@schiene, danke für den schönen Faden...
Mein Beitrag als Versuch etwas besser zu verstehen, warum vieles so ist, wie es eben ist und deshalb habe ich mal ein wenig in meinen gesammelten Werken gesucht und den folgenden (plus weitere), sehr lesenswerten Artikel gefunden (für manche mit eventuell weniger Verständnis oder Gefallen daran ist es sicherlich wieder nur VT - deshalb sei es, ganz wie es jeder/jedem belieben mag).
Die Verblödung schreitet voran (Achtung: Auch die enthaltenen Links lesen)
30. September 2003
Die weitgehend verdrängte Bedrohung der menschlichen Intelligenz durch die Vergiftung der Umwelt
Link:
https://www.heise.de/tp/features/Die-Verbloedung-schreitet-voran-3431361.htmlPassend dazu:
Das gebildete Deutschland schafft sich ab
Veröffentlicht am 17.08.2014
Link:
https://www.welt.de/politik/deutschland/article131305611/Das-gebildete-Deutschland-schafft-sich-ab.htmlUnd jetzt kommts richtig dicke (ich sehe schon den Aufschrei der SmartphonistInnen vor mir):
Intelligenzminderung: Die bloße Anwesenheit des eigenen Smartphones reduziert die verfügbare kognitive Kapazität
Online veröffentlicht am 03. April 2017
Zusammenfassung
Unsere Smartphones ermöglichen - und fördern - die ständige Verbindung zu Informationen, Unterhaltung und zu anderen Menschen. Sie machen die Welt für uns greifbar und wir lassen sie kaum noch aus den Augen. Obwohl diese Geräte ein immenses Potenzial zur Verbesserung des Wohlbefindens haben, kann ihre ständige Anwesenheit mit kognitiven Kosten verbunden sein. In dieser Studie testen wir die Hypothese der "Intelligenzminderung", die besagt, dass die bloße Anwesenheit des eigenen Smartphones kognitive Ressourcen mit begrenzter Kapazität beansprucht, sodass weniger Ressourcen für andere Aufgaben zur Verfügung stehen und die kognitive Leistung dadurch beeinträchtigt wird. Die Ergebnisse von zwei Experimenten zeigen, dass die bloße Anwesenheit dieser Geräte die verfügbare kognitive Kapazität reduziert, selbst wenn es den Personen gelingt, ihre Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten - etwa wenn sie der Versuchung widerstehen, ihr Telefon zu überprüfen. Außerdem sind diese kognitiven Kosten bei denjenigen am höchsten, die am stärksten von Smartphones abhängig sind. Abschließend erörtern wir die praktischen Auswirkungen diesen Smartphone-bedingten Verlust des Verstands auf die Entscheidungsfindung und das Wohlergehen der Verbraucher.
Wir alle kennen die Vorzüge unserer ständig verdrahteten Welt - die Verbindungen, die Bestätigungen, die Lacher ... die Informationen. ... Aber wir fangen gerade erst an, uns über die Kosten klar zu werden. - Andrew Sullivan (2016) [1]
Die Verbreitung von Smartphones hat eine Ära nie dagewesener Konnektivität eingeläutet. Verbraucher rund um den Globus sind jetzt ständig mit weit entfernten Freunden, endloser Unterhaltung und praktisch unbegrenzten Informationen verbunden. Mit dem Smartphone in der Hand checken wir vom Bett aus das Wetter, tauschen Aktien aus - und tratschen - während wir im Stau stehen, stöbern zwischen Verabredungen nach potenziellen Liebespartnern, tätigen Online-Einkäufe, während wir im Laden stehen, und streamen gegenseitig unsere Erlebnisse in Echtzeit von der anderen Seite des Globus. Noch vor einem Jahrzehnt wäre dieser Zustand der ständigen Verbindung undenkbar gewesen; heute ist er scheinbar unverzichtbar. [1] Smartphone-Besitzer interagieren im Durchschnitt 85 Mal am Tag mit ihrem Telefon, darunter direkt nach dem Aufwachen, kurz vor dem Einschlafen und sogar mitten in der Nacht (Perlow 2012; Andrews et al. 2015; dscout 2016). Einundneunzig Prozent geben an, dass sie nie ohne ihr Telefon aus dem Haus gehen (Deutsche Telekom 2012), und 46% sagen, dass sie ohne es nicht leben könnten (Pew Research Center 2015). Diese revolutionären Geräte ermöglichen den 'Auf Abruf'-Zugriff auf Freunde, Familie, Kollegen, Unternehmen, Marken, Einzelhändler, Katzenvideos und vieles mehr. Sie repräsentieren alles, was die vernetzte Welt zu bieten hat, komprimiert in einem Gerät, das in die Handfläche passt - und das man fast nie aus der Hand legt.
Die starke Verbreitung von Smartphones auf den globalen Märkten und im Alltag der Verbraucher stellt ein Phänomen dar, das einen hohen Grad an "Bedeutung und Wichtigkeit" (z. B. Kernan 1979; Mick 2006) aufweist - ein Phänomen, welches das Potenzial hat, das Wohlergehen von Milliarden von Verbrauchern weltweit zu beeinflussen. Da sich der Einzelne zunehmend den Bildschirmen von Smartphones zuwendet, um sein tägliches Leben zu verwalten und zu verbessern, müssen wir uns fragen, wie sich die Abhängigkeit von diesen Geräten auf die Fähigkeit auswirkt, noch in der Welt außerhalb eines Bildschirms zu denken und zu funktionieren. Smartphones versprechen einen Überschuss an Ressourcen, Produktivität und Zeit (z. B. Turkle 2011; Lee 2016); sie können aber auch unerwartete Defizite verursachen. Frühere Forschungen zu den mit Smartphones verbundenen Kosten und Vorteilen haben sich darauf konzentriert, wie die Interaktionen der Verbraucher mit ihren Smartphones die Leistung außerhalb des Bildschirms sowohl erleichtern als auch unterbrechen können (z. B. Isikman et al. 2016; Sciandra und Inman 2016). In der vorliegenden Studie konzentrieren wir uns auf eine bisher unerforschte (aber häufige) Situation: wenn Smartphones nicht in Gebrauch, sondern lediglich anwesend sind.
Wir gehen davon aus, dass die bloße Anwesenheit des eigenen Smartphones zu einer "Intelligenzminderung" führen kann, indem es kognitive Ressourcen mit begrenzter Kapazität für die Zwecke der Aufmerksamkeitskontrolle beansprucht. Da ein und derselbe begrenzte Pool an Aufmerksamkeitsressourcen sowohl die Aufmerksamkeitskontrolle als auch andere kognitive Prozesse unterstützt, stehen die Ressourcen, die zur Unterdrückung der automatischen Aufmerksamkeit auf das eigene Smartphone rekrutiert werden, für andere Aufgaben nicht mehr zur Verfügung, und die Leistung bei diesen Aufgaben leidet. Wir unterscheiden zwischen der Ausrichtung und der Zuweisung von Aufmerksamkeit und argumentieren, dass die bloße Anwesenheit von Smartphones die Verfügbarkeit von Aufmerksamkeitsressourcen verringern kann, selbst wenn die Verbraucher die bewusste Ausrichtung der Aufmerksamkeit erfolgreich kontrollieren können.
Link:
https://www.journals.uchicago.edu/doi/10.1086/691462Daraus [1]:
Ich war einmal ein menschliches Wesen
Ein endloses Bombardement von Nachrichten, Klatsch und Bildern hat uns zu manischen Informationssüchtigen gemacht. Das hat mich zerbrochen. Es könnte auch Sie kaputt machen.
Von Andrew Sullivan
Ich saß in einem großen Meditationsraum in einem umgebauten Noviziat im Zentrum von Massachusetts, als ich in meine Tasche nach meinem iPhone griff. Eine Frau im vorderen Teil des Raumes hielt spielerisch einen Korb vor sich und strahlte wohlwollend, wie ein Priester mit einem Sammelteller. Ich gab mein kleines Gerät ordnungsgemäß ab, nur um auf dem Weg zurück zu meinem Sitzplatz einen plötzlichen Anflug von Panik zu verspüren. Hätten mich nicht alle angestarrt, hätte ich mich vielleicht sofort umgedreht und es zurückverlangt. Aber das tat ich nicht. Ich wusste ja, warum ich hierhergekommen war.
Ein Jahr zuvor hatte ich, wie viele Süchtige, einen persönlichen Absturz kommen sehen. Anderthalb Jahrzehnte lang war ich wie besessen vom Internet, veröffentlichte mehrmals täglich an sieben Tagen in der Woche Blogbeiträge und leitete schließlich ein Team, welches das Internet während der Stoßzeiten alle 20 Minuten überarbeitete. Jeder Morgen begann mit einem völligen Eintauchen in den Strom des Internetbewusstseins und der Nachrichten. Ich sprang von einer Website zur nächsten, von einem Tweet zum nächsten, von einer Eilmeldung zur nächsten, scannte zahllose Bilder und Videos und informierte mich über die verschiedensten Memes. Den ganzen Tag über hustete ich eine Erkenntnis, ein Argument oder einen Witz über das, was gerade passiert war oder was jetzt gerade passiert. Und manchmal, wenn sich die Ereignisse überschlugen, verbrachte ich Wochen damit, manisch jeden winzigen Fetzen einer sich entwickelnden Geschichte aufzuschnappen, um sie in Echtzeit zu einer Erzählung zusammenzufügen. Ich befand mich in einem nicht enden wollenden Dialog mit Lesern, die schimpften, lobten, buhten und korrigierten. Mein Gehirn war noch nie so lange und so eindringlich von so vielen verschiedenen Themen und auf so öffentliche Weise beschäftigt worden.
Link:
https://nymag.com/intelligencer/2016/09/andrew-sullivan-my-distraction-sickness-and-yours.html