Hier wurde die Meinung vertreten, dass die Generale Thailand alsbald an die Wand fahren werden. Ich vermute, dass Thailand viel näher an der Wand steht, als manch einer glaubt.
Thailands Konzept seiner Industriealisierung ist es, mit niedrigen Löhnen anderen als verlängerte Werkbank zu dienen. Es kann durchaus sein, dass dieses Modell sein Erfolgspotential weitgehend ausgeschöpft hat.
Kann man die Erzeugnisse nicht im eigenen Land verkaufen, muss man sie exportieren. Leider macht da nicht jeder mit und verlangt von Thailand die Öffnung seiner Märkte. Ich verstehe gut, dass man hier Asean mit sehr gemischten Gefühlen gegenüber steht. Dies umso mehr, als die Handelsbilanz Thailands seit langem Defizite ausweist.
Da Modell der verlängerten Werkbank hat den Grundnachteil, dass andere entscheiden, ob und was sie in Thailand herstellen wollen und was nicht. Ich bin mir sicher, dass die einen sehr spitzen Bleistift haben. Und auch ein gutes Gedächtnis. Ich erinnere nur an die Überschwemmungen in Thailand 2011.
Das Konzept der verlängerten Werkbank setzt der im Lande möglichen Wertschöpfung enge Grenzen. In der Automobilindustrie gilt eine Kiste dann als „made in Thailand“, wenn der Wertschöpfungsanteil dort mindestens 30% beträgt. Will man den erweitern, bedarf es vor allem innovativer Produkte und höher qualifizierter Menschen. Aber auch das Aufstellen und Betreiben weiterer Werkbänke bedarf qualifizierter Mitarbeiter.
Das Bildungssystem Thailands wurde hier hinlänglich beklagt.
Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass die „guten Leute“ nicht auf Thailand als Arbeitsmarkt allein angewiesen sind.
Aber die Wirtschaft Thailands ist nicht nur Industrie.
Vor einigen Tagen beobachtete ich eine Baustelle hier. Dort wurde eine Decke gegossen und der Beton in Eimerketten nach oben transportiert. Wirtschaftlich funktioniert das nur dann, wenn die Eimerkette nicht mehr kostet, als eine Betonpumpe oder ein Lastenaufzug.
Dieses Bild ist für mich sehr bezeichnend für weite Teile Thailands. Es ist weitgehend vollbeschäftigt (ziehe ich das Millionenheer des Gastarbeiter mit ein, sogar überbeschäftigt), aber das Potential für eine beschäftigungsneutrale Erhöhung der Einkommen ist eher gering.
Das ist nicht nur negativ zu beurteilen. Manche Nachbarländer Thailands wären froh, sie wären so weit.
Der Tourismus in Thailand ist von der wirtschaftlichen Ertragskraft seit langem rückläufig. Thailand weist seit Jahren ein Defizit seiner Handelsbilanz aus. Dieses Defizit wird durch Überschüsse in der Leistungsbilanz ausgeglichen. Das macht den Tourismus für Thailand u.a. so wichtig.
Die Landwirtschaft Thailands ist nicht gerade eine Erfolgsgeschichte.
Vor einigen Tagen las ich, dass Pattaya eine Steigerung der Bodenpreise von 200 – 300% in den letzten 5 Jahren vermeldete. Ich kann nicht beurteilen, ob dies landesweit so ist; die Berichte hier über die Preissteigerungen von Ackerland deuten in die Richtung. So ganz normal ist eine solche Entwicklung nicht.
Der Spielraum für Einkommenserhöhungen in Thailand ist eher gering. In den letzten 3 Jahren hat sich der Verschuldungsgrad der Privaten (Schulden/Bruttosozialprodukt) um (satte) rd. 24% auf rd. 154% erhöht. Müssen die Leute große Teile ihres Einkommen bei der Bank abgeben, steht denen dieses Geld nicht mehr für die (konjunkturstützende) Nachfrage zur Verfügung. Auf absehbare Zeit sehe ich hier keine Lichtblicke.
Der Traum eines jeden Konjunkturpolitikers ist der sich selbst tragende Aufschwung. Um den anzuwerfen, hat Thailand 2012/2013 das Erstkäuferprogramm durchgeführt. Hierzu ein paar Zahlen über die Neuzulassung von PKW und die Wachstumsraten des Landes.
2009: 228.000 -2,33
2010: 345.000 7,81
2011: 370.000 0,08 (Überschwemmung)
2012: 668.000 6,49
2013: 640.000 2,87
2014: 1,00
Monat 1-9 2013: 523.000
Monat 1-9 2014: 286.000
Das Programm hat sich dann doch eher als Strohfeuer erwiesen.
Neben der Autoindustrie ist die elektronische Industrie das andere wirtschaftliche Standbein Thailands. Hier sind die Exporte in den letzten 24 Monaten mehr oder minder konstant geblieben, so dass von dort her keine Wachstumsimpulse zu erwarten sind. Bemerkenswert für mich ist aber, dass ich in Presse keine Nachrichten über neue Investitionen gefunden habe. Aber das kann natürlich auch an mir liegen.