Ich erlebte nur, wie schnell das Karma sich erfüllen kann. In Gedanken bezeichnete ich einen anderen Teilnehmer als Affen und kurz darauf riefen mir Kinder "Monkey!" nach.

Zitat
c/o. Fr. Julius Moser
 Indo-German Cultural Society
   240-A-2 Shraddhanandpeth
         Nagpur-10

Dienstag, 1.Mai 1973,Nagpur

Meine Lieben!                                                                         
Ich hoffe, dass Ihr alle gesund seid. Von jetzt an werde ich Euch nur noch diese Aerogramme schicken, nicht nur weil mir das Flugpostpapier ausgegangen ist, sondern auch weil Ihr, wenn ich Euch viel und ausführlich schreibe, nur mit „wunden Herzen“ herumlauft und nicht zur Ruhe kommt. Ich bin nun 1 Woche bei Pater Moser gewesen und fahre morgen zu Pater Jacob. Der Meditationskurs war sehr nutzbringend. Das Vipassana-System ist wirklich eine Methode, den Geist zu reinigen und zu stillen. Ich habe nun gesehen, welch schwierigen Weg ins Innere ich angetreten habe und wie viel Kampf und Arbeit er verlangt. Näher auf das System Buddhas einzugehen, würde Euch nur das Herz wund machen. Während der 10 Tage durften wir das Camp nicht verlassen und so merkte und wusste ich auch nicht, dass Ostern war. Also noch „Fröhliche Ostern“ im Nachhinein. Dir, liebe Oma, danke ich von Herzen für Dein Ostergeschenk. Ich kann es sehr gut gebrauchen. Ich habe mich entschlossen, nicht als Sannyasi ohne Geld weiter zu reisen und auf das äußere Zeichen, das gelbe Gewand, zu verzichten. Am 13. werde ich weiter nach Puri zum Jogananda-Ashram reisen. Bis auf weiteres könnt Ihr mich jedoch immer unter Pater Mosers Adresse erreichen. Heute wollten wir auf der Bank ein Konto eröffnen, doch da am 1.Mai alles geschlossen ist, gehen wir morgen hin. Ich werde Euch dann die Kontonummer schreiben. Den Scheck habe ich nach 1 Woche erhalten (das Geld per Postal order nach 1 Monat), konnte ihn aber nicht einlösen, da keine Bank hier mit der Laspa in Verbindung steht. Fragt bitte, mit welcher Bank in Indien, vielleicht in Kalkutta oder Delhi die Laspa Stuttgart in Verbindung steht. Hier in Indien ist nun Sommer und in Nagpur herrscht eine Temperatur von 46 Grad im Schatten(!). Viele Menschen sind schon an Hitzschlag gestorben. Und das dauert noch bis Mitte Juni; dann kommt der große Monsunregen. Ich habe Euch in 2 Paketen Bücher geschickt, die ich mitgenommen oder hier gekauft habe. Ich kann sie nicht mit mir herumschleppen. Ich lasse sowieso mein Gepäck bei Pater Moser. Ich habe mir leichte indische Kleidung machen lassen. Und reise nur mit einer Tasche. Gebt die englischen Bücher und Hefte Manfred. Er soll Euch den Inhalt der Bücher über Sai Baba und Yogananda übersetzen. Dass mich Euer Gebet nach Indien geführt hat, mache ich Euch nicht zum „Vorwurf“, ich bin Euch dankbar. Ihr habt um einen Priester gebetet, Ihr werdet mehr als das bekommen. Doch kann Gott mich das nur in Indien werden lassen. Und Ihr müsst einsehen, dass der Weg zu Ihm, der die Liebe und Freiheit ist, ein Weg der Befreiung von allen religiösen und ethnischen Einschränkungen und ein Weg der Begegnung mit den Wahrheiten in den anderen Religionen ist. Gott ist kein Europäer und kein Christ. Deshalb ist es jedoch nicht notwendig mein Christentum über Bord zu werfen; im Gegenteil ist wahres Christentum erst möglich ohne die einengende religiöse und soziale Kurzsichtigkeit anderen Religionen und Kulturen gegenüber.
Was Ihr über „meine Sachen“ und das Geld geschrieben habt, habe ich nicht verstanden. Schreibt es bitte ausführlicher. Wenn Ihr das Paket an mich noch nicht abgeschickt habt, dann tut doch auch bitte Pflaster hinein. Wurst und Maagstrudel werden wohl verderben. Oft wünsche ich mir am Sonntagmittagstisch zu sitzen oder Schwarzbrot und Speck zu essen. Sehr vermisse ich auch ein richtiges Bett mit Federkissen und –decke ohne Moskitos, Ameisen und Grillen, eine Badewanne und ein WC; auf dem man lange sitzen und lesen kann. Aufstehen tue ich wann´s mir passt und schlafen gehe ich ebendann. Essen tue ich meist Früchte. Übrigens braucht Ihr mir nicht zu schreiben, wem ich alles geschrieben habe; das kann ich mir selbst merken. Und nun hört endlich, endlich auf, Euch in irgendwelcher Hinsicht unnötige Sorgen zu machen. Betet und wartet ab, was wird.
Viele Grüße an Euch daheim und alle Bekannten von Euerm Hans
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Khun Han

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Re: Briefe aus Indien
« Antwort #16 am: 10. Januar 2025, 21:36:04 »

Es ist mir fast peinlich, was ich über meine spirituellen Ansichten und Träume geschrieben habe, aber ich lasse alles so stehen. Vor mir lag noch ein weiter Weg und ich bereue keinen Schritt und keine Entscheidung.

Was ich nach meiner Ankunft in Puri erlebt habe, habe ich nicht nach Hause geschrieben. Ich hatte vor Jahren die "Autobiographie eines Yogi" von Yogananda gelesen, der übrigens auch die Therese von Konnersreuth getroffen hatte, und sein Ashram war einer meiner Zielpunkte. Als ich da nicht gleich Aufnahme fand, nahm ich mir in der Nähe eine Unterkunft. Während der Unterhaltung mit zwei Indern stimmte ich zu eine Droge zu nehmen, ein Getränk namens "Bang".

Als ich in meinem Zimmer war, erweiterte sich mein Bewusstsein - oder zumindest glaubte ich das - und ich konnte sehen und hören, was außerhalb des Raumes vor sich ging. Die beiden hatten demnach vor, mich zu bestehlen und um die Ecke zu bringen. In Panik packte ich meine Sachen und lief auf die Straße. Während ich die breite Straße entlang rannte, in Richtung Meer und immer wieder an Türen klopfend und nur Unverständnis erntend, spürte ich deutlich das Blut durch alle meine Adern fließen. Dieser Zustand hielt auch an, als ich schließlich im Ashram in einem Raum auf den Hauptverantwortlichen warten musste. Seine Abweisung machte mich zornig.

Ich fand ein kleines Hotel, in dem ich zur Besinnung und zur Ruhe kommen konnte. Später vermietete mir ein gutherziger Mann ein geräumiges Zimmer mit Meerblick. Er besaß ein Restaurant, in das ich regelmäßig einkehrte. Meistens aß ich Fischsuppe, auch wenn sie voller Gräten war.

Zitat
Adarsha Hindu Hotel
     Room Nr. 7
    Renuka Bhaban
  Sea Beach, Puri (Orissa)

Puri, den 8.Mai, Dienstag

Meine Lieben!                                                                               
Ich schreibe Euch aus einem Hotel in Puri. Etwas Seltsames ist passiert. Ich glaube dem Ziel einen Schritt näher gekommen zu sein. Doch ich spüre, dass es nicht gut ist, darüber zu reden. Ich kann es Euch nicht erklären; Ihr würdet es nicht verstehen; ich verstehe es selber kaum. Es ist wie wenn man in ein neues Gebiet tritt, man sucht immer Halt am Alten, bis man schließlich im Neuen Fuß gefasst hat und auch das vertraut wird. So folgt ein Schritt dem anderen. Ich weiß nun, was es bedeutet, den Pfad zu gehen. Es ist wie ein Weg zu suchen im Moor. Es gibt viele Gefahren, Irrlichter und Sumpflöcher. Ich gehe diesen Pfad allein, nur mit der Hilfe Gottes, ohne Führung eines Gurus. Ich werde sieben Tage im Hotel bleiben und nur meditieren. Ich kam hier zum Yogoda-Ashram in Puri und glaube gefunden zu haben, was ich suche. Doch der Guru hier, Swami Hareharananda, kommt erst in 2 Wochen zurück. Es sind auch 2 Deutsche im Ashram, die Einführung in den Kriya-Joga erhalten haben.
Wir, P.Moser und ich, waren in Nagpur auf der Bank. Man sagte uns dort, dass eine Kontoeröffnung mit vielen Schwierigkeiten, Formalitäten und Fragen verbunden ist. Ich müsste über jeden Paise Rechenschaft ablegen, woher er kommt und wofür ich ihn ausgegeben habe. Es ist also besser, mir das Geld in einem undurchsichtigen, eingeschriebenen Brief an meine jeweilige Adresse zu schicken, oder wenn ich keine bleibende Adresse habe, einfach per British Postal Order direkt an P.Moser.
In Malkaroda blieb ich nur bis Sonntag. Es liegt am Ende der Welt und es ist so heiß, dass man nichts unternehmen kann. Pater Jacob war nicht da. Hier in Puri, am Golf von Bengalen, ist es angenehm. Es weht immer ein kühler Wind vom Meer har. So – ich will jetzt schließen. Jedes Wort macht mir Schwierigkeiten. Ich habe bereits für sieben Tage von der Außenwelt, der sogenannten Realität abgeschlossen.
Macht Euch keine Sorgen und betet weiterhin für mich.
Viele Grüße an alle Bekannten.
Euer Hans
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Khun Han

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Re: Briefe aus Indien
« Antwort #17 am: 12. Januar 2025, 20:45:43 »



Zitat
  c/o. Sambhu Nath Ghose       
Swargadwar – Puri (Orissa)                                                                                                         
Puri, Sonntag, den 20.5.1973

Meine Lieben!                                                                               
Wie geht es Euch? Ich hoffe, dass Ihr alle so gesund seid wie ich. Ich habe mir in Puri ein Zimmer gemietet und werde wahrscheinlich mindestens 2 Monate bleiben. Meine Adresse ist: c/o. Sambhu Nath Ghose, Swargadwar – Puri. Es ist mir, als hätte ich bisher geschlafen oder geträumt und bin hier erst aufgewacht. Hier hat es mich gepackt. Ich sehe, dass ich ohne Gott nicht mehr weiterleben kann und mein einziges Verlangen ist, Ihn zu sehen. Ich kann jetzt einen großen Teil des Tages in Meditation und Betrachtung und Lesen verbringen und auch das Sitzen mit gekreuzten Beinen macht mir immer weniger Schwierigkeiten. Es ist, als wäre ich nicht hierher gegangen, sondern versetzt worden. Puri ist eine herrliche, alte indische Stadt, mit engen Gassen, vielen Tempeln und etwa 70 Ashrams. Mein Zimmer im ersten Stock ist wenige Meter vom Strand entfernt und ich habe eine herrliche Aussicht aufs Meer. Manchmal wimmelt es vor Touristen. Nicht weit von Puri ist auch der berühmte Sonnentempel von Konark. Das Wetter ist sehr warm, doch weht stets ein kühler Wind. Es hat auch schon ein paar Mal geregnet, während in anderen Teilen Indiens eine Ofenhitze herrscht. Es werde hier Schuhe, Taschen usw. aus Schlangen- und Alligatorhäuten, sowie Antilopen- und Tigerfellen hergestellt, und Muschel- und Hornarbeiten. (Natürlich habe ich nicht widerstehen können und muss mich jetzt etwas einschränken.) Erich könnte hier mit einem Freund (oder Freundin), der englisch spricht, schöne Ferien verbringen (Flug: Amsterdam – Delhi – Kalkutta). Man merkt natürlich hier nicht, dass Sonntag ist. Ein Tag vergeht wie der andere. Ich habe erkannt, dass mir alles, was ich gelesen und philosophiert habe, nicht weiterhilft, sondern nur mit Praxis ans Ziel komme. Ich werde den Swami des Yogoda-Ashrams um Einweihung in Khriya-Yoga bitten und ich habe keine Zweifel, dass ich sie nicht bekomme. Jetzt sind es genau 4 Monate, dass ich in Indien bin. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Ich hoffe, dass auch Ihr es kurz findet, denn ich habe noch 8 Monate vor mir. Allerdings sehen mein Leben und mein Aufenthalt in Indien seit 2 Wochen anders aus. Wenn Ihr mir Geld schicken wollt, müsst Ihr es per Einschreiben tun.
So das wäre alles. Viele Grüße an alle in L...!
Seid herzlich gegrüßt von
Eurem Hans
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Khun Han

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Re: Briefe aus Indien
« Antwort #18 am: 17. Januar 2025, 15:46:13 »

Zitat
    Swargadwar, Puri (Orissa)
 Puri, Donnerstag, 24.Mai 1973           

Meine Lieben!

Vielen Dank für Euren Brief vom 15.. Inzwischen werdet Ihr ja meinen Brief vom 20. erhalten haben und vernommen haben, wie es mir geht. Und was ich mache. Anscheinend jedoch habt Ihr meinen Brief vom 2. aus Nagpur nicht erhalten, in dem ich Euch alles über Pater Moser und das Geld erklärt habe. Die 100 DM habe ich nach einem Monat bekommen. Die Landessparkasse aber hat mir einen Scheck für 200 DM geschickt, den ich aber in Nagpur nicht einlösen konnte, da keine Bank dort mit der Laspa in Verbindung steht. Deshalb bat ich Euch, die Laspa zu fragen, mit welcher Bank, am besten in Kalkutta oder Bhubhaneswar oder einer anderen Stadt in Orissa, sie in Verbindung steht. Am besten ist es also, wenn Ihr mir das Geld über England per Britisch Postal Order oder in DM – Noten in einem undurchsichtigen Brief per Einschreiben schickt. Das Geld per Br. Post. Ord. Erhalte ich auf jeden Fall, auch wenn ich meine Adresse geändert habe. Die 100 DM kamen auch nach Nagpur und P. Moser konnte sie in Empfang nehmen. P. Moser ist der deutsche Pallotinerpater, der in Nagpur die deutsch-indische Kulturgesellschaft leitet und eine Hindu geheiratet hat. Wie ich Euch kenne, werdet Ihr ihm ja schreiben. Die Gedanken für einen Reisebericht trage ich schon lange mit mir herum und ich bin dabei, sie in die Tat umzusetzen. Vielleicht wird ihm ein zweiter folgen, aber kein Fortsetzungsbericht. Das Paket habe ich noch nicht erhalten. P. Moser wird es mir nachschicken. Ich hoffe jedoch, dass Ihr meine 2 Pakete erhalten habt, oder? Die Frage mit der Rückflugkarte hat noch lange Zeit. Ich weiß ja auch nicht, ob ich allein zurückkomme und wann genau.
Dir, liebe Mutter, wünsche ich nachträglich alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen zum Muttertag. Die Tage vergehen hier ohne Sonn- und Feiertag, doch das ist für meinen Zweck nur nützlich. Ich sehe nun, wie notwendig es war, für ein Jahr alle Bindungen aufzugeben. Ich mache von Tag zu Tag auf dem Weg zu Gott Fortschritte. Ich wollte Swami Hariharananda um Einweihung in Khrija-Joga bitten, doch vor seiner Tür kehrte ich wieder um. Ich erkannte, dass ich sie nicht brauche. Endlich bin ich frei von dem Zwang, innerhalb eines Jahres einen Guru finden zu müssen und muss nicht mehr alle möglichen Ashrams und Städte besuchen. Ich weiß nicht, ob ich schon Mitte Juni oder erst Juli zu einem anderen ruhigen Ashram fahre, der ziemlich ruhig und unbekannt am Meer liegt. Dort wird kein System gelehrt, sondern einfach Lesungen in und über die verschiedenen heiligen Indiens gehalten.
Soviel für heute. Ich will ja bald wieder schreiben.
Viele Grüße aus Puri
Euer Hans

Pater Julius Moser hat mir sehr geholfen, er war wie ein väterlicher Freund. Wir spielten auch Schach zusammen und blieben lange in Briefkontakt.
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