Geisterhäuschen für das Glück
Nur einmal etwas gugeln und dann erfährt man vieles über die Geisterhäuschen, die man vor allen Dingen im Isaan in der Nähe der Wohnhäuser stehen sieht, von denen aus der Schatten dieser kleinen Kunstwerke oder auch Massenware nicht auf das von Ihnen zu schützende Haus fallen darf.
Jedem Besucher Thailands fallen umgehend die Geisterhäuschen ins Auge, die nicht nur im Isaan in den Dörfern vor den Wohnhäusern, sondern auch in den Städten, sogar vor Industrieanlagen, Hotels und Bürogebäuden stehen. Ist in den Städten ebenerdig kein Platz für sie vorhanden, dann werden sie sogar auf dem Flachdach oder auf einem Balkon des Gebäudes aufgestellt.
Sie sehen hübsch aus, die kleinen Holz- oder Betonhäuschen, die den sakralen Gebäuden eines thailändischen Tempels ähneln und immer auf Pfählen in Kopfhöhe stehen. Für den unwissenden Besucher und Gast dieses Landes stehen die Geisterhäuschen und die Verehrung von Geistern im krassen Widerspruch zum Buddhismus, dessen weltweites Zentrum sich nach Ansicht der hiesigen Gläubigen in Thailand etabliert hat.
Gewinnt man einen etwas tieferen Einblick in die Welt des Geisterglaubens der Bevölkerung, sind die Geisterhäuschen sogar nur die Spitze eines Eisberges, der aus dem Wasser ragt. Diesen scheinbaren Widerspruch zum Buddhismus an dieser Stelle gänzlich zu erläutern, muss ich klügeren Leuten überlassen. Um jedoch die Beweggründe der Thailänder solche Häuschen aufzustellen etwas verständlich zu machen, mag die folgende Erklärung dienen.
Wenn ein neues Gebäude gebaut werden soll, wird nach Glauben der Thai der dort im Boden wohnende Erdgeist Phii Chao Thi vertrieben. Um ihn nicht zu erzürnen, wird ihm deshalb eine neue Wohnstatt angeboten, die immer auf einer Säule steht. Oft sieht man sogar am Rand eines noch unbebauten Grundstücks solch ein neues Geisterhäuschen. Das wird bereits einige Wochen oder Monate vor Baubeginn aufgestellt, damit der hier ansässige Erdgeist es beziehen kann. So wird sichergestellt, dass er nicht verärgert ist und später den Bauarbeitern, sowie den Bewohnern des neuen Gebäudes Unheil bringt.
Oft wird auch noch ein zweites Häuschen gebaut. Das steht auf vier oder sechs etwas niedrigeren Säulen und ist die Wohnstatt für den Luftgeist Phii Chao Phum. Dieser Geist ist die Seele des verstorbenen Hausbesitzers, die in der Luft über das Grundstück wohnt und es bewacht.
Bevor ein Geisterhaus aufgestellt wird, muss von einem Geisterkundigen der geeignete Platz und der richtige Zeitpunkt gefunden werden. Auf keinen Fall darf der Schatten des Gebäudes auf die Geisterhäuschen fallen. Oft richtet sich deshalb der Bauplan nach dem Standort der Geisterhäuser. Gar nicht selten befindet sich in unmittelbarer Nähe, zumindest in Sichtweite das Eingangsportal zu dem neuen Gebäude. Deshalb können die Geister nicht nur für Glück sorgen, sondern auch unliebsame Besucher fern halten.
Die kleine Plattform, auf der sich ein Geisterhaus befindet, steht immer in Augenhöhe. Steht es zu niedrig, könnten die Geister beleidigt sein und steht es zu hoch, können die Opfergaben nicht gut platziert werden. Oft stehen die Häuschen auf einem gefliesten Podest. Das unterstreicht den Respekt, den die Bewohner ihren Schutzgeistern beimessen. Auf der kleinen mit einem Zäunchen versehenen Plattform des Häuschens stehen kleine Figuren, wie menschliche Dienstboten, Büffelkarren, Elefanten, vielleicht auch ein kleines Tischchen und Bänke oder Stühle. Dem dort wohnenden Geist soll damit das Wohnen angenehm gemacht werden. Damit der Geist auch in der Nacht seine Wohnung findet, ist das Haus manchmal mit bunten Lichterketten versehen, oder an der Eingangsseite brennt während der Dunkelheit ein Kandelaber.
Meistens an dem Tag in der Woche, an dem Buddha gedacht wird, wird den Geistern geopfert, um sie gnädig zu stimmen. Dazu verwendet man kleine Vasen, Schälchen und Gläser, die mit Blumen, Lebensmitteln und Getränken gefüllt, auf der Plattform abgestellt werden. Manchmal werden den geistern außer Alkohol sogar Betelnussbissen angeboten. Warum es immer 9 dieser Bissen, 9 Räucherstäbchen und neun Orangen usw. sein müssen, ist mir leider noch unbekannt. Weiter werden kleine Kerzen angezündet und die Räucherstäbchen glimmen.
Oft steht bei dieser Zeremonie sogar ein Tischchen vor den Häuschen, damit auch umfangreichere Dinge geopfert werden können. Die Räucherstäbchen werden erst angezündet, wenn alles aufgebaut ist. Dann wird zum Schluss ein Gebet gesprochen, ein Wunsch geäußert oder ein Dank für einen in Erfüllung gegangenen Wunsch ausgesprochen. Während dessen die Räucherkerzen abbrennen, können sich die Geister an dem Dargebotenen laben. Sind die Räucherstäbchen abgebrannt, sind die Geister zufrieden gestellt. Die Opfergaben können dann abgeräumt und an Bedürftige verschenkt werden.