Ich hab hier mal den ersten Teil des von Namtok o.g. Artikels übersetzt:
Thailand steht schon wieder auf der Kippevon Shawn W. Crispin
BANGKOK – In Thailand ist die Politik wieder auf die Straßen zurückgekehrt, was ausgerechnet mitten in einem umstrittenen Bemühen des Parlaments um nationale Aussöhnung befürchten lässt, dass es zu neuerlichen Instabilitäten kommen könnte. Die Rückkehr der gegen den ehemaligen Premierminister Thaksin Shinawatra eingestellten Demonstranten sieht zwar oberflächlich wie eine Wiederholung des Auftaktes zum Putsch von 2006 aus, jedoch fehlt diesen jüngsten Aufmärschen zumindest in der jetzigen Anfangsphase noch die entscheidende Unterstützung durch das Militär.
Kräfte der etablierten Kreise, darunter die Oppositionspartei der Demokraten, die Protestgruppe „Volksallianz für Demokratie“ (PAD) und eine Fraktion des Königshauses, sind gegen vier Gesetze zur nationalen Aussöhnung, die ihrer Meinung nach einzig und allein darauf abzielen, dem ins Exil geflohenen Thaksin (der die wahre Macht hinter der Phüa-Thai-geführten Regierung seiner Schwester Yingluck verkörpert) Amnestie zu gewähren und sein vom Gericht beschlagnahmtes Vermögen wieder zurück zu geben.
Ein Versuch letzte Woche, die Gesetze durchzudrücken, wurde vereitelt, als die Demokraten gewaltsam die Parlamentssitzung unterbrachen und die PAD gemeinsam mit „bunten“ Straßendemonstranten das Parlamentsgebäude umzingelte, um Phüa-Thai-Politiker an dessen Betreten zu hindern.
Auf dem Höhepunkt des Tumultes befahl das Verfassungsgericht dem Parlament, die dritte Lesung der Gesetze zu vertagen, bis es eine Petition geprüft habe, die die Rechtmäßigkeit einer damit im Zusammenhang stehenden Verfassungsänderung in Frage stellt.
Thailands Gerichte haben seit dem Putsch von 2006 eine wichtige Rolle in der Politik gespielt – durch Urteile, die zwei Parteien Thaksins verboten und zwei ihm nahestehende Regierungen abgelöst haben – und das umstrittene Urteil der letzten Woche stellt aus Sicht Thaksins und der Phüa Thai einen erneuten Versuch dar, die Macht an sich zu reißen. Sie behaupten, diese Entscheidung verletze die verfassungsmäßige Gewaltenteilung und drohen nun damit, gegen die sieben Richter des Verfassungsgerichtes ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten.
Dies alles bereitet die Bühne für eine möglicherweise gewaltsame Endabrechnung, einschließlich Zusammenstößen zwischen den verfeindeten Pro- und Anti-Thaksin-Lagern, sobald diese Gesetze wieder im Parlament auf der Tagesordnung stehen. Thaksin hat seine Rothemden der „Vereinigten Volksfront für Demokratie und gegen Diktatur“ (UDD) zu Demonstrationen aufgefordert, als er sie in einer hitzigen Rede am 2. Juni anflehte, doch ja gegen Versuche, die Macht vom Volke zu „stehlen”, anzukämpfen.
In der gleichen Rede erklärte Thaksin außerdem, er sei „verraten“ worden, allerdings ohne zu sagen, von wem, und bedauerte, daß die Rothemden „gezwungen worden seien, ihr eigenes Blut zu trinken“. Er kritisierte auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes von 2010, durch das 1,4 Milliarden US-Dollar aus seinem Vermögen beschlagnahmt worden waren und das der Auslöser für die Rothemden-Proteste gewesen sei, die Bangkoks Wirtschaftszentrum lahmgelegt und letztlich zu den Gewalttätigkeiten im April und Mai 2010 geführt haben.
Diese Brandrede war ganz im Stile früherer Reden, wo Thaksin seine Anhänger dazu gedrängt hatte, eine „soziale Revolution” loszutreten und markierte eine bemerkenswert deutliche Abkehr von seiner versöhnlicheren Botschaft vom 19. Mai, wo er die Rothemden dazu aufgefordert hatte, um der nationalen Aussöhnung und seiner Rückkehr aus dem Exil willen ihre Verbitterung zu verdrängen und auch die Forderungen nach Gerechtigkeit für die Opfer der Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Militär im April und Mai 2010 hinten anzustellen.
Jene Rede hatte viele Rothemden vor den Kopf gestoßen und ganz deutlich die Grenzlinien aufgezeigt zwischen den echten Kämpfern für Fortschritt und politische Veränderung und denjenigen, die für die viel enger gezogenen politischen Ziele der Phüa Thai und die persönlichen Thaksins stehen. Thaksin und die anderen Scharfmacher der Rothemden sind sich dieser zunehmenden Spaltung bewusst und versuchen nun, die zersplitterte Bewegung wieder zu einen, indem sie die Drohung eines möglichen Militärputsches gegen die gewählte Regierung von Yingluck ins Spiel bringen.
Allerdings glaubt kaum ein Beobachter des Militärs daran, dass wirklich ein Putsch unmittelbar bevorsteht. Vielmehr heißt es, Thaksins Lager und die von Heereschef General Prayuth Chan-ocha geleitete Militärführung hätten sich im Grunde auf die Amnestie-Punkte in den vier Versöhnungsgesetzen geeinigt. Ins Auge sticht da, dass diese Amnestie nicht an der Rechtsgrundlage des Putsches von 2006 rührt und Soldaten nicht für den Tod von vermutlich Dutzenden ziviler Rothemden-Demonstranten während der Aufstandsniederschlagung 2010 verantwortlich gemacht werden können.
Diese offensichtlich Übereinkunft gehört zu einem komplexen Geflecht von gegenseitigen Gefälligkeiten. Ein Gesetz zur Reform des Militärs, das den zivilen Politikern bei zukünftigen Stellenbesetzungen – seit jeher das Vorrecht der Militärspitze – mehr Mitspracherecht eingeräumt hätte, wurde entschärft. Auf der anderen Seite haben staatliche Ermittler in den letzten Wochen verlauten lassen, sie hätten inzwischen genug Beweismaterial gesammelt, um dem Militär die Schuld an mindestens 18 der 92 Todesopfer bei den Protesten nachweisen zu können.
„Die Militärführer haben das Gefühlt, ohne Amnestie nicht weiter zu kommen. Die Führungsspitze und alle für eine Beförderung vorgesehenen Generale haben Blut an ihren Händen,“ sagte ein Angehöriger des Militärs, der ungenannt bleiben möchte. „Sie möchten, dass die Versöhnungsgesetze in Kraft treten.“
Auffällig ist, wie der bislang auf das Militär ausgeübte Druck im Vorfeld der Parlamentsdebatte letzte Woche über die Aussöhnung nachließ. Ebenso verstummten zuvor häufig gehörte Gerüchte, dass Thaksin-treue Soldaten einen Gegenputsch planen würden, um Prayuth und seine obersten Stellvertreter abzusetzen und so den Weg für Thaksins sichere Rückkehr zu ebnen. Beide Seiten haben in den vergangenen Monaten angeblich geheime „Kriegsstäbe“ eingerichtet, um die Bewegungen der Gegenseite zu überwachen.
Thaksin behauptete im April – ohne allerdings Namen zu nennen – dass in jüngster Zeit allein vier Mordanschläge auf ihn geplant gewesen seien. Analysten und Diplomaten sind überzeugt, dass der Ex-Premier sich nicht sicher genug fühlt, nach Thailand zurückzukehren, solange dort Prayuth und andere stramm Königstreue die Spitzenränge in den Streitkräften besetzen.
Auch wenn die Demokraten, die PAD und Teile des Palastes eine Rückkehr Thaksins weiterhin entschieden ablehnen, so zeigt doch eine kürzlich erschienene Analyse, daß das Militär der Meinung zu sein scheint, sie könnten Thaksins Aktionen und Treffen besser kontrollieren, wenn sich dieser im Lande aufhalten würde. Inmitten all dieser Schachzüge und Neubewertungen hat Prayuth zweimal während der Tumulte im und vor dem Parlament der Regierung Yingluck seine Unterstützung versichert.
Diese Haltung hat gezeigt, dass auch die etablierten Kreise uneins sind. Konservative Gruppen, die einst gemeinsam gegen Thaksin standen, teilen sich nun in Lager für und gegen eine Amnestie. „Der Oberbefehlshaber der Armee steht nun auf Thaksins Seite,“ sagte Sondhi Limthongkul aus der Führungsriege der PAD, kurz nachdem seine Gruppe am 1. Juni das Parlament blockiert hatte. „Prayuth ist doch nur daran interessiert, im Amt zu bleiben und ein dickes Budget von der Regierung zu kassieren.“
Quelle:
http://www.atimes.com/atimes/Southeast_Asia/NF08Ae01.htmlDer zweite Teil folgt, sobald ich dazu Zeit habe