Unser Bernd bemueht sich ja nach Kraeften,uns die gehobene Kulinarik
beizubringen.
Und er ist dabei auf guten Weg,denn langsam erkennen wir den Unterschied
zwischen einen Commis de range und einen Rotisseur,wissen Bescheid,wer am
Tisch zu Flambieren hat und wer die Weinkarte ueberreicht.
Dass die gehobene Gastronomie nicht nur Freude bereitet,erzaehlt uns die
Geschichte meines,mittlerweile verstorbenen Freundes Robert.
Als Robert seine Frau freite,achtete er nicht so darauf,dass sie eine geborene
Freifrau von xy war und perfekt Franzoesisch sprach.
Er war fasziniert von ihrer Figur,ihrer Eleganz und der Aura von Weltlaeufigkeit.
die sie verstrahlte.Dass sie beachtliche Kenntnisse ueber Speisen und Getraenke
hatte,nahm er vorerst nicht so wahr.
Sie kannte alle Kochbuecher auswendig,wusste ueber Restaurantrezessionen Be-
scheid und besuchte alle,aber wirklich alle Gourmethaeuser in Wien und Umgebung.
Doch den Gipfel des kulinarischen Gluecks hatte sie noch nicht erreicht,den der war
in Paris gelegen.
Im Gefolge des Meisters aller Meister,namens Paul Bocuse,zierten alsbald " Sterne"
"Kochloeffel" und "Hauben",die respektable Gourmetfuehrer vergaben,viele Lokale
in Frankreich,insbesondere Paris.
In einem der angesagtesten Lokale dort,wollte Robert`s Frau den Himmel auf Erden
erfahren.Es lag noch Schnee auf den Feldern,als sie den Tisch bestellte und das Laub
begann sich zu verfaerben,als sie und Robert mit dem Flieger abhoben.
Puenktlich betraten sie das heimelige,mit wertvollem Interieur ausgestattete Lokal im einem
vormehmen Arrondissement,wo sie vom Maitre d`hotel empfangen wurden,der sie auch zu
ihren Tisch geleitete.
Schon nach wenigen Worten,war der gute Mann entzuckt von Madame,die nicht nur perfekt
Franzoesisch sprach,sondern offensichtlich in der Lage war,sich mit ihm auf Augenhoehe ueber
die Speisenfolge zu unterhalten,obwohl seine ganze Aufmerksamkeit etwas von dem seltsamen
Monsieur abgelenkt wurde,der Madame begleitete und falsche Augenwimpern angelegt hatte.
Da es das Restaurant als Selbstverstaendlichkeit ansah,Madame die "Damenkarte" auszuhaendigen,
waehrend Robert jene Karte bekam,wo die Preise vermerkt waren,wurde er langsam nervoes,
als die Bestellungen eine ganze Weile an Zeit beanspruchten.
Da Robert kein Wort Franzoesisch sprach,wusste er auch nicht,was seine Frau fuer ihn be-
stellt hatte.
Jedenfalls servierte man ihm als Hauptspeise etwas Gelbes mit ein bisschen Gruenzeug,das
sich "Cerveaux avec oeuf "nannte und gerade 9 cm2 des Tellers in Anspruch nahm.
Dafuer gab die Zahlenreihe aus der sich die Rechnung zusammensetzte,etwas her.
Als unser Paar sich anschickte,das Lokal zu verlassen,geschah dies nicht ohne tiefer
Verbeugungen des Personals,da Robert`s Frau beim Trinkgeld nicht knausrig war.
Der Heimweg zum Hotel verlief einsilbig.Das lag an Robert,der verzweifelt sein Gehirn
zermartete,wie er seinen Kreditsachbearbeiter ueberzeugen koenne,den Ueberziehungs-
rahmen zu erweitern und wie lange es dauern koennte,sein Debet in ertraegliche Bahnen
zu fuehren.
Seine Frau schwelgte derweil in der Resonanz des vergangenen kulinarischen Highlights
und uebersah,dass Robert Ausschau hielt,ob sie einen noch offenen McDonald`s passierten,
damit er seinen Hunger stillen koennte.
Kurz danach verloren wir uns aus den Augen und trafen einander ploetzlich weit draussen
in der Hasnerstrasse.
Die Freude war gross und er lud mich zum Mittagsessen ein.
Wir betraten eines der typischen kleinen Wirtshaueser.Die Tische trugen keinen schweren
Damast sondern glattes Resopal.Messer und Gabel waren in saugfaehige Papierservietten
eingewickelt und der Ober vermittelte uns in seiner Koerpersprache,was er von uns hielt,
naemlich, eine stoerende Belaestigung.
Dafuer war das Essen erstklassig.
Ich ass ein kleines Gulasch,Robert bestellte sich sein Lieblingsessen,Hirn mit Ei und das
alles spuelten wir mit einem frisch gezapften "Ottakringer Goldfassl" hinunter.
Er erzaehlte,dass er,seit er von seiner Frau geschieden wurde,sein bohemenisches Leben
wieder aufgenommen habe,mit Musikerkollegen sich ganze Naechte um die Ohren schlaegt und
langsam wieder jene Ausgeglichenheit erlangt habe,in der er vor seiner Ehe,die Tage verbrachte.
Und er schwur,dass er niemals mehr ein Sternelokal betreten werde.
Jock