Danke für den freundlichen Anschubser! Das hilft Schreibblockaden zu überwinden. Denn eigentlich wollte ich weitermachen mit dem Aufzählen von Reisen ins benachbarte Ausland, der aufenthaltsrechtlichen Seite bis zum Aushändigen des Deutschen Passes und dem Geschehen danach, aber ich finde keinen Einstieg und ziehe nun ein anderes Thema vor.
Eines Tages gab mir ein Arbeitskollege ein paar Schriften und ich wusste sofort: "Das ist es! Danach habe mein Leben lang gesucht. Das kann sich keiner ausdenken. Da passt alles." Es waren Hefte des Heimholungswerkes Jesu Christi, später umbenannt in
Universelles Leben (UL). Da sprach Gott und Christus und andere Wesenheiten durch die Prophetin
Gabriele Wittek. Es war das Urchristentum, alle waren Brüder und Schwestern, es gab keine Mitgliedschaft, keine Priester, keine Sakramente oder Rituale. Erklärt wurden die 7 Eigenschaften Gottes, die göttliche Schöpfung, die himmlischen Welten und die Heimkehr Seiner vollkommenen Kinder aus der freiwillig gewählten Gottferne über mehrere Wiedergeburten. Angeboten wurden ein zweiteiliger Meditationskurs und der Siebenstufige Pfad. Alles war im Prinzip bis auf Bücher und Zeitschriften kostenlos.
Mit dem Kollegen fuhr ich von da an nach Kempten, wo wir uns mit anderen privat trafen und uns die Offenbarungen auf Kassetten anhörten. Wir erlebten die Prophetin dann live u.a. in Karlsruhe, Heidelberg oder sogar in Paris. Machtvoll ertönte Gott Vater durch sie und ihre Stimme wurde leise und fein, wenn Naturwesen durch sie sprachen. Über 10 Jahre machte ich die Entwicklung des UL mit, zwar nicht in vorderster Front, aber mit ganzem Herzen. Es gab da wunderbare Tage und Zusammenkünfte, in Großstädten und in den Bergen über Innsbruck. Gerade diese Wochen in Götzens in der Natur oder beim Tanzen im Gemeindehaus bleiben unvergesslich. Beim letzten Mal passierte übrigens der Reaktorunfall in Tschernobyl. Ich lernte meinen Menschen mit seinen Schwächen kennen und manchmal entströmte meiner Seele ein Gebet, das mich so mit Glückseligkeit erfüllte, dass ich dachte, ich könne jetzt genauso gut sterben - schöner wird mein Leben nicht mehr.



Über Monate hinweg absolvierte ich den Meditationskurs in Zürich, zusammen mit dem Arbeitskollegen. Meine Frau war da stets dabei, zumindest beim Stadtbummel. Wenn ich alle drei Wochen nach Würzburg fuhr oder bei anderen Veranstaltungen wie in München oder Berchtesgaden weilte, nützten wir die Zeit zum Einkaufen oder um Urlaub zu machen. Eine Woche verbrachten wir in Würzburg beim "Bienen", sie half in der Küche und ich auf einer Baustelle. Sie fühlte sich auch bei den Geschwistern der "Inneren Geist Christus Kirche" in Kempten wohl, deren Leitung mir später übertragen wurde. Sie glaubt auch an Jesus und Maria, sagt sie, aber ich versuchte nie sie zu missionieren oder sie von etwas zu überzeugen. In ihren ersten Monaten in Deutschland, als wir noch bei meinen Eltern wohnten, gehörte der gemeinsame Kirchgang zum Sonntag. Sie machte alles bereitwillig mit. Um sie aber dann bei den zahlreichen Zusammenkünften nicht allein zuhause lassen zu müssen, entschied ich mich, ihre beiden Söhne zu uns nach Deutschland zu holen. Das war im Jahr 1988. Doch das ist ein anderes Thema.
Das UL vergrößerte sich, viele folgten dem Ruf in die Dörfer um Würzburg und bauten Häuser mit eigenwilliger Architektur, es entstanden Betriebe, Kliniken und Bauernhöfe und ein großes Einkaufszentrum und eine Schule kamen hinzu. Es wurden Urgemeinden gegründet, bei der in München war ich natürlich dabei. Es entstanden aber auch Konflikte mit Naturschützern und den großen Kirchen. Prozesse wurden geführt, ein Sicherheitsdienst wurde notwendig. Eine Gruppe von Männern um die Gabi nahm Einfluss auf das Geschehen. Sogenannte Jungpropheten wurden rausgedrängt, Gemeindemitglieder intern wegen Nichterfüllung der Gebote angeklagt. Manche verloren ihren materiellen Einsatz und litten seelisch. Die Entwicklung vom Urchristentum zur Inquisition war kurz. Im Internet kann man neben den Angeboten des UL auch Berichte über Aussteiger finden. Mein Ausscheiden fand 1991 statt, als mir u.a. vorgeworfen wurde, dass durch meine Gedankenwelt schwierige Menschen zu den Treffen der Kirche angezogen wurden. Da es keine Mitgliedschaft gab, war ich frei zu gehen. Es kam nur noch ein Brief, in dem mein Ausscheiden als ein Fußtritt gegen Gott bezeichnet wurde. Aber ich fühlte mich frei und dazu der Liebe Gottes näher. Und ich sparte eine Menge Zeit und Benzingeld.
Ich ging den Weg für mich allein weiter. Ein Wiedereinstieg durch einen erneuten Meditationskurs in Bregenz scheiterte dann durch meine angefangene Ausbildung zu Altenpfleger, bei der ich ja jedes zweite Wochenende im Heim arbeiten musste. Von
Eckhart Tolle wurde ich nun mehr angezogen als von den Schriften des UL. Vor der Auswanderung brachte ich Bücher und Unterlagen zur Kirche in Kempten. Es hatte sich nichts geändert, außer dass nun nur noch 2 Schwestern der übertragenen Offenbarung lauschten. Wenn ich gewusst hätte, dass es seit vielen Jahren ähnliche Kreise z.B. in Nürnberg gab, die durch das Wort Gottes geführt wurden, hätte ich mir das mit der Auswanderung vielleicht noch überlegt. Nun bin ich glücklich, im Internet darauf gestoßen zu sein. Doch darüber auch später.
Nur noch eine Episode: Bald nach der Ankunft in Bangkok wurde ich auf den
Bruno Gröning-Freundeskreis aufmerksam gemacht. Geleitet wurde er hier von einer lieben, älteren Dame, die auf der Deutschen Botschaft gearbeitet hatte und mit einem Thai verheiratet war. Die Zusammenkünfte in einem Raum neben dem Goethe-Institut schätze ich bis heute, wenn auch hier das Sektiererische mich letztlich abstoß. Immerhin heilte mich Bruno Gröning von meiner Nikotinsucht. Das habe ich schriftlich. Es ging mir damals körperlich so schlecht, dass ich dachte, genauso gut könnte ich nun mit dem Rauchen aufhören. Schuld war wohl ein Nierenstein, der dann doch auf natürlichem Wege abging. Aber über meine gesundheitlichen Sachen in Bangkok werde ich auch später berichten.